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01.12.12 / »Uns bleibt nur der Austritt« / Berliner Souveränitätskonferenz fand großen Zuspruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

»Uns bleibt nur der Austritt«
Berliner Souveränitätskonferenz fand großen Zuspruch

Da kam in Berlin Schadenfreude auf: Die Leitung der Freien Universität wollte einer Expertenkonferenz über Souveränität harsche Zensurauflagen machen, während in Moskau Angela Merkel dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mangelnde Meinungsfreiheit vorwarf. Die Berliner Auflagen wurden „souverän ignoriert“, die Moskauer Vorwürfe von russischen Medien hohnvoll verlacht. Beim Konflikt Merkel-Putin war Alexander Rahr zugegen, Deutschlands wohl bester Russlandkenner, der anschließend in Berlin sagte, was russisch-deutsche Sache ist: Die Beziehungen sind brillant, der Außenhandel nähert sich 80 Milliarden Euro, aber deutsche Politiker sind bei Russen langsam Lachnummern.

Die Berliner Konferenz am vergangenen Wochenende war von der Zeitschrift „Compact“ ausgerichtet und dem Thema „Souveränität“ gewidmet. Dazu war eine beeindruckende Referentenriege aufgeboten: Peter Scholl-Latour („bester Kenner der Kriege in der Welt“), Ex-Botschafter Valentin Falin („Architekt des deutsch-russischen Ausgleichs“), Willy Wimmer (Ex-Bundestagsabgeordneter und scharfer Kritiker deutscher Außenpolitik) und weitere, unter denen der Jurist Karl Albrecht Schachtschneider („Sturmgeschütz der Demokratie“) zum Publikumsliebling avancierte, gerade wenn er radikal postulierte: „Uns bleibt nur der EU-Austritt“.

Auslöser der Konferenz war eine Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, dass Deutschland seit Kriegsende „nie souverän“ gewesen sei. Das wurde von Schachtschneider bestritten: „Die Alliierten haben Deutschland nicht annektiert, also seine Souveränität nicht berührt.“ Andere Referenten dagegen stimmten Schäuble zu, indem sie die „Entstaatlichung“ Deutschlands, den Verlust der deutschen Währung und den Wegfall der Grenzkontrollen anführten.

Die Konferenz fiel mit dem 200. Jahrestag der „Konvention von Tauroggen“ zusammen, durch die 1812 preußische Generale im Verein mit Russen die Deutschen aus der Botmäßigkeit Napoleons lösten. Damit begann „ein Jahrhundert freundschaftlichen Umgangs zwischen Russen und Preußen oder Deutschen“, sagte der Historiker Jan von Flocken, der damit den anwesenden Russen eine Steilvorlage lieferte. Natalija Narotchnitskaja, frühere Duma-Abgeordnete, traf den willkommenen Ton: „Je mehr Europa von Russland getrennt ist, desto bedeutungsloser wird Europa für die Weltgeschichte sein.“ Derzeit gehört Narotchnitskaja zur Leitung des Pariser „Institute de la Démocratie et de la Coopération“, dritter Träger der Berliner Konferenz. Daran dachte Gastgeber und „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer, als er konstatierte: „Immer wenn es zwischen Deutschland, Frankreich und Russland gestimmt hat, nutzte das ganz Europa.“ Das klang gut, hatte aber kaum Realitätsbezug, was Russen nicht erwähnten, Deutsche und Franzosen nicht wussten: Putins Reich steckt in einer tiefen Krise.

Was bleibt von der Konferenz, die über 700 begeisterte Teilnehmer hatte? Eine Fülle beherzigenswerter Denkanstöße zu Souveränität, Freiheit, Staatsraison, Machtmissbrauch und anderes, das nur noch wenig bedeutet. Europa hätte sich, wie oft betont wurde, de Gaulles Vision der „vereinten Vaterländer“ zu eigen machen sollen, vor allem seine Warnung: „Souveränität ist Verantwortung“ – wie kommt man aus gefährlichen Unionen wieder heraus? Wolf Oschlies


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