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17.11.12 / Zürich ausschalten? / City of London sucht neues Geschäftsmodell, Schweiz bietet Vorbild

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-12 vom 17. November 2012

Zürich ausschalten?
City of London sucht neues Geschäftsmodell, Schweiz bietet Vorbild

Ausgerechnet der Kampf gegen Steueroasen scheint einen der seltenen Fälle eines Schulterschlusses zwischen der deutschen und der britischen Regierung herbeizuführen. Großbritanniens Finanzminister George Osborne (Konservative) will mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) den Kampf gegen das Verschieben von Konzerngewinnen in Niedrigsteuerländer aufnehmen. Bei einem Finanzministertreffen stellten beide eine Initiative für verbindliche Standards bei der Unternehmensbesteuerung vor. Das Ziel des Vorhabens: Verhindern, dass Großkonzerne trickreich ihre Gewinne in Länder mit Dumpingsteuersätzen schaffen und nahezu keine Steuern mehr zahlen. Welche Ausmaße diese Praxis vor allem im Internetsektor inzwischen angenommen hat, machen Zahlen aus Großbritannien deutlich. Branchenriesen wie Amazon, Facebook und Google haben trotz Milliardenumsätzen nur wenige Millionen Pfund an Unternehmenssteuern bezahlt. Der aktuelle Vorstoß von Osborne und Schäuble könnte mehr Erfolgschancen haben als ähnliche Versuche in der Vergangenheit, er könnte nämlich die Rückendeckung der City of London haben, des wichtigsten europäischen Bankenstandorts.

Noch steht die Steuervermeidung von Internetkonzernen im Mittelpunkt der Debatte und damit das Steuerdumping von Ländern wie Irland und Luxemburg am Pranger. Die Liste der Sünder könnte aber schnell länger werden, erste Anzeichen dafür gibt es bereits. Schon im Jahr 2010 hat die damalige französische Finanzministerin Christine Lagarde nach London eine Liste mit 6000 Namen von Briten übermittelt, die in der Schweiz heimlich Konten unterhalten. Die Erfolgsmeldungen von den belangten privaten Steuerflüchtlingen sind quasi die unterschwellige Begleitmusik im Kampf gegen die Steuerstrategien der Konzerne, den Finanzminister Osborne nun zusammen mit Schäuble aufnehmen will.

Während europaweit in den Medien die Spekulationen anhalten, wie weit Großbritannien mit seinem Anti-EU-Kurs am Ende gehen wird, hegt man im Züricher Bankenviertel rund um den Paradeplatz angesichts der jüngsten Entwicklung inzwischen eine ganz andere Befürchtung. Premier Cameron könnte das Angebot machen, dass Großbritannien bei einer weitreichenden EU-Ban-kenaufsicht mitzieht – als Gegenleistung wird von der EU der Finanzplatz Schweiz ausgetrocknet. Die Schweizer Befürchtungen haben einen handfesten Hintergrund. Die Banken der City of London haben in der Vergangenheit auf ein Geschäftsmodell gesetzt, dass mittlerweile als totgeritten gilt: das Investmentbanking. Weltweit sieht die Branche stattdessen nun ihre Zukunft vor allem in der Vermögensberatung. Die gilt traditionell als Stärke der Banken in der Schweiz. Sollten neue Auflagen und Regulierungen unter dem Vorzeichen „Kampf den Steueroasen“ der Konkurrenz vom Züricher Paradeplatz die Geschäftsgrundlage entziehen, könnte womöglich auch noch die City of London der EU eine positive Seite abgewinnen. N.H.


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