25.04.2024

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08.12.12 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-12 vom 08. Dezember 2012

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es frischt immer wieder auf, das Frische Haff, an dessen Namensdeutung sich viele Leserinnen und Leser beteiligten – und dabei war es doch nur eine kleine Anfrage gewesen, die dann gänzlich unerwartet zu einem Hauptthema unserer Ostpreußischen Familie wurde. Nun hatte ich gedacht, es sei mit der letzten Veröffentlichung in Folge 47 abgeschlossen, aber da hatte ich mich geirrt. Unser immer diskussionsbereiter Landsmann Peter Perrey aus Neustadt fühlte sich aufgerufen, zu den Mut­maßungen über den Namen Stellung zu nehmen, und unterstrich die Ausführungen von Frau Szillis-Kappelhoff, dass sich der Name nicht direkt aus dem Altpreußischen herleiten könne. Die Deutung „Friesisches Haff“ nach den in manchen Zuschriften erwähnten friesischen Bewohnern der südlichen Haffküste stimme schon deshalb nicht, da keine friesischen, sondern Mitte des 16. Jahrhunderts Niederfränkischsprachige dort angesiedelt worden seien, die zum niederdeutschen Sprachbereich gehört hätten. So kann es nach seiner Deutung möglich sein, dass die niederpreußische Bezeichnung „Fresch Haff“ in alten Karten verzeichnet sei. „Hier finden wir nun die Verbindung zu der alten prussischen Bezeichnung „aismares“ (bewegtes Gewässer), denn auch das niederdeutsche „frisch“ kann ja „bewegt“ bedeuten“. Soweit Herr Perrey, dem ich die Ausführungen von Herrn Herbert Skrobin folgen lasse, der es für ausgeschlossen hält, dass die Friesen Namensgeber waren: „In allen Landkarten seit der Karte von Zell aus dem Jahr 1542 finden wir die Bezeichnung Frisch(es) Haff. Selbst die in Amsterdam gedruck­ten Karten tragen diese Bezeichnung. Nur eine einzige Karte, die 1759 in Paris gedruckte von Beaurin, macht eine Ausnahme mit ,Frisch Haff au Golfe des Frisland et de Dantzig‘ und der Bezeichnung ,Frise Nerung‘ für die Frische Nehrung“ – so Herr Skroblin, der die Benennung nach den Friesen auf ein Missverständnis des französischen Übersetzers zurück­führt.

Die wohl glaubhafteste Lösung aber bringt ein Schreiben von Herrn Manfred Musculus aus Kiel, der durch seine jahrzehntelange Beschäftigung mit den Urkunden des Deutschen Ordens in Preußen den Namen leicht erklären kann und dies durch lateinische Urkunden im Preußischen Urkundenbuch auch beweist. Ich zitiere aus seinem Brief: „Der Orden kam 1230 ins Kulmerland. Wenige Jahre später erreichte er das Frische Haff. Seine Größe erstaunte die Ordensritter so sehr, dass sie dieses Gewässer Meer (mare) nannten. Noch größer war das Erstaunen, dass das Wasser dieses ,Meeres‘ kein Salzwasser, sondern Süßwasser war. Sie nannten darum das Haff lateinisch ,mare regens‘. Das lateinische Adjektiv ,regens‘ hat die Grundbedeutungen neu, frisch, jung. Wir dürfen also ,mare regens‘ mit ,Frisches Meer = Frisches Haff‘ übersetzen.“ Zum Beweis, dass das Frische Haff in den lateinischen Urkunden des Ordens diesen Namen hatte, nennt Herr Musculus einen Urkundenbeleg: „Preußisches Urkundenbuch Band 2, Urkunde Nr. 173“. Und damit unsere Leser erfahren, welches der Inhalt der Urkunde ist, nennt er uns wortgetreu das Kopfregest, wie es im Urkundenbuch über dem lateinischen Text steht: „1317 Januar 25, Marienburg, Hochmeister Karl von Trier tauscht dem Kloster Oliva das halbe Dorf Mönchengrebin (Kr. Danziger Niederung) mit drei Hufen in Suckschin (Kr. Danziger Höhe) gegen das Fischereirecht im Frischen Haff und den Fischzug in der Weichsel zwischen Gans und Barsniza ein“. Diese Erklärung, für die wir Herrn Musculus sehr herzlich danken, wird nicht nur alle Leserinnen und Leser interessieren, die sich an diesem historischen Thema beteiligten. Sie trägt auch dazu bei, dass die Geschichte unserer Heimat lebendig bleibt und unser Wissen, unsere Erinnerung, unsere Bemühungen um die Bewahrung ihrer Werte „frisch“ erhält im Sinne des „mare regens“ des Ordens, also „neu, frisch und jung“.

