27.04.2024

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15.12.12 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

das Jahr neigt sich so langsam seinem Ende zu, und es ist Zeit, Spätlese zu halten. Es hat sich so allerhand in unserem Familienkrepsch angesammelt, was bisher noch nicht zur Veröffentlichung kam, Suchwünsche nach Personen haben nun einmal Vorrang. Auch heute müssen wir mit einer Suchbitte beginnen, denn die möchte ich nicht auf die lange Bank schieben, weil Herr Günther Büttner aus Güstrow fast alle Möglichkeiten zu einer Klärung der bisher ungelösten Frage genutzt hat. Eben fast – denn jetzt sind wir dran, und können nur mit ihm hoffen, dass sich irgendwelche Hinweise auf das Schicksal seines vermissten Bruders ergeben. Es handelt sich um Bruno Büttner, *5. April 1930 in Barten, Kreis Rastenburg. Bis Oktober 1944 lebte der Oberschüler in Jorken, Kreis Angerburg. Dann begann die Flucht der kinderreichen Familie Büttner mit einem Pferdewagen über Barten und weiter bis kurz vor Landsberg, wo die Flüchtlinge im Gutshaus Weskeim von der Roten Armee eingeholt wurden. Die Familie wurde auseinander gerissen: Bruno wurde zusammen mit dem Vater und dessen Bruder Fritz von den russischen Soldaten abgeführt, die Mutter und acht Kinder kehrten nach Jorken zurück. Vater Büttner wurde bereits 1946 aus russischer Gefangenschaft entlassen, Mutter und Kinder durften erst Anfang 1947 in die damalige sowjetische Besatzungszone ausreisen. 1948 wurde Frau Büttner in die Russische Kommandantur in Güstrow beordert und dort zum Verbleib ihres Sohnes Bruno befragt, aber sie konnte keine Angaben machen. Einige Hinweise auf die erste Zeit nach der Verschleppung von Bruno gab dann ein Mitgefangener, Walter Tiedemann, dem es im März 1948 gelang, aus dem Lager Traussen zu fliehen. Bis dahin lässt sich das Schicksal des Vermissten verfolgen. Bruno Büttner war zuerst in das Sammellager Preußisch Eylau gekommen, in dem sich etwa 12000 Menschen befanden. Von dort aus wurden sie später in das Dorf Traussen im Kreis Gerdauen gebracht. Es handelte sich um eine Kolchose, in der jeweils rund 300 Männer und Frauen zusammengepfercht waren. Bruno musste dort im Wald arbeiten. Ab 1948 wurde die Lage etwas besser, als die Unterbringung der Gefangenen in kleinen Häusern mit je fünf bis acht Personen erfolgte, die sich selbst versorgen mussten. Im März 1948 gelang dann Walter Tiedemann die Flucht aus dem Lager. Auch Bruno hatte einen Fluchtversuch unternommen, er wurde aber von den russischen Bewachern dabei entdeckt und dafür schwer bestraft. Walter Tiedemann, der heute in Hagen/Westfalen lebt, konnte leider nicht aussagen, wie lange das Lager Traussen noch bestand. Es soll einer anderen Information zu Folge im Herbst 1948 zusammen mit den anderen Lagern aufgelöst worden sein. Ob Bruno Büttner noch bis zu diesem Zeitpunkt in Traussen war, konnte bisher nicht geklärt werden, auch nicht, wohin er nach der Auflösung kam. Die Familie hat somit keine Hinweise auf den weiteren Verbleib des Vermissten. So setzt Günther Büttner alle Hoffnung auf unsere Leserschaft, vor allem auf ehemalige Mitgefangene aus dem Lager Traussen. Schon einige Angaben, wohin die noch bis Herbst 1948 in dem Lager verbliebenen und noch nicht entlassenen Gefangenen gebracht wurden, könnten weiter führen. Bruno Büttner war bei der Lagerauflösung 18 Jahre alt. Wenn er in Traussen mit etwa Gleichaltrigen Kontakt hatte, ist es auch möglich, dass sich jemand von diesen damals jungen Mitgefangenen an Bruno Büttner erinnert. Wir hoffen jedenfalls für seinen Bruder, dass die lange Suche doch noch zum Erfolg führt. (Günther Büttner, Pustekowstrasse 29 in 18273 Güstrow, Telefon 03843/334053.)

