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17.11.12 / Spielzeugstube mit Stil / Hamburger Puppenmuseum residiert in einem architektonischen Juwel von 1923

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-12 vom 17. November 2012

Spielzeugstube mit Stil
Hamburger Puppenmuseum residiert in einem architektonischen Juwel von 1923

Beim Betrachten einer historischen Puppenküche zeigt ein Schulkind auf den Teppichklopfer und fragt seine Lehrerin: „Was ist das für ein Holzstab, der oben so komisch geschwungen ist.“ Die Lehrerin kennt natürlich die Antwort und erklärt geduldig, wozu man den früher einmal gebraucht hat. Doch neugierige Kinderfragen werden im Puppenmuseum am Falkenstein in Hamburg selten gestellt. Denn Kinder, die beim Anblick der rund 60 historischen Puppenhäuser, -küchen, -stuben sowie der gut 500 Puppen aus zwei Jahrhunderten das Alltagsleben ihrer Vorfahren entdecken, sind inzwischen eher die Ausnahme.

Elke Dröscher, die seit 1985 ihre Puppensammlung an diesem Ort präsentiert, bedauert, dass kaum noch Schulklassen in ihr privates Museum kommen. Stattdessen hat sie meistens Seniorengruppen zu Besuch, die dann in Erinnerungen schwelgen. Die Möglichkeiten des spielerischen Lernens, die das Museum auch bietet, liegen hingegen fast brach.

Dabei erzählen alleine die verschiedenen Puppen viel über den Geist ihrer Zeit und die technischen Möglichkeiten der Puppenherstellung. Die Porzellanköpfe aus dem Biedermeier, die goldgelockten Kindfraupuppen der Jahrhundertwende, natürliche, kindergerechtere Käthe-Kruse-Puppen und natürlich Barbies der ersten Stunden: Sie alle sind ein Spiegel ihrer Zeit und geben Kindern der Gegenwart die Chance, ein Stück weit zu erfahren, wie ihre Großeltern und Ur-Großeltern als Kind gespielt haben. Die historischen Gebrauchsgegenstände, Möbel und Dekors der Puppenstuben und -häuser geben hier einen sehr guten Einblick in das Alltagsleben damals.

Allerdings weiß Museumsbesitzerin Elke Dröscher, die von 1968 an als Galeristin arbeitete, dass Geschichtsvergessenheit keine Erfindung der Gegenwart ist. Das Gebäude, in dem sich die Ausstellung befindet, ist der beste Beleg dafür. In den 1920er Jahren entwarf Karl Rudolf Schneider, der als Mitarbeiter des Bauhaus-Begründers Walter Gropius zu den Wegbereitern des neuen Bauens zählte, das Gebäude für Elise Michaelsen, die in dem modernen Landhaus mit riesigem Park und Blick auf die Elbe als Künstlerin arbeitete und es 1927 an einen Maler vermietete. 1955, kurz vor ihrem Tod, wurde das Anwesen an den Verleger Axel C. Springer verkauft, der jedoch eher den Elbblick und den Park schätzte, als das in der Architektenszene als Meisterwerk gepriesene nüchterne weiße Bauwerk. 1970 beantragte Springer eine Abbruchgenehmigung, die ihm ohne Veto des Denkmalschutzamtes gewährt wurde. Doch er entsann sich erst wieder seiner Abrisspläne, als die Genehmigung ausgelaufen war, und eine neue gab es nicht. Daraufhin ließ Springer Veränderungen vornehmen, die jedoch nicht über das Herausreißen von Fenstern und Türen hinausgingen. Diese Ruine überschrieb er in einer für ihn steuerrechtlich erträglichen Schenkung der Stadt, die nicht wusste, was sie mit dem baufälligen Gebäude anfangen sollte.

Als Elke Dröscher in den 80er Jahren im Gespräch mit Hamburgs damaligen Ersten Bürgermeister Klaus von Dohnanyi erwähnte, dass sie mit ihrer bereits beachtlichen Puppensammlung, die sie sporadisch in Ausstellungen präsentierte, die Stadt verlassen wollte, fiel das Gespräch auf die Ruine an der Elbe. Für diese erhielt Dröscher ein Nutzungsrecht für 75 Jahre, musste aber auch einen beachtlichen Betrag investieren, um das Architekturjuwel zu sanieren. Was danach mit dem Haus und der Puppensammlung geschieht – man weiß es nicht, aber da sich mit den Zeiten auch immer wieder die Menschen und ihre Werte ändern, wissen dann vielleicht die Kinder von morgen dieses Erbe besser zu schätzen. Rebecca Bellano

Puppenmuseum Falkenstein Sammlung Elke Dröscher, Grotius­weg 79, 22587 Hamburg, Telefon (040) 810582. Internet: www.elke-droescher.de.


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