Das macht sich auch in unserer Familienpost bemerkbar, denn selten war das Echo auf die von uns veröffentlichten Suchfragen so rege und vielseitig wie in diesen Wochen. Einige Erfolgsmeldungen will ich mir für die Weihnachtsausgabe aufheben, das ist schon alte Familientradition, andere werden ihren Platz in den laufenden Ausgaben finden. Unerwähnt soll keine Zuschrift bleiben, jedes positive Echo wird seinen Widerhall auf unserer Familienseite finden, denn es macht Hoffnung und stärkt unsere Mithelfer. Zu ihnen gehört auch Herr Helmut Bargel aus Oer-Erkenschwick, dem unsere Familie schon einmal geholfen hat, obgleich seine Frage sich nicht auf Ostpreußen bezog. Es handelte sich damals um einen Grabstein, dessen Teile als Fensterbank verwendet wurden und der sich heute im Museum von Schwiebus [Swiebodzin] befindet. Seitdem verfolgt Herr Bargel besonders intensiv die Beiträge in der Ostpreußischen Familie und muss dabei feststellen, dass immer noch nach vermissten Familienangehörigen gesucht wird. So stieß er auch in Folge 46 auf den Suchwunsch von Herrn Marcus Dachsel. Nun betreibt, wie Herr Bargel erst kürzlich erfahren hat, ein Bewohner von Oer-Erkenschwick privat und ehrenamtlich eine Website, die sich als Hilfe für die Suche nach Vermissten erweist (http://www.weltkriegsopfer.de). Uns war diese Web-Seite von Herrn Ludger Bäumer nicht bekannt, aber Herr Bargel meint, dass sie für viele immer noch Suchende eine große Hilfe bedeuten könnte. Er selber konnte leider keinen Erfolg melden, als er den Suchwunsch von Herrn Dachsel eingegeben hat. „Es wäre natürlich schön gewesen, wenn dies gleich zu einem Treffer geführt hätte“, meint Helmut Bargel, „aber möglicherweise haben andere Suchende in dem Archiv, das ständig erweitert wird, Erfolg.“ Er hat für uns einen kleinen Teil aus dieser Web-Seite kopiert, damit wir sehen können, über welche Bestände Herr Bäumer zurzeit verfügt: 18466 Friedhöfe, 28045 Friedhofbilder, 807834 Kriegsopfer, 14884 Soldatenbilder, 259 Dokumente/Orden, erfasst bis zum 23. November 2012. Wir danken Herrn Bargel für diese Information, die für unsere Arbeit sehr wichtig ist, die er voll anerkennt und – was noch wichtiger ist – erkennt, wenn er uns Kraft und Gesundheit für die „selbst gestellten Aufgaben“ wünscht. Denn hinter uns steht keine uns beauftragende Institution, wir sind als „Ostpreußische Familie“ eine Lesergemeinschaft, die einzig und allein ihre Kraft aus dem Zusammenhalt für die Werterhaltung unserer Heimat bezieht – und vielleicht gerade deshalb so viel Erfolg hat.

Den wir auch Frau Gudrun Politt aus Wesel wünschen, die sich als Übermittlerin einer Suchfrage aus den Niederlanden an die Landsmannschaft Ostpreußen wandte und erste Hinweise bekam. Für eine biographisch-literarische Veröffentlichung sucht Dr. Sjaak Zonneveld aus Den Haag Informationen über eine Sensburger Familie namens Weber. Es handelt sich vor allem um Henry Weber, über den Frau Politt inzwischen die wichtigsten Daten erhalten hat. Das Evangelische Zentralarchiv Berlin fand seinen Taufeintrag, so dass jetzt sein Geburtsdatum, die Namen der Eltern und der Beruf des Vaters fest stehen. Das ist schon eine ganze Menge, denn aus diesen Angaben geht hervor, dass die Familie Weber in und um Sensburg bekannt und angesehen gewesen sein muss. Jetzt sollen unsere Leserinnen und Leser helfen, die Familiengeschichte zu erhellen, die auch eine gewisse Tragik beinhaltet, wie aus den wenigen uns zur Verfügung stehenden Angaben hervorgeht.

