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15.12.12 / Havellands Schlossgespenster / Gut Ribbeck sollte als Museum und Konzert-Ort glänzen. Jetzt legt die Kultur dort Zwangspause ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Havellands Schlossgespenster
Gut Ribbeck sollte als Museum und Konzert-Ort glänzen. Jetzt legt die Kultur dort Zwangspause ein

Dank eines Gedichts von Theodor Fontane ist Schloss Ribbeck bis weit über die Grenzen Brandenburgs bekannt. Wohl kaum einer, der nicht den Herrn Ribbeck zu Ribbeck im Havelland kennt, der laut Ballade die Kinder noch über seinen Tod hinaus mit den Früchten seines Birnenbaums beschenkte.

Seitdem das Schloss vor drei Jahren saniert wurde, sollte es die Landeskinder auch reichlich mit Kultur beschenken. Ein „kultureller Leuchtturm“ sollte es als Museums- und Konzertbetrieb werden. Doch statt Künstlern und Besuchern geistert dort jetzt nur das Schlossgespenst herum. Aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit hat die Betreibergesellschaft den Kulturbereich mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Schon Ende November wurden der bisherige Geschäftsführer, der Konzertpianist Friedrich Höricke, sowie alle Kultur- und Museumsmitarbeiter inklusive Hausmeister entlassen. Höricke war bereits der dritte Geschäftsführer der Schloss GmbH seit 2006, der mit einem anspruchsvollen Programm ein überregionales Publikum gewinnen wollte. „Das Problem lag im Spannungsfeld zwischen der Kultur und der Gastronomie, die als finanzielle Basis für den Konzertbereich dienen sollte“, erklärt Höricke. Trotz gehobener Küche gelang es nicht, genügend Restaurantgäste in die strukturschwache Landregion zu locken.

Da es an einer guten Bus- und Bahnanbindung mangelt, kamen nur an Wochenenden genügend Gäste. Wegen eines 30-prozenti­gen Umsatz­rück­gangs in der Gastronomie landete man bis Oktober bei einem Defizit von 45000 Euro. Dabei hatte Höricke in seiner kurzen Amtszeit alle Hebel in Gang gesetzt, um mit einem ansehnlichen Kulturprogramm auch genügend Restaurantgäste nach Ribbeck zu holen. Zum Tag der Deutschen Einheit wurde am Schloss ein Volksfest mit rund 4000 Besuchern gefeiert. Und zu den Kammerkonzerten, zu denen in den Veranstaltungssaal im ersten Stock des Schlosses bis zu 200 Zuhörer kamen, traten namhafte Künstler auf. Hörickes Kontakten im Musikgeschäft war es zu verdanken, dass beispielweise das Streichquartett der Wiener Philharmoniker als Freundschaftsdienst nur eine Mini-Gage verlangte.

Fürs nächste Jahr hatte Höricke bereits zwei hochkarätige Sinfonie-, sechs Kammerkonzerte und vier Ausstellungen geplant. Die entfallen jetzt ersatzlos. Der Landkreis Havelland, der 2005 beschlossen hatte, das während der DDR-Zeit als Pflegeheim genutzte Schloss in Eigenregie für rund 5,6 Millionen Euro auszubauen – unter anderem wurde ein Außenfahrstuhl entfernt und so das 1893 nach einem Brand wiederaufgebaute Schloss seiner ursprünglichen Form angepasst –, hat mit Robert Cardeneo jetzt den Kreisjustiziar aus den eigenen Reihen zum Geschäftsführer bestellt. Ob ein Verwaltungsbeamter tatsächlich der bessere Kulturmanager ist, wird von vielen bezweifelt.

Vorerst sind keine Veranstaltungen auf Schloss Ribbeck geplant. Im Internet findet sich auf der Homepage des Schlosses kein Hinweis auf ein Kulturprogramm. Außer Cardeneo sind im Schloss noch sechs Restaurantmitarbeiter und eine Buchhalterin beschäftigt. Offenbar sollen die 40000 Euro, die für das Kulturbudget zur Verfügung stehen, auch 2013 vom Landkreis weitergezahlt werden. Fraglich ist nur, wofür. Höri­cke hatte das Geld in erster Linie für den Kulturbetrieb verwendet. Künftig soll davon die Konzertorganisation durch auswärtige Agenturen finanziert werden.

Angesichts anhaltender Probleme, das Schloss aus seiner finanziellen Schieflage zu holen – schon vor einem Jahr gab es ähnliche Querelen – sieht sich Höri­cke als Bauernopfer in einem konzeptlosen politischen Spiel, ein museales Gebäude marktwirtschaftlich erfolgreich betreiben zu wollen. „Indem man die Kultur hier politisch zerstört hat, ist dem Haus ein dauerhafter Schaden zugefügt worden“, so Höricke.

Derweil sieht der in einem Nebengebäude lebende Carl Fried­rich von Ribbeck, ein Nachfahre des früheren Gutsherren aus dem Fontane-Gedicht, wie die Frucht der zarten Pflanze Kultur von politischer Hand zerquetscht wird. Im nächsten Jahr werden an den 16 Birnbäumen auf Schloss Ribbeck – für jedes Bundesland ist einer gepflanzt worden – wieder Früchte reifen. Mag das ein wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Schloss Ribbeck im Havelland geben. Harald Tews


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