Einen lieben Adventsgruß sandte mir ein alter, treuer Leser, Herr Gerhard Thal aus Ulm. Vor langer Zeit erschien im damaligen Ostpreußenblatt sein Suchwunsch nach Familienangehörigen, leider blieb er unerfüllt. Ob wir ihn noch einmal wiederholen könnten? Das wollen wir heute tun und hoffen, dass sich vielleicht jetzt ein Hinweis ergibt. Herr Thal sucht Nachkommen seines Großvaters Gustav Siebert aus Königsberg. Die Großeltern wohnten am Beydritter Weg 5-7, nur einige Häuser entfernt in Nr. 9 wohnte Sohn Walter mit seinem 1928/29 geborenen Sohn Günter, der nach der Vertreibung ab 1948 etwa zehn Jahre lang in der DDR bei der Volkspolizei war. Im Haus der Großeltern wohnte auch ein weiterer Onkel von Herrn Thal, Erich Siebert, der im Krieg gefallen ist. Mit Sicherheit gibt es Nachkommen der Genannten aus der mütterlichen Linie von Gerhard Thal – seine Mutter Charlotte ist eine geborene Siebert, von denen einige in der ehemaligen DDR leben dürften. Vielleicht meldet sich jetzt jemand aus dieser Königsberger Familie bei Herrn Thal, der sehr an seiner Vaterstadt hängt, wo er vor 81 Jahren am Fischmarkt – in dem Haus Holzstraße Nr. 5, in dem sich das Gasthaus Pflug befand – geboren wurde. 16-mal ist er schon nach der Vertreibung dort gewesen, im nächsten Jahr möchte er noch einmal hin, „um Heimatboden betreten zu können, den Heimathimmel über sich zu haben und in Gedanken am Ort die alten Straßen zu gehen“. (Gerhard Thal, Stifterweg 38 in 89075 Ulm, Telefon 0731/9508330.)

Das Hauptthema unserer Kolumne „Familiengeschichte“ könnte fast jede Ausgabe füllen – auch diese, und sie tut es. Unser aufmerksamer Leser Uwe Lapsien aus Beelitz wurde stutzig, als er in Folge 27 den Bericht von der Kirchenruine Lappienen/Rauterskirch las. Den alten Ortsnamen brachte er sofort mit seinem Familiennamen in Verbindung, über den er schon seit längerer Zeit forschte. Vor einigen Jahren besuchte er den Sohn eines samländischen Gutsbesitzers, bei dem sein Vater in Dienst gestanden hatte. Die für Herrn Lapsien sehr informative Unterhaltung über das Leben auf einem ostpreußischen Rittergut intensivierte sich noch in späteren Telefongesprächen. Dabei erzählte ihm sein Gesprächspartner, dass er auf einer alten ostpreußischen Landkarte ein Vorwerk mit dem Namen „Lapsienenhof“ gefunden habe. Jedoch wusste er nicht mehr genau, wo es gelegen habe. Auf jeden Fall im nördlichen Ostpreußen, vermutlich in der Elchniederung oder im Memelland. Nun meint Herr Lapsien, dieses Vorwerk könnte in der Nähe von Lappienen gelegen haben und wandte sich deshalb an uns. Ich konnte in meinen Güterverzeichnissen allerdings kein Vorwerk „Lapsienenhof“ finden. Wenn es überhaupt existiert hat, dürfte es schon vor längerer Zeit den Namen gewechselt haben. Sein Informant sprach ja auch von einer „alten“ ostpreußischen Landkarte. Es gibt mehrere Ortsnamen im nördlichen Ostpreußen mit „Laps“, was nicht verwunderlich ist, denn die Bezeichnung geht auf das prussische Wort „lape“ für Fuchs zurück. Soweit kann ich zur Klärung von Herrn Lapsiens Familiennamen beitragen. Die Frage, ob es früher ein Vorwerk „Lapsienenhof“ gegeben hat, muss ich allerdings an unsere Leserschaft weitergeben. (Uwe Lapsien, Trebbiner Straße 46 in 14547 Beelitz, OT Zauchwitz, Telefon 033204/63690, Fax 033204/63699.)

