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15.12.12 / Apokalypse bald? / Laut Prophezeiung eines Dresdener Maya-Kalenders stirbt am 21. Dezember die Welt – wenn man sich dabei nicht verrechnet hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Apokalypse bald?
Laut Prophezeiung eines Dresdener Maya-Kalenders stirbt am 21. Dezember die Welt – wenn man sich dabei nicht verrechnet hat

Nostradamus mit seinen Katastrophen-Vorhersagen ist von gestern. Jetzt redet alles von einer alten Maya-Handschrift, die uns eine nicht gerade rosige Zukunft verspricht. Ginge es nach ihr, könnten wir uns die Weihnachtseinkäufe sparen: Das Fest fällt aus!

Spätestens seit dem Kinostart von Roland Emmerichs Film „2012“ vor drei Jahren geht die Angst um, am 21. Dezember 2012 könnte vielleicht tatsächlich irgendwie die Welt untergehen – sei es durch den Ausbruch eines Supervulkans im Yellowstone-Nationalpark oder den Einschlag von „Killerasteroiden“ aus den Tiefen des Alls, sei es wegen des Umstandes, dass sich zur Wintersonnenwende ein „Sternentor“ öffnet, durch das die tödliche Strahlung aus dem dunklen Zentrum der Milchstraße auf unsere Erde trifft. Auf jeden Fall aber wird in seltener Einmütigkeit kolportiert, das zentralamerikanische Volk der Maya hätte diese Apokalypse mittels seines Kalenders bereits vor langer Zeit auf den Tag genau vorhergesagt. Das behaupten vor allem Esoteriker vom Schlage eines José Argüelles, dessen wirres Buch „The Mayan Factor“ 1987 den Grundstein für die heutige Panik legte, und so vermittelt es auch der Streifen Emmerichs, welcher von der US-Weltraumbehörde NASA freilich nicht ohne Grund zum absurdesten Science-Fiction-Film aller Zeiten gekürt wurde.

Tatsächlich nämlich haben die Maya niemals einen Weltuntergangstermin kalendarisch fixiert. Vielmehr endet am 21. Dezember 2012 einfach nur der 13. Baktun ihrer Zeitrechnung, also eine Periode von 394 Jahren, welche Teil sehr viel größerer Zyklen ist, die im Extremfall eine fast unendliche Zahl von Jahren umfassen. Nur zur Verdeutlichung: Der absolute Nullpunkt der „Langen Zählung“ aller Tage seit Bestehen des Universums liegt im Jahre 28285978483664581446157328241745 v. Chr.! Der kalendertechnische Übergang vom 13. zum 14. Baktun ist also völlig unspektakulär und unterscheidet sich bloß da­durch von anderen derartigen Terminen, dass der angebliche Starttag der ge­genwärtigen, vierten Schöpfung, der nach Meinung der Maya im Jahre 3114 v. Chr. gelegen habe, den gleichen Zahlenwert aufweist. Das jedoch resultiert einfach aus der ungewöhnlichen Zählweise des Steinzeitvolkes in Achtzehn- beziehungsweise Zwanzigerschritten und stellt keine Prophezeiung dar.

Ebenso ist es unsinnig anzunehmen, der Kalender sei eine Art „Zeitzünder“, der in einem vorherbestimmten Moment die Apokalypse auslöse. Der Zweck des Mayakalenders lag einzig und allein in der Legitimierung der Macht der Gottkönige, indem er suggerierte, die Herrscher stünden im Dienste des heiligen Prinzips Zeit. Zudem existieren auch mehrere Datumsangaben der Maya, welche Zukunftstermine betreffen, die weit nach dem

21. Dezember 2012 liegen. So weist eine Hieroglyphentafel in Palenque schon auf das kommende große Herrschaftsjubiläum von König Pacal am 21. Oktober 4772 n. Chr. hin! Und ein beschrifteter Knochen aus den Königsgräbern im guatemaltekischen Tikal trägt sogar ein Datum, das dem Jahre 9898 unserer Zeitrechnung entspricht. Dies sind klare Belege dafür, dass die Maya mitnichten von einem Weltende 2012 ausgingen. Andere Endzeitpropheten wiederum verweisen in ihrer Argumentation auf die Inschrift in der mexikanischen Ruinenstätte El Tortuguero, welche für den

21. Dezember 2012 die Wiederkehr des „vom Himmel herabsteigenden Gottes“ Bolon Yokte ankündigt (was den „Ufologen“ Erich von Däniken flugs dazu inspirierte, diesen als Außerirdischen zu deklarieren, der bereits im Jahre 931449 v. Chr. in Mittelamerika für allerlei Kulturbereicherungen gesorgt habe). Jedoch sind die entsprechenden Zeichen allesamt stark erodiert, wodurch die Lesung problematisch ist. Außerdem berichtet der Codex Dresdensis, eine der drei weltweit noch erhaltenen Mayahandschriften, von regelmäßig wiederkehrenden Auftritten des Gottes an jedem Übergang von einem Katun zum anderen, mithin also alle 7200 Tage: „Es endete der Katun, es gibt Tod und Erdbeben, es ist der Sommer von Bolon Yokte, ... dem Herrn des Feuers von Su. Schmerz ist den Menschen, Elend den Ländern und den Städten.“ Daraus kann man klar ersehen, dass Bolon Yokte keineswegs als Auslöser eines singulären Weltuntergangs galt, sondern als Gott, der mit den wiederkehrenden lokalen Katastrophen in Verbindung gebracht wurde, wie sie für die Region typisch waren und noch immer sind.

Und auch die letzte Seite des Codex Dresdensis mit ihrer be­rühmten Flutszene, die neuerdings recht häufig als Ankündigung der Apokalypse vom

21. Dezember 2012 interpretiert wird, gibt keinen wirklich brauchbaren Hinweis her. Zwar schütten das Große Himmelskrokodil und die Göttin Chak Chel hier in der Tat gewaltige Mengen Wasser auf die Erde, aber aus dem Kontext der vorhergehenden Ausführungen ergibt sich zweifelsfrei, dass es dabei um Überschwemmungen geht, die alle fünf Jahre auftreten, und zwar als Folge eines der Hurrikans, welche die mexikanische Halbinsel Yucatan in böser Regelmäßigkeit heimsuchen.

Angesichts all dessen sind wir gut beraten, wenn wir auch 2012 unsere üblichen Weihnachtseinkäufe tätigen, statt den Keller mit Konserven, Wasserflaschen und allerlei überteuerten „Survival“-Utensilien vollzupacken. Die wirklichen Gefahren für unser Wohl und Wehe lauern sicher anderswo als im Mayakalender! Wolfgang Kaufmann


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