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15.12.12 / Kabarettist beobachtet Polen / Unterschiede zwischen den Nachbarn humorvoll in Szene gesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-12 vom 15. Dezember 2012

Kabarettist beobachtet Polen
Unterschiede zwischen den Nachbarn humorvoll in Szene gesetzt

Wo man sich melden müsse, um die polnische Staatsangehörigkeit zu bekommen, ist für den polnischen Schaffner Mirek in Steffens Möller Werk „Expedition zu den Polen“ ganz klar: „Beim Psychiater. Wer will denn die polnische Staatsangehörigkeit haben? Nur Debile.“ Der Leser muss nun unfreiwillig schmunzeln, wie an vielen Stellen des Buches. Denn auch wenn die Polen es nicht glauben wollen, tatsächlich wandern sehr viele Deutsche ins Nachbarland aus. Laut Statistiken ist es das drittbeliebteste Auswanderungsland der Deutschen. Die polnische Kultur und Lebensweise hat allerdings ihre Tücken, und wer könnte sie besser kennen, als der bekannteste deutsche Gastarbeiter in Polen: Steffen Möller. .

Vor 17 Jahren reiste er das erste Mal nach Krakau, um dort die Sprache zu lernen. Nun ist er in beiden Ländern als Kabarettist unterwegs und beschäftigt sich in seinen Programmen mit den deutsch-polnischen Unterschieden. So ist auch das Buch, das er als eine Art interkulturelle Einführung in die Lebensweise der Polen versteht, gespickt mit viel Ironie, allerdings der sympathischen Art, ohne die deutsche oder die polnische Seite zu verletzen.

Um den Leser auf den Kulturschock Polen vorzubereiten, lädt uns der Autor zu einer Reise mit dem Intercity Express Berlin-Warschau ein. Ganz langsam verlassen wir mit ihm Deutschland und begeben uns in das Unbekannte. Nach und nach wird dem Leser klar, warum es immer wieder zu Missverständnissen zwischen den beiden Ländern kommt, dabei betätigt sich Möller als Anthropologe und guter Beobachter. Man erfährt, warum die Polen einen für verrückt halten, der die polnische Staatsangehörigkeit wünscht – ganz klar die Polen hassten ihren Staatsapparat. Auch wenn der nicht mehr kommunistisch ist, so sei er korrupt und durchweg faul geblieben. Und doch lieben sie ihr Land mit ganzem Herzen. Laut einer Umfrage sind die Polen viermal so glücklich wie die Deutschen. Fährt man jedoch mit Steffen Möller im Intercity, so begegnet man vielen mürrischen Menschen. Denn die Polen praktizierten zu gern das „negative thinking“. Die Standardantwort auf die Frage „Wie geht’s?“ ist nicht etwa „gut“, sondern „stara bieda“, was sinngemäß vom Autor als „beschissen wäre geprahlt“ übersetzt wird. Denn die glück-lichsten Menschen Europas lebten in einem schlechten Staat, daher dürfte man in der Öffentlichkeit nur jammern.

Es gibt noch viel mehr verwirrende polnische Eigenheiten, denen sich der Autor in seinem Buch mit viel Witz widmet. So hassten sie es Monate im Vorfeld zu planen, seien misstrauisch und verfolgten selten irgendwelche Regeln, dafür liebten sie es zu improvisieren, seien sehr emotional, überschütteten sich gegenseitig mit Komplimenten. Somit seien sie in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von den Deutschen. Solange man diese Tatsache beherzigt – das lernt man in Möllers Buch − wird man wunderbar mit den Macken des jeweils anderen zu Recht kommen und kann sie sogar häufig als charmant empfinden.

Als gebürtige Polin wie im Falle der Rezensentin muss man wahrscheinlich noch mehr bei der Lektüre lachen, als wenn man gar keinen Bezug zu Polen hat, auf jeden Fall lernt man die Polen ganz anders kennen. Beschwingt führt Möller die Leser durch 288 Seiten, in denen sich nicht nur Anekdoten, Beobachtungen und sicherlich auch ein paar überzogene Klischees, sondern auch einige Statistiken und Zahlen wiederfinden – eine gute Mischung eben. Daher ist es ein schönes Buch für Polenhasser und -Liebhaber gleichermaßen. Anna Gaul

Steffen Möller: „Expedition zu den Polen − Eine Reise mit dem Berlin-Warszawa-Express“, Malik Verlag, München 2012, geb., 288 Seiten, 14,90 Euro


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