19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.12.12 / Russland bittet zur Kasse / Deutschland muss für Abzug aus Afghanistan zahlen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-12 vom 08. Dezember 2012

Russland bittet zur Kasse
Deutschland muss für Abzug aus Afghanistan zahlen

Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beschlossen. Sobald der Bundestag in den nächsten Wochen zustimmt, werden bis Ende 2013 rund 3300 von 4900 Soldaten vom Hindukusch zurückkehren. Der Rest folgt 2014, wenn die Nato alle Truppen abzieht. „Die Nato wiederholt alle unsere Fehler und macht weitere, auf die wir kein Copyright haben“, lästerte 2008 Samir Kabulow, damals allseits angesehener russischer Botschafter in Kabul. Seit 2010 ist er Wladimir Putins Afghanistan-Berater und an führender Stelle in den Nato-Abzug involviert, den er als kommerzielles Geschäft sieht: „Wir verdienen daran eine Milliarde Dollar jährlich.“

Vor zehn Jahren entstand der Nato-Russland-Rat, der seit April 2012 mit dem geplanten Abzug von rund 130000 Mann ein wichtiges Thema hat, da dieser größtenteils über Russland erfolgen wird. Kabulov gibt, anders als sein Präsident Putin, offen zu, dass er die Nato lieber noch Jahre in Afghanistan sehen würde. Ohne sie wächst die Instabilität in Russlands Nachbarschaft durch Terrorismus und Drogen, deren Produktion seit 2001 um das 40-fache anstieg. Dennoch dürfe die Nato nicht durchs Hintertürchen militärischer Stützpunkte zurückkehren, warnt Kabulow.

Russland liefert die Infrastruktur für den Abzug, der größtenteils per Flugzeug, Bahn und Schiff über den Wolga-Freihafen Uljanowsk-Ost ablaufen wird. Dort unterhält das Werk Aviastar-SP, das mit der „An-124-Ruslan“ das größte Transport­flugzeug der Welt baut, eine fünf Kilometer lange Start- und Landebahn. Hinzu kommen leistungsfähige Bahnverbindungen nach Riga und weiteren Ostseehäfen, über die der Transport der Soldaten, ihrer 120000 Container und ihrer 70000 Fahrzeuge erfolgen soll. Die Nato darf den Transport nicht selbst durchführen, das besorgt das russische Transportunternehmen Osnova, das dafür kräftig kassiert. Auch der russische Zoll geht nicht leer aus. Allein Deutschland wird für die Rückführung von Personal und Material auf diesem Wege über eine Milliarde Euro zahlen.

Für die Bundeswehr ist der Abzug über Uljanowsk, den Geburtsort Lenins, eine Art Heimspiel, wie im Herbst 2011 beim dortigen Allrussischen Festival der Russlanddeutschen deutlich wurde. Uljanowsk unterhält beste Beziehungen nach Thüringen, die Bundeswehr fliegt die Stadt seit Jahren dank ihres Transitabkommens mit Russland an: Trainierte Normalität, die nun dem reibungslosen Abzug von Soldaten, 1700 Fahrzeugen und 6000 Container nützt.

Und dann? Dann beginne alles Übel neu, befürchtet Kabulov. Die Nato komme 2015 als „Ausbilder“ wieder, die Afghanen fielen in ihre aggressive Allergie gegen Fremdherren zurück. Davor warnte 1927 auch der Deutsche Emil Trinkler in seinem Afghanistan-Buch: „Ganz verfehlt war bei den auf ihr Land und ihre Vergangenheit so stolzen Afghanen der europäische Herrenstandpunkt.“ Als die deutschen Soldaten vor über zehn Jahren nach Afghanistan kamen, begrüßte man sie freudig als Urenkel genialer Erbauer von Straßen, Staudämmen und Schulen, wovon buchstäblich nichts blieb. Wolf Oschlies


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren