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22.12.12 / Josef, der Mann im Schatten / Der Stiefvater von Jesus Christus war ein Held: Er nahm üble Nachrede, Flucht und Armut in Kauf – alles zum Wohl seines Sohns

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-12 vom 22. Dezember 2012

Josef, der Mann im Schatten
Der Stiefvater von Jesus Christus war ein Held: Er nahm üble Nachrede, Flucht und Armut in Kauf – alles zum Wohl seines Sohns

Während die Jesus-Mutter Maria angebetet wird, ist vom Stiefvater Josef nur selten die Rede. In vielen Krippenbildern steht er meist abseits im Hintergrund. Dabei hat er viel Uneigennütziges geleistet.

Weihnachten sei an sich eine Ungeheuerlichkeit, sagte kürzlich der katholische Journalist Matthias Matussek in einem Interview: „Gott wird Mensch, was für eine Erschütterung! Nicht nur unsere Zeitrechnung zeugt davon.“ Die dramatische Zeitenwende vor 2000 Jahren werde aber heute von Bergen von Geschenken, Zuckerwatte und Glühwein zugeschüttet, dabei stehe im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes kein rührseliges Geschehen, sondern die ziemlich unheilige Wirklichkeit dieser Welt.

Will man der Wahrheit von damals auf die Spur kommen, befragt man am besten in der Regel Zeugen, die unmittelbar bei einem Geschehen dabei waren; sind solche Zeugen bereits tot, bieten sich die Berichte von Augenzeugen an. Der heilige Josef, der Stiefvater von Jesus Christus, ist solch ein Zeuge, da er aus unmittelbarer Nähe die Schwangerschaft seiner Verlobten Maria, die Geburt in Bethlehem und die Flucht nach Ägypten miterlebte. Was berichtet der Evangelist Matthäus, ein Augenzeuge der ersten Stunde, im Neuen Testament darüber?

Als Josef hörte, dass seine Verlobte Maria ohne sein eigenes Zutun schwanger geworden war, erschien ihm das zunächst als Skandal. In der damaligen Zeit durften sich Verlobte nicht „berühren“, das war der Zeit nach der Hochzeit vorbehalten. Wenn eine Verlobte dennoch schwanger wurde, hatte der Verlobte nach jüdischem Gesetz das Recht, diese Frau entweder zu verstoßen oder sogar ihre öffentliche Steinigung zu verlangen. Was tat Josef? Der Evangelist Matthäus berichtet, dass Josef Maria nicht „bloßstellen“, sondern nur sich „in aller Stille“ von ihr trennen wollte. Doch dann erschien ihm im Traum ein Engel, der Josef erklärte, dass dieses Kind heilig, vom „Heiligen Geist gezeugt“ sei, und den Namen „Jesus“ tragen solle (Matthäus, 1,19-21); ein hebräischer Name, der übersetzt bedeutet: Gott heilt (die Krankheiten), Gott erlöst (das Volk von seinen Sünden). Aber wer gibt schon etwas auf Träume, wenn die Realität so bitter erscheint?

Josef folgte der göttlichen Weisung, trennte sich nicht wie geplant von Maria; kein leichter Schritt für einen ehrenwerten Handwerksmeister, der einen Zimmereibetrieb in Nazareth führte. Schließlich stand seine Ehre auf dem Spiel. Die Geschichte von der Schwängerung durch den Heiligen Geist konnte Josef keinem in seiner Umgebung glaubhaft machen. So schwieg er einfach zu dem wahrscheinlich bösen Gerede einer Kleinstadt. Ein offenbar typisches Kennzeichen von Josef: auf eine so unpassend erscheinende Nachricht reagiert er besonnen, vertraut der im Traum empfangenen Weisung mehr als dem Gerede der Leute und handelt entschlossen, weil er das für wahr und wirklich hält, was andere Menschen als „Träume und Schäume“ abtun.

Als dann das Kind im Stall von Bethlehem geboren war, gab Josef seinem Stief- oder Adoptivsohn den Namen „Jesus“. Kurz nachdem auf dem Hirtenfeld vor dem Stall mit dem neugeborenen Gotteskind die Engel gesungen und die Menschen das Wunder dieser Geburt gepriesen hatten, kam es zu einer erneuten dramatischen Situation. Drei Könige oder Weisen aus dem Morgenland überbrachten ihre Geschenke, während der verschlagene König und Diktator Herodes einen Kindermord befahl, um einen vermeintlichen Thronkonkurrenten aus dem Weg zu räumen. Wieder erschien Josef, berichtet Matthäus, ein Engel im Traum und gibt ihm einen abenteuerlich wirkenden Auftrag: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten …“ Wieder gehorcht Josef dieser inneren Stimme, bricht mitten in der Nacht auf und reiht sich in die große Schar derer ein, die aus politischen oder religiösen Gründen aus ihren Heimatländern vertrieben werden oder fliehen müssen. Wieder handelt der Mann Marias entschlossen, nimmt die Risiken einer ungewissen Flucht durch die Wüste Sinai, den Aufenthalt als Asylant in einem fremden Land auf sich, wo die heilige Familie dann bis zum Tod des Königs Herodes bleibt. Eine Flucht mit Konsequenzen, denn der Handwerksbetrieb in Nazareth verwaiste in der Zwischenzeit; die Familie war mittellos, vielleicht konnte sich Josef als geschickter Handwerker in Ägypten verdingen, doch darüber gibt es keine Berichte.

Merkwürdig: Eigentlich sollten die Menschen jubeln, dass Gott endlich auf die Welt kommt, um Krankheiten zu heilen und die Sünden der Menschen zu vergeben. Aber genau das Gegenteil geschah: Als Gott in seinem Sohn zur Welt kam, war dieser sofort von Steinigung und Kindesmord bedroht; nach seiner Geburt mussten die Eltern fliehen. Abgesehen von Maria und Josef, einigen Hirten und den drei Königen reagierten die Menschen feindlich oder abweisend auf die Ankunft Gottes in unserer Welt – alles nur Zufall? Hinrich E. Bues


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