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01.12.12 / Sägen am eigenen Ast / Dramatische Folge der US-Haushaltslage: Schulen entlassen massenhaft Lehrer und streichen wichtige Fächer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

Sägen am eigenen Ast
Dramatische Folge der US-Haushaltslage: Schulen entlassen massenhaft Lehrer und streichen wichtige Fächer

Schulen und andere Bildungseinrichtungen in den USA haben als Folge der Wirtschaftskrise und der damit verbundenen miserablen Haushaltslage der meisten Bundesstaaten und Kommunen mit die folgenschwersten und schmerzhaftesten finanziellen Einschnitte durchleben müssen. Als Folge dürften den USA in den nächsten Jahren die qualifizierten Fachkräfte ausgehen.

„In diesem Jahr werden in ganz Amerika zehntausende Lehrer weniger ihre Klassen betreten“, warnte Präsident Barack Obama im August vor Beginn des neuen Schuljahres. „Allein in Pennsylvania haben wir 9000 Lehrer weniger in den Schulen als vor einem Jahr. In Ohio sind es fast 7000. Und landesweit haben die Schuldistrikte in den letzten drei Jahren über 250000 Lehrer entlassen müssen. Man muss darüber nachdenken, was das für unser Land bedeutet“, so der Präsident weiter. Zu einer Zeit, in welcher der Rest der Welt versuche, die Vereinigten Staaten in Erziehung und Bildung zu übertrumpfen, würden die USA ihre Kinder in überfüllte Klassen stecken, wichtige Fächer wie Kunst und Musik sowie sogar Physik und Mathematik reduzieren oder ganz vom Stundenplan streichen. Zudem würden Vorschulen und Kindergärten geschlossen und das Schuljahr würde verkürzt. „Das ist das Gegenteil von dem, was wir als Nation tun sollten“, meinte Obama.

Der Präsident, der am eigenen Beispiel den Wert einer exzellenten Ausbildung für Erfolg im Leben erfahren hat, legte im Frühjahr dem Kongress einen Plan vor, der Mittel für eine weitgehende Reform des Schulsystems vorsieht. Nach dem Plan würde Washington den klammen Bundesstaaten 25 Milliarden US-Dollar bereitstellen, um vor allem die Entlassung von Lehrern und anderem Schulpersonal landesweit zu stoppen, entlassenen Lehrern die Chance einer Wiedereinstellung zu geben und die Reduzierung wichtigster Lehrfächer zu verhindern. Der Kongress lehnte mit republikanischer Mehrheit ab und nahm stattdessen einen eigenen Budget-Plan an, in dem sogar weitgehende Kürzungen bei der Ausbildung enthalten sind. „Das ist falsch“, so der Präsident. „Das ist ein Rückschritt. Das investiert nicht in unsere Zukunft, das untergräbt sie.“ Jetzt, nach seiner Wiederwahl, hat Obama die Möglichkeit, seinen Worten Taten folgen zu lassen.

In Kalifornien, das heute 31000 Lehrer weniger beschäftigt als vor drei Jahren, hat Obamas Wiederwahl den Schulen und Universitäten Hoffnung gegeben. Im März hatten die Schuldistrikte noch 20000 „Pink Slips“ verschickt: Ankündigungen einer möglichen Entlassung, um die betroffenen Lehrer vorzubereiten. 9500 davon allein in Los Angeles. Mike Newman, 54 Jahre, ist einer von ihnen. „Aha, da ist es wieder“, hatte er geseufzt, als er zum dritten Mal die rosa Notiz in seinem Briefkasten fand. Er legte wie zuvor Widerspruch ein und behielt seinen Job. Denn über die endgültige Zahl der Entlassungen entscheidet das jährliche Haushalts-Budget. Kalifornien entlässt nach Dienstalter zuerst die jungen Lehrer. Dramatische Situationen erleben auch die Studenten der Community Colleges (zweijährige statt der staatlichen vierjährigen Unis). Nach Millionen-Kürzungen wurden ganze Studienfächer wie Mathematik gestrichen. Viele Studenten müssen mit Bussen oder Autos täglich bis zu 70 Kilometer in verschiedene Colleges fahren, um ihre Fächer zu studieren.

Um die katastrophale Situation in seinem Staat zu beenden, hatte der kalifornische Gouverneur Jerry Brown seine Initiative „Proposition 30“ den Wählern zur Entscheidung vorgelegt. Danach sollen geringe Erhöhungen der Verkaufssteuer (ein Viertel Cent je Dollar) sowie der Einkommensteuer von Einzelpersonen mit über 250000 US-Dollar Einkommen im Jahr und Familien mit über 500000 US-Dollar dem Staat Kalifornien pro Jahr sechs Milliarden einbringen. Diese sollen zum größten Teil in die Schulen und Universitäten fließen. Die „Prop 30“ wurde angenommen – mit entscheidender Hilfe der jungen Wähler! Daraufhin zogen die Universitäten jetzt die erneut geplante Erhöhung der Studiengebühren zurück, gegen die die Studenten leidenschaftlich protestiert hatten (um 20 Prozent im Jahr, im Durchschnitt 2400 US-Dollar). Die Schließung einiger Schulen wurde erst einmal ebenso gestoppt wie die geplanten Zusammenlegungen von Klassen auf bis zu 60 Schüler. Entlassene Lehrer hoffen auf Wiedereinstellung. Jeder wartet ab und hofft. „Es ist für die Lehrer unglaublich schwer, in dieser Zeit der Unsicherheit noch die Energie aufzubringen, die wir in den Klassen brauchen“, sagt Veronica Melvin, Direktorin von „LA’s Promise“, dem drei Schulen unterstehen. „Und dabei ist es, wie der Präsident sagt: Wenn wir wollen, dass die USA die Führungsmacht im 21. Jahrhundert bleibt, dann ist nichts wichtiger als jedem Bürger die bestmögliche Erziehung und Ausbildung zu geben – vom ersten Tag in der Vorschule bis zum Start seiner Karriere.“ Liselotte Millauer


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