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24.11.12 / Auf Kosten der Mittelschicht / Autor behauptet, Ober- und Unterschicht lebten asozial zu Lasten anderer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-12 vom 24. November 2012

Auf Kosten der Mittelschicht
Autor behauptet, Ober- und Unterschicht lebten asozial zu Lasten anderer

Er wolle aufklären und informieren, Vorschläge für die Lösungen der geschilderten Probleme habe er aber keine parat, so der Journalist Walter Wüllenweber am Ende seines Bestseller „Die Asozialen. Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren – und wer davon profitiert“. Das Problem ist nur, dass diejenigen, die die dargestellten Missstände lösen könnten, gar kein Interesse an der Lösung haben, wie der Autor selbst auf über 200 Seiten zuvor nachvollziehbar belegt hat.

Doch worum geht es eigentlich? Der Titel klingt ja sehr reißerisch und passt zum Arbeitgeber des Autors, der für den „stern“ schreibt. Bedauerlicherweise ist das, was Wüllenweber beschreibt, jedoch kein Boulevard-Mist, den man ignorieren kann, sondern für Angehörige der Mittelschicht eine ernste Bedrohung.

Anfangs mag es ein wenig übertrieben klingen, wenn Wüllenweber von den asozialen Reichen schreibt, die auf Kosten der Gesellschaft lebten. Welche Reichen meint er denn bitte? Allerdings stimmt es schon nachdenklich, dass, wenn man durch Hamburg fährt, man so viele riesige pompöse Villen sieht. Wer da wohnt, kann nur reich sein. Und in Hamburg gibt es sehr, sehr viele Villen. Also ist die reiche Oberschicht vielleicht doch nicht so klein, wie man vermuten mag. Wüllenweber führt jedenfalls zahlreiche Beispiele dafür an, dass diese Spezies Mensch sehr scheu sei. Außerdem seien viele von den Reichen nicht über Leistung reich geworden, wie die Mittelschicht immer gern den Reichtum der anderen rechtfertigt, sondern ganz oft über Erbschaft und über Kapitalvermehrung. Zwar würden Reiche vergleichsweise viel Einkommenssteuer zahlen, doch ihr Reichtum setzte sich eben nicht nur aus Einkommen zusammen, und die Steuern auf Kapitalerträge seien mit 25 Prozent Einheitssteuersatz erschreckend gering. Wüllenweber fragt: „Welche Funktion für das Gemeinwesen erfüllt die Oberschicht überhaupt noch? Sie ist keine Führungsschicht, keine Leitschicht … Politische, intellektuelle oder kulturelle Impulse gehen von ihr nicht aus.“

Und dann sei da auch noch die Unterschicht. Diese gewährte dem Autor freigiebig Einblick in ihren Alltag, und was Wüllenweber sah, ist ernüchternd. Man möchte hoffen, dass jene, die er traf, nicht repräsentativ sind. Fette, alleinerziehende Mütter, die seit langem ohne Job sind, durch die Gegend, ja, wie sagt man das galant, … und Töchter zeugen, die, kaum in der Pubertät, ebenfalls sich früh über ihr Sexleben Bestätigung im Leben holen. Und mittendrin zahlreiche vom Staat bezahlte Helfer, die versuchen, die Mütter und Kinder irgendwie an ein normales Leben heranzuführen. Und die Männer? Die verzögen sich schnell, schließlich übernehme der Staat die Versorgung. Nach der Schilderung seiner Erlebnisse betont der Autor, dass die deutsche Unterschicht finanziell gesehen keineswegs arm sei. Geld hätte sie genug.

Grund für den Umstand, dass Ober- wie Unterschicht sich nicht an der Gesellschaft beteiligten, sei aber auch die Macht derjenigen, die von den jetzigen Umständen profitierten. Bei den Reichen nennt Wüllenweber natürlich die Finanzbranche. Die von ihm genannten Beispiele sind passend, aber nicht neu. Viel interessanter sind hingegen seine Ausführungen zu den Profiteuren am anderen Ende der Skala: der Hilfsindustrie. So führt Wüllenweber an, dass mehr Menschen in der Hilfsbranche arbeiten würden als in der heimischen Automobilindustrie. Deutschlands Unternehmen mit den meisten Mitarbeitern sei nicht die Telekom oder Daimler, sondern die Caritas. Und obwohl es immer weniger Kriegsversehrte gibt, weniger Kinder mit Behinderung geboren werden und Unfälle seltener dauerhafte Folgen haben, habe sich die Zahl derjenigen, die Behindertenbeihilfe erhielten, seit 1994 verdoppelt. Bei der Kinder- und Jugendhilfe ist auch ein gestiegener Bedarf zu verzeichnen, obwohl es weniger Kinder gibt. Hier zitiert der Autor einen Professor, der das Symptom mit dem „Kobraeffekt“ erklärt. Einst zahlten die Briten jedem Inder, der ihnen eine tote Kobra brachte, eine Belohnung. Das führte dazu, dass die Kobraplage nicht abnahm, sondern zunahm, denn nun züchteten viele Inder Kobras, nur um die Belohnung zu erhalten.

Zwar dürften gemeinnützige Unternehmen keine Gewinne erzielen, dafür aber Überschüsse. Diese müssten investiert werden, natürlich in neue Einrichtungen, für die neue Hilfsbedürftige benötigt werden. Insgesamt käme die Hilfsindustrie auch dank Arbeitnehmerausbeutung zu Renditen, die bei Banken Schampuslaune erzeugen würden, behauptet der Autor. All das habe dazu geführt, dass beispielsweise in Berlin-Neukölln mehr Geld an die Hilfsbranche als an die Hilfsbedürftigen direkt zahle. Doch ändern dürfte sich an den Missständen nichts, da 35 Prozent der Bundestagsabgeordneten Vorstands- und Leitungsfunktionen in der als barmherzig erachteten Wohlfahrtsindustrie hätten.

Wüllenwebers Fazit: „Eines der wesentlichen, gemeinsamen Merkmale der Giganten der deutschen Volkswirtschaft [Hilfs- und Finanzbranche] ist ihre Anmaßung gegenüber der Demokratie.“ Rebecca Bellano

Walter Wüllenweber: „Die Asozialen. Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren – und wer davon profitiert“, DVA, München 2012, gebunden, 255 Seiten, 19,99 Euro


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