25.04.2024

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15.12.12 / Weihnachten oder X-mas, oder was?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Moment mal!
Weihnachten oder X-mas, oder was?
von Klaus Rainer Röhl

Früher war mehr Lametta. Beklagte Loriot schon 1960. Aber heute? Finden Sie auch diesen ganzen Weihnachtsrummel blöd? Mit Jingle Bells in jedem Supermarkt und Werbefernsehen und dem hektischen Einkaufen von Geschenken und Delikatessen und dem Sofa-Surfen im Internet? Das finden Sie auch? Dann sind Sie nicht allein. Jeder findet das. Jeder meckert über die miese Geschäftemacherei mit dem Weihnachtsrummel! Und anschließend stürzt er sich rein. Noch n’ paar Kleinigkeiten für die Putzfrau. Und deren Tochter. Und Kerzen, die nicht tropfen und ökologisch gedreht sind. Ohne Kinderarbeit und selbstverständlich fair gehandelt (Fair Trade). Und schon sind wir mit drin. Nun klingeln sie wieder, die Jingle Bells und die Kassen. Die Schokoweihnachtsmänner sind gut aufgestellt, wie eine Fußballmannschaft. Viele von ihnen kommen, wie die Adventskalender, aus China. Die Süßwarenindustrie ist trotzdem zufrieden. Sie liefert die feinere Schokolade. Mit Kakao aus den Hochanden. Das Feine darf auch ein bisschen teurer sein. Die Produktion von Osterhasen und Ostereiern ist im Wesentlichen abgeschlossen.

Die Deutschen sind in diesem Jahr so kauffreudig wie noch nie. Die brauchen keine Weihnachtsglocken mehr, die wissen auch ohnedies, was die Uhr geschlagen hat: Das Geld muss raus. Auf dem Sparbuch schmilzt es wie Butter an der Sonne. Scharen von Rentnern lösen ihre Lebensversicherung auf und konsumieren, was das Zeug hält. Euro frisst Seele auf. Rettungsschirm bringt Inflation, Geldentwertung. Fragt sich, ob die Bundesregierung die Abwertung bis zur nächsten Wahl hinziehen kann. Das Geld muss raus. Meint auch die gerade mit dem gleichen „überwältigenden“ Ergebnis wie ihr früherer Staatschef Honecker mit 97,94 Prozent zur Parteivorsitzenden wiedegewählte Mutti Merkel. Also verteilt sie Geschenke. Kost‘ ja nicht ihr Geld. Jeder kriegt was ab von der Bescherung. Schön abgestuft, nach der zu erwartenden Stimmenzahl bei der nächsten Wahl. Für die Alten, die Treuesten der Treuen, die genug miterlebt haben, um nicht kommunistische oder sozialistische Parteien zu wählen und denen die Grünen zu grün sind, eine Rentenerhöhung, wenig und kaum ausreichend, um die, nach dem ausufernden Gelddrucken in Europa, mit Sicherheit kommenden Preissteigerungen auszugleichen – die große Rentenerhöhung soll erst im Jahr 2015 folgen, nach der Bundestagswahl. So sicher ist sich die Kanzlerin, dass sie in der nächsten Regierung sitzen wird. Und dass die Rentner sie wählen.

Vielleicht bekommen auch die Heimatvertriebenen etwas zu Weihnachten? Es muss ja nichts kosten. Kleine Erwähnung in der nächsten Weihnachtsansprache oder zu Silvester. Warme Worte des Danks, dass einige von ihnen immer noch leben und immer noch nicht radikal gewählt haben. Sollten sie dennoch auf die Idee kommen, einmal rechtsrum zu wählen, steht das Parteiverbot schon bereit, fertig formuliert. Vorher gibt es noch eine Streicheleinheit für die Ostpreußen, die Pommern und die Sudetendeutschen. Mitgefühl mit ihrem schweren Schicksal bei Flucht und Vertreibung und den Millionen Toten, natürlich mit dem obligatorischen Hinweis auf Hitler. Selber schuld. Pech, wer zufällig im Osten Deutschlands wohnte und, womöglich als Frau, den Russen in die Hände fiel. „Wer hat vollbracht all die Taten, die uns befreit von der Fron? Das waren die Sowjet-Soldaten, die Helden der Sowjetunion.“ Lied der FDJ. Schon vergessen?

