28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
15.12.12 / Von Weepers nach Wieprz / Autorin und Bürgermeisterin auf den Spuren der Familie Preuß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Von Weepers nach Wieprz
Autorin und Bürgermeisterin auf den Spuren der Familie Preuß

Wieprz, wie das Dorf heute heißt, liegt südlich von Saalfeld am Geserichsee. Bevor es seinen jetzigen Namen erhielt, hieß es prußisch Weepern, deutsch Weepers und polnisch Wilczaki. Seit der Zeit, bevor die Ritter des Deutschen Ordens kamen, lebte die Familie Preuß an diesem Ort – 800 Jahre lang. Die letzte hiesige Vertreterin der Familie Edelgard Hermann, geborene Preuß, starb vor drei Jahren. Ihre Lebenserinnerungen hat Dorota Pasko-Sawczynska, die Bürgermeisterin des nahe gelegenen Dorfes Motitten, aufgezeichnet und als Buch herausgegeben.

Im letzten Kapitel zitiert Dorota Pasko-Sawczynska einen Hinweis von Edelgard Preuß auf die Familiengeschichte: „Meine Vorfahren hatten schon in der Zeit vor den Kreuzrittern das Recht, auf dem Geserichsee Fische zu fangen.“ Das war auch noch zu ihren Lebzeiten so. Die Familie siedelte Fischer an und baute ihnen, wie damals üblich, Häuser. Eines dieser Fischerhäuser wurde Edelgard Preuß vom Ehepaar Herold, das bei ihren Eltern angestellt war, überschrieben. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg und den Enteignungen, die ihr Leben vollkommen geändert hatten. In diesem Haus verbrachte sie ihren Lebensabend, und dort begegneten einander Edelgard Preuß und ihre Biografin.

Das Buch „Von Weepers nach Wieprz. Der Lebensweg des Fräulein Preuß“ hat seinen Beginn in einem Zufall. „Wie viele interessante Dinge“, ergänzt Dorota Pasko-Sawczynska, „ein Gast meines agrotouristischen Hofes hat mich auf Edelgard Preuß aufmerksam gemacht, die ich bis dahin noch nicht kannte. Ich habe ihm selbst gebackenes Brot und Konfitüre für sie mitgegeben.“ Dem Dank für die Gaben folgte eine Einladung und später jahrelange Gespräche, die das Material lieferten, aus dem das Buch entstand.

Das Fischerhaus war ein wichtiger Punkt des Ausfluges auf den Spuren von Edelgard Preuß, der im Rahmen der Präsentation des Buches im Herbst organisiert wurde. Von dort hatte Edelgard Preuß einen wunderbaren Ausblick über den Geserichsee auf die Insel Bukowitzwerder, die einmal ihrer Familie gehörte und ihr nach der Enteignung kurze Zeit als Wohnort diente, einen Blick auf die dortige Fluchtburg der Prußen, in deren ringförmiger Anlage vier, früher fünf, Holzkreuze Gräber vom Ende des Zweiten Weltkriegs anzeigen. Dort liegen unter anderem eine Frau Preuß aus Insterburg und Stefan, ein ehemaliger Offizier der zaristischen Armee und Zwangsarbeiter bei der Familie Preuß. Ein deutscher Soldat, der im See eingefroren von Edelgard Preuß´ Vater gefunden und dort begraben wurde, wurde inzwischen auf den Friedhof in Bartossen überführt.

Es sind solche Details, die den Ausflug und das Buch so wertvoll machen. Zwar konnte kein Mitglied der Familie Preuß zur Vorstellung des Buches kommen, doch mit der aus Weepers stammenden Hilda Kłosinska war eine Zeitzeugin dabei, die Edelgard Preuß persönlich gekannt hatte. Sie ergänzte mit ihrem Wissen die Erklärungen vor Ort um interessante Einzelheiten.

Das große Interesse der jetzigen Bevölkerung an der Geschichte ihrer Region, wie sie am individuellen Schicksal von Edelgard Preuß deutlich wird, zeigte sich an der regen Teilnahme. Etwa 60 Personen waren gekommen, überwiegend aus der Gemeinde, aber auch Vertreter des regionalen polnischen Fernsehens. Das auf polnisch und deutsch erschienene Buch soll dabei helfen, eine regionale Identität schaffen, die vielen heutigen Bewohnern des Dorfes fehlt. Dazu soll auch ein geplanter Pfad auf den Spuren von Edelgard Preuß beitragen.

Für Edelgard Preuß selber war ihre Identität klar, wie der Schluss des Buches von Dorota Pasko-Sawczynska zeigt: „Ich bin keine Deutsche – wenn ich eine wäre, würde ich schon lange in Deutschland wohnen. Aber das ist nicht mein Land. Ich bin auch keine Polin, obwohl ich in Polen wohne. Meine Familie stammt von den Prußen ab. Ich bin ganz einfach von hier – aus Wieprz, Weepers, oder vielleicht sogar aus Wepern?“  Uwe Hahnkamp

Dorota Pasko-Sawczynska „Von Weepers nach Wieprz. Der Lebensweg des Fräulein Preuß“, Matyty 2012


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren