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08.12.12 / Porträts großer preußischer Frauen / Vortrag des Förderkreises Ostpreußisches Jagdmuseum − Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung e.V. in Lüneburg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-12 vom 08. Dezember 2012

Porträts großer preußischer Frauen
Vortrag des Förderkreises Ostpreußisches Jagdmuseum − Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung e.V. in Lüneburg

Das Preußenjahr sollte nicht zu Ende gehen, ohne dass ein weiteres Kapitel der Fortschrittlichkeit von Preußen der Öffentlichkeit zu Gehör gebracht worden war, nämlich die hervorragenden Leistungen der Frauen in vielen wichtigen Lebensbereichen. „Preußens Frauen − Von der Stammmutter Preußens bis zur realen Effie Briest“ war ein Thema, das im Preußenjahr noch nicht behandelt worden war und so hatte Frank Riedel, Kustos des Brandenburg-Preußen Museums, in der Vortragsveranstaltung des Fördererkreises Ostpreußisches Jagdmuseum−Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung aufmerksame Zuhörer bei seinem Vortrag in Lüneburg. War in Preußen die Frau in erster Linie Hausfrau und Mutter, so ergriffen doch bereits mit der Gründung des Königreichs Preußen 1701 Frauen ihre beruflichen Chancen. Sie standen für die Vielfalt eines erstaunlichen Staates abseits der so gern gepflegten Klischees von Pickelhaube und Matrosenanzug, von Zopf und Stock.

Sieben Frauen von besonderem Rang hatte Frank Riedel für seinen Vortrag ausgewählt: von der Stammmutter Preußens über Königin Luise, eine Ärztin, eine Porträtmalerin bis zur Politikergattin, Unternehmerin bis zur realen Effi Briest. Dass Frauen akademische Berufe ergreifen konnten, dafür sorgte Friedrich der Große. Im Preußen Friedrich des Großen erlangte die erste deutsche Frau ihren Doktortitel. Am 6. Mai 1754 legte die in Quedlinburg ohne formelle universitäre Ausbildung praktizierende und von ihren männlichen Kollegen angefeindete Ärztin Dorothea Christina Erxleben (1715−1762) mit einer akademischen Abhandlung erfolgreich ihr Promotionsexamen ab. Friedrich der Große war es, der die Fakultät in Halle zur Verleihung des doctor medicinae ermächtigte. Königin Luise von Preußen (1776–1810), zu Beginn des 19. Jahrhunderts die am meisten bewunderte Deutsche, war für die preußische Monarchie ihrer Zeit ein Glücksfall. Mit ihrer charismatischen Schönheit war sie ein neuer Typus weiblicher Tugenden: eine Frau und Mutter, die mit spontanen Gesten und aufopferungsvollem Einsatz für ihr Vaterland die Liebe ihrer Untertanen gewann. Nie vorher und nie nachher hatte Preußen eine so populäre Monarchin. Sie war eine preußische Identifikationsfigur par exzellence und eine Ausnahmeerscheinung. Dies gilt auch und gerade für Anna von Preußen und Jülich-Kleve-Berg (1576–1625), die Ehefrau des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg und Stammmutter des brandenburg-preußischen Staates, die zu den bemerkenswertesten Frauengestalten der brandenburgischen und preußischen Geschichte zählt. Sie sicherte brandenburgische Ansprüche auf das Herzogtum Kleve mit den Grafschaften Mark und Ravensburg im Westen und das Herzogtum Preußen im Osten. Der Herrschaftsbereich der Hohenzollern verdoppelte sich auf über 80000 Quadratkolometer mit knapp 900000 Einwohnern. An Klugheit und Weitblick ihrem Gatten überlegen, sorgte sie dafür, dass die sandige Mark Brandenburg im Westen an die wegweisende Städte- und Gewerbekultur der Niederlande angebunden wurde und das alte Ordensland Preußen gab den Namen für das 1701 gegründete Königreich. Sie gebar ihrem Mann acht Kinder, war herb, stolz, schwierig, von eigenwilligem Charakter und dem Regieren geneigter als dem Sticken und Musizieren.

Der Redner wandte sich sodann der ersten professionellen Porträtmalerin der Friderizianischen Zeit zu: Anna Dorothea Therbusch (1721–1782). Sie begann ihre künstlerische Laufbahn mit dem Malen in der Manier von Antoine Watteau, dem von Friedrich dem Großen hoch geschätzten Maler. Am Hofe des Herzogs Karl II. Eugen zu Württemberg in Stuttgart, wurde sie 1762 Ehrenmitglied der württembergischen Académie des Arts; sodann wechselte sie nach Mannheim als Hofmalerin zu Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz. Ihr Aufenthalt in Paris gestaltete sich schwierig, aber schließlich wurden ihre Werke doch anerkannt und sie wurde als eine der ersten Frauen und als Ausländerin Mitglied der Academie Royale de Peinture et Sculpture. Wieder in Preußen, wurde ihr Talent endlich anerkannt und sie wurde zu einer der gefragtesten Porträtistinnen ihrer Zeit. Aufträge erhielt sie auch von der Zarin Katharina II. Zu ihren bekanntesten Bildern in Preußen zählt ein lebensgroßes Porträt Friedrichs des Großen. Wilhelmine Gräfin von Lichtenau (1753–1820), die Mätresse von Friedrich Wilhelm II, von Friedrich II. akzeptiert, genoss Friedrich Wilhelms uneingeschränktes Vertrauen bis zu dessen Tod und war im Interesse des Staates und des Königshauses stets äußerst willkommen.

Schließlich wandte sich der Redner drei preußischen Frauen zu, die kaum unterschiedlicher das von Preußen 1871 initiierte Kaiserreich prägten. Johanna von Bismarck (1824–1894), die Frau des Reichsgründers, die in ihrer Liebenswürdigkeit und in ihrer aufopferungsvollen Hingabe an ihren Ehemann eine Ruhe ausstrahlende Stütze für Otto von Bismarck war. Zeitlebens konnte sich Otto von Bismarck auf das Gespür seiner Frau verlassen. Johanna von Bismarck füllte an der Seite ihres Mannes eine indirekte politische Funktion aus, die gerade heute, bei der Diskussion der Rolle der Frau in Politik und Wirtschaft, größere Beachtung verdient. Und dann Sophie Henschel (1841–1915), die um 1900 zu den reichsten Frauen in Deutschland gehörte. Nach dem Tod ihres Mannes 1894 wurde sie Alleininhaberin der Lokomotiv-Fabrik Henschel & Sohn in Kassel. 18 Jahre stand sie an der Spitze der Firma und machte Henschel & Sohn zur größten und leistungsstärksten Lokomotivfabrik Europas. Sie setzte Maßstäbe im Wohlfahrtswesen und war eine kreative Unternehmerin. Bereits 1866 richtete Henschel & Sohn eine Invaliden-, Witwen- und Waisenkasse für die Beschäftigten ein, deren Statuten als Entwurf für die staatliche Invalidenversicherung der Bismarckschen Sozialgesetzgebung dienten. Elisabeth von Ardenne (1853–1952), die reale Effi Briest, beschloss den Reigen bemerkenswerter preußischer Frauen, die die Vorlage für Theodor Fontanes Romanfigur „Effi Briest“ lieferte. Während Effi Briest durch die Affäre mit dem Düsseldorfer Amtsrichter Emil Hartwich, den Ardenne 1886 bei einem Duell erschoss und die ein Jahr später schuldig geschieden wurde, auf dem elterlichen Gut an gebrochenem Herzen mit 29 Jahren stirbt, wurde Elisabeth von Ardenne 99 Jahre alt. Sie richtete ihr Leben neu ein, wurde Krankenpflegerin in der Nervenheilanstalt Zehlendorf, sie arbeitete während des Ersten Weltkrieges aufopferungsvoll in Lazaretten. Sie war übrigens die Großmutter des weltberühmten Physikers Manfred von Ardenne.

Die Vorsitzende, Dr. Barbara Loeffke, dankte in ihren Begrüßungsworten den Vereinsmitgliedern für ihre Treue und die Unterstützung der Belange des Fördererkreises Ostpreußisches Jagdmuseum und damit der des Ostpreußischen Landesmuseums. Sie erinnerte an die historische Begegnung von Königin Luise mit Napoleon am 7. Juli 1806 in Tilsit und das mutige Eintreten der Königin für ihr Vaterland in Preußens schwerster Stunde. Im Schlusswort wandte sich Vorstandsmitglied Wilhelm von Gottberg, Vorsitzender des Stiftungsrats der Ostpreußischen Kulturstiftung, bevor er auf das Preußen Friedrichs des Großen einging, den Großen, die vor Friedrich in unserer Geschichte von Bedeutung waren zu, nämlich Karl der Große, Otto der Große, Barbarossa, Hermann von Salza, Martin Luther, der Große Kurfürst und schließlich Otto von Bismarck. Er erinnerte auch an die vier Reisen Friedrichs nach Ostpreußen und daran, dass sein Vater, Friedrich Wilhelm I. ihm das Gestüt Trakehnen zum Geschenk gemacht hatte. Geschichte und Kultur Ostpreußens in seine Ausführungen mit einbeziehend, schlug er den Bogen zur Gegenwart und erinnerte daran, wie wichtig Pflege und Weiterentwicklung der ostpreußischen und der ostdeutschen Kultur ist und wie wenig Beachtung ihr teilweise geschenkt wird. Als vorbildlich hob er die Unterstützung der Ostdeutschen Galerie in Regensburg durch die Stadt Regensburg hervor. Der Vortragsveranstaltung war die Jahreshauptversammlung des Fördererkreises Ostpreußisches Jagdmuseum - Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung e.V. vorausgegangen. B. L.


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