Weiter mit der Bescherung. Betreuungsgeld – und neue Kitas (macht schlappe paar Milliarden), Renten für Mütter, die Kinder vor 1992 aufgezogen haben (nochmal Milliarden). Zahlbar erst nach der nächsten Wahl, wo der nächste Finanzminister wahrscheinlich Steinbrück heißt, auch wenn er heute noch ablehnt. Aber, kommt Zeit, kommt Rat. Abwarten.

Die größeren Geschenke können nicht warten bis zur Niedersachsenwahl: 750 Millionen müssen 2013 direkt nach Griechenland, diesmal ist es keine fiktive Garantiesumme, sondern Bares. Wir haben Geld, und die brauchen es. Die griechischen Banken. Nicht die 57 Prozent arbeitslosen jungen Leute in Griechenland und die 55,9 Prozent in Spanien. Aber auch die werden nicht vergessen, die stellt die Kanzlerin sich immerhin vor. „Stellen Sie sich mal vor“, rief sie neulich vor den Fernsehkameras, „wenn das bei uns wäre …“. Stell dir vor, es ist Elend, und niemand sieht hin. Aber wir sehen ja hin.

Dafür haben wir die Spenden-Galas. Gleich am Nikolaustag die erste Benefizgala mit Carmen Nebel und David Garrett für „Misereor“ und „Brot für die Welt“. Prominente sitzen an den Spendentelefonen und alle, alle spenden. Jedes Mal werden die Spender eingeblendet. Jede Schulklasse, jedes Kind gibt sein Taschengeld für einen Monat, sein letztes Hemd, wie das Mädchen in den „Sterntalern“. Und zum Schluss ist es denn auch wie bei den Sterntalern im Märchen. Aller Segen kommt von oben. Ein netter Herr im grauen Anzug legt noch 100000 drauf. Meine Güte. Dafür muss eine alte Frau lange stricken, und selbst Peer Steinbrück muss dafür mindestens vier Vorträge bei einer Großbank halten. Fair verdient und - transparent.

An diesem Wochenende kommt dann die ganz große Gala „Ein Herz für Kinder!“ von „Bild“ und ZDF. Und so eine Gala heißt ja nicht umsonst Gala. Also sind die Kameras immer da, wo am meisten Blut fließt, die Toten in Haufen daliegen oder die Babies gerade verhungern.

Welche Wirkungen haben die Bilder der Verhungernden und Toten aus Afrika auf unsere Kauflust? Wie reagiert das „kauflustige“ deutsche Publikum auf die Flut des Elends, die in unsere Wohnstuben flimmert? Erst mal überrascht. Wie ein großer Dichter es einmal formuliert hat: „Das Elend der Welt ist größer als angenommen – und köstlicher der Wind!“ O Gott, die armen Menschen! Gut, dass es die Galas gibt. Also, kurze Erschütterung und dann – zahlen! Auf das angegebene Konto, am einfachsten mit Telebanking.

Die Kanzlerin aber hat schon gespendet. Auf unsere Kosten. Und bleibt die populärste Politikerin, auch in Griechenland und Portugal. Obwohl sie da oft mit Nazi-Armbinde und Hitlergruß dargestellt wird. Oder im letzten „Spiegel“ im Kampfanzug, als graue Marionette der Rüstungsindustrie . Doch der durchsichtige Versuch des „Spiegel“, von Steinbrücks Nebeneinnahmen abzulenken durch die vielen Fotos von Panzern, Flugzeugen und U-Booten, die Deutschland verkauft hat mit Merkels Segen, verpufft – sie bleibt die Mutti. Die Mutter einer seit dem Beginn der re-education an sich zweifelnden Nation. Wie „Bild“-Kolumnist Wagner der Kanzlerin schrieb: „Sie tragen vernünftige Schuhe, keine High Heels. Ihre Handtaschen kann sich jede Frau leisten. Niemand kann sich vorstellen, dass jemand einen Nerz um Ihre Schultern legt. Niemand kann sich vorstellen, dass Sie Stöckelschuhe tragen oder in eine Hotelsuite eingeladen werden. Ich glaube, das macht Ihre Beliebtheit. Es ist Ihre Unbestechlichkeit.“

Wenigstens das. Ist ja schon viel heutzutage. Mehr war nicht drin für das deutsche Volk. Die Deutschen – einschließlich ihrer rund sieben Millionen Gäste aus dem Morgenland und anderen Regionen – haben die Kanzlerin, die sie verdienen. Mit ihr und einer kleinen Spende können wir mit ruhigem Gewissen Weihnachten feiern. Die Rechnung kommt erst nach dem Fest.


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