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22.12.12 / Athen hält Tafelsilber zurück / Erdgas- und Erdölvorkommen spielen bei Griechenland-Rettung keine Rolle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-12 vom 22. Dezember 2012

Athen hält Tafelsilber zurück
Erdgas- und Erdölvorkommen spielen bei Griechenland-Rettung keine Rolle

Nachdem Griechenland mehr als 380 Milliarden Euro an Hilfen erhalten hat, verdichten sich die Hinweise, dass das Land über beachtliche Rohstoffvorkommen verfügt. Während die deutschen Steuerzahler wahrscheinlich noch längere Zeit für die Kosten der Euro-Rettungsversuche zu Kasse gebeten werden, kann sich Griechenland künftig auf sprudelnde Einnahmen freuen.

Was bisher schnell als bloßes Stammtisch-Gerücht abgetan werden konnte, wird inzwischen zum ernsthaften Thema in den Wirtschaftsnachrichten: Griechenland sitzt vermutlich auf beachtlichen Vorkommen von Erdöl und vor allem Erdgas. Der momentan de facto bankrotte Staat, der nur noch mit fremder Hilfe über die Runden kommt, hätte möglicherweise das Potenzial, sich selbst zu helfen.

Bereits im November hat sich die Deutsche Bank in einer Studie vor allem mit den Erdgasvorkommen beschäftigt, die südlich der griechischen Insel Kreta vermutet werden. Nach ersten Schätzungen kann die griechische Wirtschaft durch die dort erwarteten Vorkommen Gesamteinnahmen von bis zu 427 Milliarden Euro erzielen, so die Prognose der Bank. Deutlich höher schätzt der renommierte Geologe Antonis Foscolos von der Technischen Universität Kreta die Vorkommen ein. Er und zwei seiner Kollegen haben Griechenlands Premier Antonis Samaras eigene Forschungsergebnisse vorgelegt, die noch über die Prognosen der Deutschen Bank hinausgehen. Öl- und Gasvorkommen könnten nach ihren Schätzungen allein dem griechischen Staat über einen Zeitraum von 25 Jahren rund 600 Milliarden Dollar einbringen.

So utopisch die Voraussagen zum Gasreichtum im Seegebiet um Kreta angesichts der Lage Griechenlands momentan auch klingen, sie haben einen sehr realen Hintergrund. Anders als im Fall von Polen, wo sich die Träume von gewaltigen Erdgasvorkommen immer mehr in Luft auflösen, sind gleich an mehreren Stellen des Mittelmeers große Erdgasvorkommen bereits entdeckt worden oder sie werden sogar bereits gefördert.

Im Hinblick auf Griechenland ist die Entwicklung der zypriotischen Erdgasvorkommen aufschlussreich. Im sogenannten Levantebecken zwischen der israelischen und zypriotischen Küste wurde bereits im Jahr 2010 in einem ersten Gebiet die Erdgasförderung aufgenommen, aktuell läuft die internationale Ausschreibung für weitere 13 Felder, die der Republik Zypern bald reichliche Einnahmen bescheren werden. Parallel zu den Verhandlungen, welche Förderunternehmen künftig vom Rohstoffreichtum profitieren sollen, stehen aktuell noch andere Verhandlungen auf der Tagesordnung: die über ein Rettungspaket für Zypern.

Die Länder der Euro-Zone sollen demnächst an die Republik Zypern mit ihren nicht einmal 800000 Einwohnern mehr als 17 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds ESM überweisen, so der aktuelle Stand. Bisher deutet nichts darauf hin, dass die zu erwartenden Einnahmen aus der anlaufenden Erdgasförderung Zyperns bei den Verhandlungen zum Rettungspaket ernsthaft eine Rolle spielen. Von der Verpfändung der Einnahmen bis zur Lizenzvergaben an Firmen der kreditgebenden Länder wäre einiges denkbar.

Ähnliches dürfte sich im Fall Griechenlands wohl wiederholen, falls dort die Erdgasförderung in Gang kommt. Vielsagend ist bereits der zeitliche Ablauf rund um die Erkundung der Vorkommen bei Kreta: Sie kommen erst in Gang, nachdem Griechenland ganz massiv auf die Hilfe von außen zurückgegriffen hat. Erst als zwei Rettungspakete samt Schuldenschnitt für Privatgläubiger unter Dach und Fach waren, wurde die systematische Erkundung der Erdgasvorkommen um Kreta in Auftrag gegeben. Nach Angaben der EU-Kommission vom April hat Griechenland während seiner Krise Auslandshilfen von 380 Milliarden Euro erhalten – in der Form von Beihilfen und Krediten oder durch den Schuldenerlass durch private Gläubiger. Erst Mitte des Jahres 2012 hat das norwegische Unternehmen Petroleum Geo-Services von der griechischen Regierung den Auftrag zur systematischen Erkundung erhalten. Während die Ergebnisse der Untersuchung für das kommende Jahr erwartet werden, kann der griechische Fiskus um das Jahr 2020 mit ersten Einnahmen aus der Erdgasförderung rechnen, so die Deutsche Bank.

Mit der zeitlichen Prognose dürfte sich im Fall Griechenlands wiederholen, was sich aktuell in Zypern abzeichnet: Für die Schuldenberge werden die Steuerzahler des übrigen Europas herangezogen, die Einnahmen durch Rohstoffe fließen dagegen in private Hände oder helfen als staatliche Einnahmen verkrustete Strukturen weiter zu konservieren. Den größten Realitätsinn dürfte in diesem Zusammenhang wohl Finnland bewiesen haben, dass für seine Beteiligung an Rettungsgeldern für Griechenland Pfandleistungen als Bedingung gemacht hat.

Künftiger Konfliktstoff verbirgt sich allerdings noch auf einem anderen Gebiet. Mit Blick auf den hochgerüsteten Nachbarn Türkei hat es Griechenland in der Nordägais bisher unterlassen, seine ausschließliche Wirtschaftszone (200-Meilen-Zone) im Seegebiet genau zu definieren. Genauso wenig hat Athen allerdings für eine Abgrenzung in den Gewässern südlich von Kreta gegenüber Libyen und Ägypten gesorgt. Norman Hanert


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