Im Sensburger Kirchenbuch 163 (Stadtgemeinde) ist als Täufling Iwan Benno Henry Weber, *23. August 1858, Rufnahme Henry, als Sohn des Kreisrichters Benno Fridiger Weber und seiner Ehefrau Mary Angelica Weber, geborene Schleswich, eingetragen. Henry Weber verlobte sich 1883 mit der Engländerin Grace Hopkins, *1859, der Schwester des in der Englisch sprechenden Welt sehr bekannten Dichters Gerard Manley Hopkins. Kurz vor der Hochzeit verstarb der Bräutigam. Grace Hopkins besuchte noch im Todesjahr ihres Verlobten seine Familie in Sensburg und wurde dort sehr herzlich aufgenommen, so dass die Verbindung weiter bestehen blieb. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1945 hat sie sich um Henrys Grab gekümmert. Interessant für die biographische Aufarbeitung sind in diesem Zusammenhang alle Informationen, die diese Sensburger Familie bis 1945 betreffen. In den Unterlagen der Familie Hopkins führt der Vater Henrys, Benno Fridiger Weber, einen Doktortitel, den er vielleicht erst nach der Taufe seines Sohnes erwarb, so dass er nicht im Taufregister verzeichnet ist. Interessant wäre es auch zu erfahren, ob noch heute auf dem alten deutschen Friedhof in Sensburg die Gräber dieser Familie zu finden sind. Über jede Mitteilung, die sie nach Den Haag weitergeben kann, würde sich Frau Politt freuen. (Gudrun Politt, Am Nordglacis 61 in 46483 Wesel.)

Aus den Niederlanden kommt auch der folgende Suchwunsch, der sich ebenfalls mit ostpreußischer Familiengeschichte beschäftigt, in diesem Fall mit der eigenen des Schreibers. Denn der Vater von Ralf Lemke aus Culemborg stammte aus Agilla. Später wurde das Dorf am Kurischen Haff in Haffwerder umbenannt. Ralf Lemke weiß nicht viel über seinen Vater Willi Rudolf Otto Lemke, der nur 49 Jahre alt wurde und seinem Sohn kaum etwas über Heimat und Familie erzählt hat. Immerhin besitzt er einige Urkunden, denen wir einzelne Angaben für seinen Suchwunsch entnehmen können, der sich auf die Herkunft seines Vaters und dessen Eltern bezieht. Eine Geburtsurkunde seines Vaters besitzt er nicht, aber aus der Heiratsurkunde seiner Eltern geht hervor, dass Willi Lemke am 17. Dezember 1917 in Agilla geboren wurde, später in dem ebenfalls im Kreis Labiau liegenden Hindenburg wohnte und zur Zeit der Heirat „im Felde“ war. Als „Matrose, zur Zeit Oberschütze“ ehelichte er am 1. Februar 1941 in Remscheid die dort geborene Ilse Klara Emmi Scheurer, von Beruf Elektro-Hilfsarbeiterin. Ihr gemeinsamer Sohn Ralf kam am 30. August 1941 in Remscheid zur Welt. Wahrscheinlich hat Ralf Lemkes Mutter die Heimat ihres Mannes nie kennen gelernt, denn er war bis 1945 an der Ostfront. Den Heimaturlaub hat er in Remscheid verbracht, wie das Foto beweist, auf dem der kleine Ralf mit seinen Eltern zu sehen ist. Deshalb hat Ilse Lemke auch nach dem frühen Tod ihres Mannes nichts über dessen Heimatort aussagen können oder wollen, sie verstarb 80-jährig im Jahr 2002. Auf der Heiratsurkunde ist zwar die Eheschließung der Eltern der Braut, aber nicht die der Eltern des Bräutigams vermerkt, so dass der Enkel nichts über seine Großeltern väterlicherseits weiß. So ist es fraglich, ob die Familie Lemke überhaupt aus Agilla stammte – was Ralf allerdings vermutet –, oder ob das Haffdorf nur ihr zeitweiliger Wohnort war. Agilla/Haffwerder ist schon oft in den langen Jahren unserer Sucharbeit erwähnt worden, und es hatte zumeist sehr gute Informationen gegeben. Es ist also anzunehmen, dass auch Ralf Lemke einige brauchbare Hinweise bekommt. Vielleicht war auch jemand von unseren älteren Landsleuten mit dem jungen Willi Lemke in Agilla oder Hindenburg zusammen oder kann sich als Kriegskamerad an ihn erinnern? Als Matrose, wie in der Heiratsurkunde vermerkt, muss er ja eine seemännische Ausbildung gehabt haben, aber darüber ist nichts bekannt. Ralf Lemke würde sich über jede Auskunft freuen, denn er möchte endlich etwas über seine väterliche Familie, vor allem über seinen Großvater, wissen. Seine bisherigen Nachforschungen haben leider nichts ergeben. (Ralf Lemke, Akelei 90 in 4102 JM Culemborg, Nederland 0031-345-514396, E-Mail: rlemke01-c@telfort.nl)

Eure Ruth Geede


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