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17.11.12 / Friedensstifter und Künstlergenie / Wuppertaler Von der Heydt-Museum bringt versteckte Talente des niederländischen Malers Peter Paul Rubens zum Vorschein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-12 vom 17. November 2012

Friedensstifter und Künstlergenie
Wuppertaler Von der Heydt-Museum bringt versteckte Talente des niederländischen Malers Peter Paul Rubens zum Vorschein

Er war der Tausendsassa des Barock-Zeitalters: Philosoph, Geschäftsmann, Diplomat – und ganz nebenbei auch Maler. Vor allem durch seine Vorliebe für voluminöse Frauengestalten ist Peter Paul Rubens (1577–1640) in der Kunstwelt seit jeher begehrt. Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum zeigt jetzt noch bis zum 28. Februar 2013 in einer einzigartigen Ausstellung die anderen Talente des Malergenies.

„Wäre Peter Paul Rubens nicht als der wichtigste Künstler seiner Epoche in die Kunstgeschichte eingegangen, würde er heute als einer der angesehensten Diplomaten des 17. Jahrhunderts gefeiert“, meint Gerhard Finckh, Direktor des Von der Heydt-Museums und zusammen mit Nicole Hartje-Grave Kurator der Ausstellung. Wegen seiner friedensstiftenden Missionen könne man Rubens gar als einen Wegbereiter der europäischen Einigung ansehen.

Die Ausstellung, die mehrere Jahre der Vorbereitung erforderte, ist in acht Kapitel beziehungsweise Themenräume gegliedert, die den engen Zusammenhang zwischen der Kunst und der Politik im Leben Rubens widerspiegeln. Um der damaligen Anmutung und Erlebnisweise der Rubens’schen Gemälde nahe zu kommen, gestalteten die Ausstellungsmacher einzelne Räume im Stil des Barock. So wurde speziell für diese Ausstellung von einer in Wuppertal ansässigen Tapetenfabrik eine „Rubens-Tapete“ entworfen, die den damals üblichen Ledertapeten nachempfunden ist.

Das Von der Heydt-Museum hat 50 Rubensbilder aus aller Welt zusammengetragen, fünf davon vom befreundeten „Koninklijk Museum voor Schone Kunsten“ in Antwerpen, der Heimatstadt Rubens’. Lediglich die Tate Gallery in London verweigerte die Ausleihe des Monumentalwerkes „Krieg und Frieden“, von dem eine Nachbildung in Wuppertal zu sehen ist. Dieses um 1629/30 entstandene Gemälde dokumentiert wie kein anderes die genialen Talente von Rubens als Künstler und Diplomat.

Rubens war im Auftrag des spanischen Königs Philipp IV. als Diplomat nach London gereist. Er sollte einen Friedensvertrag zwischen England und Spanien vorbereiten. Der englische König Karl I. war von Rubens’ Diplomatie und Kunst so angetan, dass er den Künstler zum Ritter schlug. Im Gegenzug schenkte Rubens dem englischen König nach seiner erfolgreichen Friedensmission das monumentale Gemälde. Es zeigt in diplomatisch verhüllter Form die Hoffnungen und Erwartungen des Vertragsabschlusses: Frieden und Wohlstand nach Ende des Krieges.

Die – katholischen – Spanier waren damals die Herrscher in den habsburgischen Niederlanden, die damals in etwa die heutigen Benelux-Staaten umfassten. Im sogenannten 80-jährigen Krieg (1568–1648) errangen die protestantischen Nordprovinzen ihre Unabhängigkeit von Spanien. Die Familie Rubens gehörte zu den vornehmen und angesehenen Familien in Antwerpen, einer reichen Handels- und Hafenstadt. Der Vater, Jan Rubens (1530–1587), war Advokat und Senator in der Stadt. Wegen seines protestantischen Glaubens floh er 1568 mit seiner Familie erst nach Köln – die Freie Reichsstadt duldete Protestanten – und dann weiter nach Siegen, der Residenz der protestantischen Fürsten von Oranien-Nassau. Dort war Jan Rubens unter anderem für Anna von Sachsen, der Gemahlin des nassauischen Fürsten Wilhelm I. von Oranien-Nassau, anwaltlich tätig. Nicht nur anwaltlich, wie die Gerüchteküche damals brodelte: Jan Rubens soll ein Verhältnis mit Anna von Sachsen gehabt haben und der Vater von Annas Tochter Christine (1571–1637) sein. Ob die Familie Rubens somit tatsächlich verwandtschaftliche Beziehungen zum sächsischen Herrscherhaus hatte, ist allerdings nicht eindeutig belegt.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde Antwerpen als Geburts- und Heimatstadt von Peter Paul Rubens angegeben. Tatsächlich ist der grandiose Maler aber im damals nassauischen Siegen in Südwestfalen (heute Nordrhein-Westfalen) geboren.

Nicht eindeutig belegt ist der genaue Geburtstag des Künstlers. Offiziell genannt ist der 28. Juni 1577. Es könnte auch der 29. Juni gewesen sein, der kirchliche Gedenk- und Namenstag für Peter und Paul. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Peter Paul protestantisch getauft und erzogen worden.

Schon 1578 zog die Familie Rubens wieder ins rheinische Köln. Als der Vater 1587 starb, war Peter Paul zehn Jahre alt. Zwei Jahre später kehrte die Mutter mit den Kindern nach Antwerpen zurück, bekannte sich zum Katholizismus und nahm ihre alte gesellschaftliche Stellung als Mitglied der vornehmen Bürgerschaft ein.

Der Religionswechsel bewirkte, so Museumsdirektor Gerhard Finckh, beim jungen Rubens eine „innere Zerrissenheit“, aus der heraus Rubens einen „dritten Weg“ fand: sein Interesse und seine Affinität zur antiken Philosophie und der (heidnischen) römischen und griechischen Götterwelt, die in zahlreichen Bildern von Rubens dargestellt wird, zum Beispiel „Dianas Heimkehr von der Jagd“, „Venus und Amor“ oder „Mucius Scaevola vor Porsenna“.

Der junge Rubens besuchte die Lateinschule und erhielt seine ersten künstlerischen Schulungen in den Werkstätten von Antwerpen. 1598 wurde er Mitglied der Malerzunft. Zwei Jahre später zog er als Hofmaler zum Herzog Gonzaga nach Mantua in Italien. Dort konnte er sich auch in den Kunsthochburgen Genua, Florenz und Rom weiterbilden.

1608 kehrte der mittlerweile 31-jährige Rubens nach Antwerpen zurück, wo er 1609 Isabella Brant heiratete. Im gleichen Jahr wurde er Hofmaler der habsburgischen Statthalter der spanischen Niederlande, die in Brüssel residierten.

Religiöse Motive waren nun vorherrschend. Denn die katholischen Herrscher in Brüssel unterstützten und förderten die Ziele der Gegenreformation. Die Wuppertaler Ausstellung zeigt die wichtigsten Werke in den Themenräumen „Rubens im Dienst des Brüsseler Hofes“ und „Rubens und die Kirche“. Zahlreiche Altarbilder für Klöster und Kirchen sowie 39 Deckengemälde für die neu gebaute Antwerpener Jesuitenkirche verschafften Rubens pralle Auftragsbücher.

Allein hätte der Künstler diese Aufträge nicht bewältigen können, schon wegen der riesigen zu bemalenden Flächen. Rubens war jedoch auch ein äußerst ge­schäftstüchtiger Unternehmer, der eine eigene Werkstatt mit bis zu 100 Beschäftigten betrieb. Die Ideen und Entwürfe lieferte der Maestro, die Ausführung der Kunstwerke übernahmen die Mitarbeiter der Werkstatt.

Nach seiner vorwiegend diplomatischen Tätigkeit von 1622 bis 1630 mit dem erfolgreichen Friedensvertrag zwischen England und Spanien kehrte Rubens nach Antwerpen zurück. Vier Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau Isabella heiratete der mittlerweile 53-Jährige im Dezember 1630 die 16-jährige Helene Fourment.

In den letzten zehn Jahren seines Lebens hielt sich Rubens mit seiner Familie oft auf seinem Landgut in der Nähe von Mechelen auf. Er erhielt weiter bedeutende Aufträge, so unter anderem 1636 von dem spanischen König Philipp IV., der 100 mythologische Szenen als Dekoration für sein Jagdschloss orderte. Am 30. Mai 1640 starb der gichtkranke Peter Paul Rubens in Antwerpen. Siegfried Schmidtke


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