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15.12.12 / Gelebte Freundschaft / Eisenbahnbeamter schildert seine Erfahrungen mit Amerikanern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Gelebte Freundschaft
Eisenbahnbeamter schildert seine Erfahrungen mit Amerikanern

Siegfried Kugies aus dem hessischen Trebur im Kreis Groß-Gerau hat die deutsch-amerikanische Freundschaft gelebt und lebt sie immer noch, was besagt, dass diese Freundschaft gegenseitig ist: Sie wird von den US-Freunden des gebürtigen Ostpreußen bis heute herzlich erwidert. Grundlage dafür waren ausgezeichnete Englischkenntnisse, die Kugies während seiner Kriegsgefangenschaft in den USA und Wales erworben hatte, ferner seine berufliche Laufbahn bei der Deutschen Bundesbahn und nicht zuletzt sein Naturtalent als „Netzwerker“. In seiner Autobiografie mit dem Titel „Der ostpreußische Eisenbahner und die Amerikaner“ blickt Siegfried Kugies zurück auf ein bewegtes Leben als Eisenbahnbeamter, Ehemann, Vater und Großvater, viele Reisen, internationale Kontakte und ehrenamtliche Tätigkeiten, die von großem sozialem Engagement und Bürgersinn zeugen. Das Buch enthält auch einige ins Englische übersetzte Kapitel. Zur Buchvorstellung in Trebur war auch der inzwischen 90-jährige Colonel Gail Halvorsen aus den USA angereist. Mit ihm verbindet den Autor seit der Berliner Luftbrücke von 1948/49 eine mehr als 60-jährige Freundschaft: Auch Siegfried Kugies war an der Luftbrücke beteiligt, da er als Eisenbahnrangierer zu einer Abordnung auf dem Bahnhof Walldorf gehörte, die Kesselwagen mit Flugbenzin auf der Rhein-Main Air Base der US-Luftwaffe bereit stellte.

Am 3. Oktober 1926 kam Siegfried Kugies in Eschingen im Kreis Angerapp zur Welt. Sechs Jahre später übernahmen seine Eltern einen größeren Hof in Klein-Budschen im Kreis Angerburg. Der Autor besuchte noch die Hindenburgschule in Angerburg, heute Wegorzewo, als er 1944 mit 17 Jahren zur Waffen-SS einberufen wurde. Im Januar 1945 geriet er während der Ardennenoffensive in US-amerikanische Gefangenschaft. Ausführlich schildert er seine Erlebnisse während der fast vierjährigen Kriegsgefangenschaft in den USA, Belgien und Wales, wo es ihm während seines fast zweijährigen Arbeitseinsatzes auf einem Bauernhof sehr gut ging. Im April 1948 kehrte er heim zu Eltern und Geschwistern, die nach ihrer Flucht aus Ostpreußen in Trebur lebten. Der Ort wurde seine zweite Heimat. Kugies begann eine Ausbildung bei der Reichsbahn, heiratete Rosel Jäger aus ortsansässiger Familie und baute ein Haus. Eine wichtige Etappe seines beruflichen Aufstiegs bei der Deutschen Bundesbahn war die Ernennung zum Abteilungsleiter Verkehr in Walldorf 1961. 1974 wechselte er zur Bundesbahndirektion Frankfurt/Main in die Abteilung für Touristik, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marktbereich US-, Kanadische und Britische Streitkräfte. Unter anderem organisierte er die beliebten „Recreation Specials“, Freizeitunternehmungen für Soldaten und ihre Familien, die in Europa Land und Leute kennenlernen sollten. „Siegy“, wie ihn die Amerikaner nannten, veranstaltete und moderierte auch über 50 Konzerte mit amerikanischen Militärorchestern.

Der Autor betont, er habe nicht nur zwischen den Sprachen vermittelt, sondern zwischen den Menschen, denn vor allem Kommunikation trage zur Völkerverständigung bei. Mit einer Feier anlässlich seines 40. Dienstjubiläums und der Verleihung einer besonderen Auszeichnung würdigten die US-Streitkräfte 1990 Kugies‘ Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft. Seit 1977 Mitglied der Treburer Gemeindevertretung, war Siegfried Kugies 1981 bis 1997 Gemeinderatsvorsitzender und ist heute Ehrenvorsitzender der Gemeinde Trebur.

Doch damit nicht genug: Als Seniorenbeauftragter der Stiftung Bahnsozialwerk in seiner Region führte er bis 2008 30 Senioren-Seminare durch, organisierte Senioren-Tanzveranstaltungen, plante und begleitete Reisen für die Treburer Vereine und gründete den Obst- und Gartenbau-Verein neu. Weiterhin sammelte Siegfried Kugies für die Deutsche Gesellschaft Mauersee und die Johanniter-Sozialstation im heute polnischen Angerburg Medikamente und Hilfsmittel, die er bei seinen Besuchen mitbrachte, und förderte den Schüleraustausch zwischen Trebur und einem Ort in Ostpreußen. Für seinen vorbildlichen ehrenamtlichen Einsatz wurde ihm 1990 vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande verliehen. 2011 erhielt Siegfried Kugies den Angerburger Kulturpreis des Landkreises Rotenburg/Wümme, worüber die PAZ bereits vor einem Jahr kurz berichtet hat. Die Begründung des Kuratoriums lautete: „Das Buch von Siegfried Kugies ist eine optisch gelungene, illustrierte, ausführliche Darstellung des Lebenslaufes eines Angerburgers. In seiner neuen Heimat gelang es ihm besonders für die Völkerverständigung zu wirken.“ Dagmar Jestrzemski

Siegfried Kugies (Mitwirkende bei der Ausführung: Else Kraft, Dr. Peter Roth): „Der ostpreußische Eisenbahner und die Amerikaner“, Manufaktur für Biografien & Firmenchroniken, Heppenheim 2011, kartoniert, 456 Seiten, 20 Euro


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