29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.12.12 / Springen und Ringen zu Ehren Zeus’ / Kultur und Spiele: Ausgrabungsfunde des antiken Heiligtums Olympia sind in Berlin zu sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

Springen und Ringen zu Ehren Zeus’
Kultur und Spiele: Ausgrabungsfunde des antiken Heiligtums Olympia sind in Berlin zu sehen

Ü ber 1000 Jahre lang fanden im antiken Heiligtum Olympia alle vier Jahre Wettspiele zu Ehren des griechischen Göttervaters Zeus statt. Bis zu ihrem Verbot durch den christlichen römischen Kaiser Theodosius I. 393 nach Christus brachten sie es auf 293 Ausgaben! Spektakuläre Ausgrabungsfunde aus dem griechischen Heiligtum sind noch bis zum 7. Januar 2013 im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen. Über 500 Leihgaben kommen aus Griechenland. So viele durften das Land noch nie verlassen. Hinzu treten Kostbarkeiten aus dem Vatikan, aus Rom, Paris, Dresden und München.

Die Wiederentdeckung des unter Sand und Schlamm verschütteten Heiligtums gelang 1766 dem Engländer Richard Chandler. Der Archäologe und Althistoriker Ernst Curtius besuchte 1838 erstmals Olympia. Fortan warb er für die Ausgrabung. Curtius war von 1844 bis 1850 Hauslehrer des Prinzen und späteren Kaisers Friedrich III. Mit seiner Begeisterung für Olympia steckte Curtius den Thronfolger an. Auf dessen Initiative beauftragte Kaiser Wilhelm I. die deutsche Botschaft in Athen, mit der griechischen Regierung einen Vertrag für Ausgrabungen auszuarbeiten.

Dieser 1875 ratifizierte „Vertrag wegen Ausführungen von archäologischen Ausgrabungen auf dem Boden des alten Olympia“ ist ausgestellt. Deutschland übernahm unter Leitung von Curtius die Grabungen und deren Kosten, alle Fundstücke aber sollten Griechenland gehören. Solch ein „selbstloser“ Vertrag war in der Geschichte der Archäologie etwas völlig Neues. Normalerweise teilten Ausgräber und der Staat, auf dessen Gebiet gegraben wurde, die Funde untereinander auf.

Eine der Attraktionen sind Überreste des im 5. Jahrhundert v. Chr. erbauten Zeustempels, dessen längst untergegangene Monumentalstatue des Zeus zu den Sieben Weltwundern der Antike gehörte. Imposant besetzen die je 30 Meter langen Gipskopien des Ost- und Westgiebels des Zeus­tempels den Lichthof des Gropius-Baus. Zu verdanken sind sie dem Vertrag von 1875: Deutschland hatte für fünf Jahre das alleinige Recht, von den Fundstücken Ko­pien und Abformungen herstellen zu dürfen. Im Zentrum der Skulpturen des Ostgiebels steht der über drei Meter hohe Zeus, flankiert von Pelops und Oinomaos, die sich zur Wettfahrt mit dem Pferdewagen rüsten. Durch Bestechung und Sabotage wird Pelops das Rennen gewinnen. Dargestellt ist damit ein Gründungsmythos der antiken Olympischen Spiele: Das Wagenrennen soll auf dem Gelände des späteren Heiligtums stattgefunden haben.

Im Heiligtum fanden sich zahlreiche Statuetten in Menschen- und Tiergestalt, von Pilgern als Weihegaben für den Zeuskult abgelegt. In großer Menge sind auch Waffen und Rüstungen ausgestellt, die von den griechischen Stadtstaaten nach ihren erfolgreichen Kriegszügen gestiftet worden waren.

Doch wenigstens während der alle vier Jahre ausgetragenen Olympischen Spiele gaben sich die streitlustigen Griechen friedlich, wie Gereon Sievernich, Direktor des Gropius-Baus, berichtet: „Das politische Gewicht des Heiligtums zeigte sich im Olympischen Frieden, während dessen alle kriegerischen Handlungen eingestellt wurden. Im panhellenischen Heiligtum Olympia trafen sich Sportler wie Politiker aller griechischen Poleis (Stadtstaaten). Viele Städte aus den verschiedensten Gebieten – von Unteritalien bis ans Schwarze Meer – bauten Schatzhäuser für ihre Weihegaben in Olympia.“

Höhepunkt der Schau ist die Darstellung der antiken Wettkämpfe. Aber aus welchen Kreisen rekrutierten sich die Teilnehmer überhaupt? Siever­nich er­klärt: „Teilnehmen durften alle freien Griechen. Einer der ersten Sieger soll ein Koch gewesen sein.“ Durften auch Frauen teilnehmen? Siever­nich: „Frauen durften am Fest der Hera einen eigenen Laufwettkampf durchführen, nicht jedoch bei den Olympischen Spielen.“

Eine berühmte Ausnahme war die spartanische Königstochter Kyniska. Sie „gewann“ 396 und 392 v. Chr. mit einem Fohlen-Viergespann bei den hippischen Wettbewerben. Denn bei den Pferdewettkämpfen wurden nicht etwa Wagenlenker und Reiter, sondern die Rennstallbesitzer als Sieger ausgerufen. Auf diese Weise wurde auch der spätere römische Kaiser Tiberius zum Olympiasieger. Zur Zeit der Römerherrschaft dominierten dann die Berufsathleten das Wettkampfgeschehen.

In der Frühzeit der antiken Spie­le dauerten die sport­lichen Wett­kämpfe ver­mut­lich ma­ximal nur 30 Sekunden – dann war Schluss. Denn der einzige Wettbewerb war der 192 Meter lange Stadionlauf. Nach und nach kamen weitere Sportarten hinzu, so dass sich die Dauer der Spiele auf fünf Tage erweiterte. Eine wichtige Rolle spielten dabei Kulthandlungen. Deren Höhepunkt fand am dritten Tag statt: Zu Ehren von Zeus wurden 100 Ochsen geopfert.

Skulpturen und Kleinplastiken, Reliefs und Vasenmalerei stellen uns die verschiedenen Sportarten vor. Den besten Körperbau hatten die Athleten des Fünfkampfes. Die vier ersten Disziplinen waren Ausscheidungswettkämpfe: Dis­kuswerfen, Wettlauf, Speerwurf und Weitsprung, der in beiden Händen mit Gewichten zum Schwungholen aus dem Stand in fünf Sätzen hintereinander durchgeführt wurde. Die beiden letzten verbliebenen Athleten ermittelten im abschließenden Ringkampf den Sieger. Ein linker Arm ist das eindrucksvolle Relikt der Bronzestatue (2. bis 1. Jahrhundert

v. Chr.) eines Faustkämpfers. Gelenke und Hände sind mit Lederstreifen umwickelt und rings um die Fingerknöchel mit Wolle und Lederbändern verstärkt. Brutalste Disziplin war der Allkampf, „Pankration“ genannt. Die Malerei auf einer Amphora (um 440 v. Chr.) zeigt uns zwei Pankratiasten in Ausgangsstellung. Beim Wettkampf war bis hin zum Knochenbrechen und Luftabdrücken fast alles erlaubt.

Die Olympiasieger wurden mit einem Kranz aus Zweigen des heiligen Olivenbaumes ausgezeichnet. Reiche Ehrungen erwarteten die Gewinner in ihren Heimatgemeinden, etwa politische Ämter, Steuerbefreiung oder freie Kost und Logis bis zum Lebens­ende. Andere bekamen von ihren Stadtstaaten eine Siegerstatue bezahlt, die in Olympia aufgestellt wurde. Ausgestellt sind Überreste solcher Statuen: Bronzene Olivenblätter und Aststücke von Siegerkränzen sowie die marmorne Statuenbasis (Anfang 4. Jahrhundert v. Chr.) des Theogenes von Thasos, der als Faustkämpfer und Pankratiast zu den berühmtesten Athleten der Antike gehörte.

Veit-Mario Thiede

Öffnungszeiten: Mittwochs bis montags 10–19 Uhr, Dienstag geschlossen. Eintritt: 13 Euro. Info: www.gropiusbau.de.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren