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17.11.12 / Tor der Schicksale / Seit 1945 durchliefen bereits über vier Millionen Flüchtlinge das Lager

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-12 vom 17. November 2012

Tor der Schicksale
Seit 1945 durchliefen bereits über vier Millionen Flüchtlinge das Lager

Alles begann in einem Viehstall. Und nein, es ist nicht die Rede von der Geburt des Christkindes, sondern vom Grenzdurchgangslager Friedland. Der Stall, von dem hier die Rede ist, stand nicht nahe Bethlehem, sondern war Teil des Versuchsgutes Friedland der Universität Göttingen. Da der Ort am Grenzpunkt der britischen, US-amerikanischen und sowjetischen Besatzungszone und auch an einer Bahnstrecke lag, bot es sich geradezu an, hier ein Lager für Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland einzurichten.

Am 20. September 1945 nahm Friedland die ersten Flüchtlinge auf. Hier war die erste Anlaufstelle für Menschen, die gen Westen wollten, registriert werden mussten und für die ein neuer Wohnort gesucht werden musste. Da nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches, der mit dem verlorenen Krieg verbundenen Flucht und Vertreibung sowie der Aufteilung Rest-Deutschlands in vier Besatzungszonen Hunderttausende Menschen ihre Heimat verloren hatten, wurden auf dem Gelände zahlreiche Blechbaracken, sogenannte Nissenhütten, errichtet. Bis zum Jahres-

ende 1945 hatten bereits 500000 Menschen das Lager „durchlaufen“. Etwa 500 Mitarbeiter nahmen sie in Empfang. 1946 und 1947 kamen weitere 800.000 Flüchtlinge, Vertriebene und Kriegsheimkehrer in das Lager. 1948 übernahm nach den Alliierten und der Caritas das neu gegründete Niedersächsische Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten die Lagerverwaltung, die Verteilung der Lagerinsassen auf die Länder bestimmte aber ab 1949 der Bund. Das Ministerium beschloss 1951, dass das Flüchtlingslager fortan offiziell nur noch Grenzdurchgangslager genannt werden dürfe. Es kamen inzwischen weniger Flüchtlinge aus den Vertreibungsgebieten, darunter mehrere tausend Waisenkinder aus den deutschen Ostgebieten, dafür mehr Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge aus der sowjetisch besetzten Zone und später der DDR.

1955 sorgte Friedland überregional für Schlagzeilen, als hier die letzten der rund 10000 verbliebenen Kriegsgefangenen und zivile politische Gefangene aus der Sow-jetunion ankamen. Bundeskanzler Konrad Adenauer, der die Freilassung in Verhandlungen mit Mos-kau erreicht hatte, traf auch einige der ab Oktober heimkehrenden ehemaligen Wehrmachts- und Waffen-SS-Soldaten persönlich.

Während noch diskutiert wurde, ob es sinnvoll sei, das Lager weiter zu betreiben, sorgte der Ungarnaufstand 1956 für Nachschub an Flüchtlingen. Auch kamen weiter Aussiedler aus den Ostgebieten und DDR-Flüchtlinge. 1959 erreichte der letzte Aussiedler-Transport Friedland. Von nun an mussten diese einzeln anreisen. Hinzu kamen in den Folgejahren Flüchtlinge aus Chile, Vietnam, Sri Lanka und Albanien.

Ab Ende der 80er Jahre erlebte Friedland einen erneuten Ansturm. Ausreisende aus der DDR, aber auch ab 1993 Spätaussiedler aus Osteuropa, vor allem Russlanddeutsche, und Juden aus Russland fanden in der Registrier- und Verteilstelle Friedland erste Aufnahme. Das Lager selbst gibt an, inzwischen für vier Millionen Menschen das „Tor zur Freiheit“ gewesen zu sein. Bel


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