Wer allerdings mit Familiennamen „Fuchs“ heißt und aus Ostpreußen stammt, könnte bei seiner Familienforschung auf eine ganz andere Namensquelle stoßen, nämlich auf die französische Bezeichnung „Renard“ für den Meister Reinecke. Diese Auslegung kann ich einem Schreiben von Herrn Herbert Skroblin aus Wächtersbach entnehmen, der sich vor allem zu der Herkunft des Familiennamens „Schawaller“ äußerte. Nach meinen Unterlagen sollte dieser früher „Chevalier“ gelautet haben und hugenottischen Ursprungs sein. Weder noch – sagt Herr Skroblin und beweist es. Um 1712 wanderte ein Schawalder aus dem St. Galler Rheintal in die Gumbinner Gegend ein. Später wurde daraus Schawaller, und alle heutigen Namensträger sind Abkömmlinge dieses Siedlers. Zu ihnen gehört auch Herr Hans-Peter Schawaller aus Müllrose, auf den sich Herr Skroblin bezieht. Dieser hat mit viel Fleiß die Familiengeschichte der Schawallers erforscht und ist in Schweizer Archiven fündig geworden. Er konnte ihren Ursprung bis in das Jahr 1566 zurückverfolgen und auch zur Klärung des Namens beitragen: Er lautete ursprünglich Schonwalder nach dem Wald, der wegen Lawinengefahr „geschont“, also gepflegt wurde. Aber was haben die Schawallers mit dem Familiennamen Fuchs zu tun? Es geht um die vermeintliche Abstammung von den Hugenotten. Da mir schon öfters ähnliche Fragen gestellt wurden, bringe ich hier die kurze, aber sehr informative Stellungnahme von Herrn Skroblin zu diesem Thema: „Die Hugenotten kamen nach 1685 ins Land, also noch vor der Pest. Von ihnen wurden wenige in Altpreußen angesiedelt, sie waren zumeist nicht bäuerlicher Herkunft. Die meisten Zuwanderer mit französischem Namen wanderten ab 1710 aus der französischen Schweiz ein und siedelten in dem von der Pest ,wüst‘ gewordenen Land. Begünstigt wurde diese Siedlerwelle noch dadurch, dass die Bewohner von Neuchatel nach dem Tod ihres Fürsten 1707 den preußischen König als neuen Landesherren gewählt hatten. Der König holte sie gerne nach Preußen, denn von ihnen erhoffte er sich auch Verbesserungen in der Milchwirtschaft und im Obstbau. Die preußischen Beamten und Geistlichen beherrschten selten die französische Sprache, viele Familien ließen ihre Namen deshalb eindeutschen. Zu ihnen gehörten die Chevaliers, die sich sogleich Ritter nannten, oder auch Renard, die sich in Fuchs oder Voss umtauften. Wie man sieht, ist die Herkunft ostpreußischer Namen oft nicht leicht zu rekonstruieren!“ Und wird uns noch lange und immer wieder beschäftigen! Gut, dass wir dann Mithelfer wie Herbert Skroblin haben, der sich ja mit vielen Themen beschäftigt – siehe unseren Extra-Beitrag.

Und wieder werden unsere Leserinnen und Leser aufgefordert, ihre Erlebnisse und Erinnerungen für eine wissenschaftliche Arbeit zu dokumentieren. Es handelt sich um eine medizin-historische Doktorarbeit an der Berliner Charite zur Geschichte der Lungentuberkulose – Heilstätten in Nord- und Ostdeutschland zwischen 1856 und 1945. Herr Andreas Jüttemann aus Berlin, der derzeit an seiner Doktorarbeit schreibt, sucht nun Menschen aus unserer Heimat, die Bezug zu ostpreußischen Heilstätten haben. Wir haben ja bereits nach Patienten und Mitarbeitern der Heilstätte Lochstädt gesucht und sehr guten Erfolg gehabt. So kann ich Herrn Jüttemann schon einmal das Material, das ich bekommen habe, zur Verfügung stellen. Meine Hoffnung, dass sich auch für die weiteren, von ihm namentlich gesuchten Heilstätten Informanten finden, ist also durchaus berechtigt. Es handelt sich um die Heilstätten Hohenstein, Allenstein-Frauenwohl, Rossitten, Tilsit-Stadtheide und Bromberg-Marienthal, über die Belege und Unterlagen gesucht werden wie Ansichtskarten, Briefe, Bücher und Erinnerungen von Mitarbeitern und ehemaligen Kurpatienten. Herr Jüttemann ist über seine Doktorarbeit hinaus sehr an Ostpreußen interessiert. So erarbeitet er einen Architekturführer über das Berliner Ostpreußenviertel mit alten Ansichten ostpreußischer Städte. Ein interessantes Projekt, auf das wir noch zurückkommen werden. (Andreas Jüttemann, Schloßstraße 12 in 14059 Berlin, Telefon/Fax 030/80403390, http://andreas.juettemann.org)

Ansichtskarten: Ich bekam zwei wunderschöne alte Aufnahmen von Cranz mit der herrlichen Brandung zugesandt, herzlichen Dank dafür. Anlass für die Übersendung war die von mir in Folge 45 erwähnte Prospekt-Mappe, die Herr Görlitz für mich angefertigt hatte. Die darin enthaltene Panoramakarte hat Frau Ingeborg Winkler aus Meppen veranlasst, um eine Kopie zu bitten, da sie hofft, auf ihr das „Hotel Königsberg“ und das „Hotel Elch“ zu finden, beide Häuser gehörten ihrem Vater. Für unsere heutige Ausgabe habe ich aber eine andere Aufnahme aus dem Prospekt gewählt, die aufzeigt, wie ein echter ostpreußischer Winter war: Es ist der vereiste Cranzer Seesteg!

Eure Ruth Geede


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