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22.12.12 / Großvater des Großen Preußen / Aufschlussreiches Porträt über Friedrich I.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-12 vom 22. Dezember 2012

Großvater des Großen Preußen
Aufschlussreiches Porträt über Friedrich I.

Im jetzt zu Ende gehenden FriedrichJahr wurde nicht nur der große König in allen nur denkbaren Facetten ausgeleuchtet. Auch die Vorgänger, der Große Kurfürst (1640–1688) und Friedrichs Vater, der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. (1713–1740), fanden viel Interesse. Kaum hingegen beachtet wurde die Zeit zwischen diesen beiden Herrschern, die des Großvaters von Friedrich, des Kurfürsten Friedrich III., ab 1701 des preußischen König Fried-rich I. Allenfalls die spektakuläre Selbstkrönung von 1701 fand Erwähnung.

Friedrich I., unter diesem Signum ist er in der Geschichtsschreibung geläufig, war nach allen Zeugnissen kein überragender Herrscher. Die altpreußisch-borrusische Geschichtsschreibung fällt insgesamt ein vernichtendes Urteil, wobei kein Geringerer als Friedrich der Große selbst das berühmte Stichwort gab, wonach der Großvater „groß im Kleinen und klein im Großen“ war. Damit war man mit jedem Verriss auf der sicheren Seite.

Es zählt zu den erfreulichen Ergebnissen des Gedenkjahres, dass nun auch diesem Herrscher eine differenziertere Betrachtung zuteil wird. Der an der Universität Potsdam lehrende Historiker Frank Göse hat – in einem urbayerischen Verlag! – Friedrich I. eine Biografie gewidmet, die er zwar bescheiden eine „Zwischenbilanz“ nennt, die aber gleichwohl in der Informationsbreite und der breiten Analyse einen gültigen Rang beanspruchen kann.

Für Göse, und dem kann man kaum widersprechen, macht es wenig Sinn, diesen Herrscher zu sehr mit späteren Regenten zu vergleichen; man müsse ihn aus sich heraus und aus seine Zeit sehen, „ein deutscher Barockfürst der ersten Reihe, nicht mehr, aber auch nicht weniger“. Wie manch andere nicht von öffentlicher Gunst verwöhnte Fürsten wuchs der 1657 geborene Friedrich im Schatten eines übermächtigen Vaters, des Großen Kurfürsten, auf, der ihn wenig schätzte und ihn nur, weil ein älterer Bruder schon 1674 starb, zum Kronprinzen heranzog. Ein lebenslanges Handicap war ein gesundheitlicher Schaden gleich nach der Geburt: einer Hebamme fiel das Baby so unglücklich zu Boden, dass es sich eine schwere Verletzung zuzog, die in eine Rückgratverstümmelung ausartete, was dem Herrscher zeitlebens, wie er ständig klagte, Rückenschmerzen verursachte und ihm den Spottruf der Berliner „Der schiefe Prinz“ einbrachte.

Brandenburg war bei Fried-richs Regierungsantritt 1788 ein territorial zersplittertes Gebilde von Königsberg bis nach Kleve am Niederrhein und ständig von Kriegen bedroht. Vor allem wegen dreier großer Kriege, dem Pfälzer und dem Spanischen Erbfolgekrieg sowie dem Großen Nordischen Krieg, musste das Land fast um seine Existenz fürchten. Friedrich brachte es mit Glück und Geschick unversehrt durch alle Bedrohungen – damals ein heftiger Kritikpunkt, zu Preußens Ruhm nichts gewagt zu haben, aus heutiger Sicht eher ein Zeichen kluger Staatskunst.

Das Kabinettstück des Buches handelt von Friedrichs zäh verfolgtem Plan, „König in Preußen“ zu werden. Entgegen noch heute anzutreffender naiver Meinung, er habe sich so einfach selbst gekrönt, dauerte das Ringen mit Kaiser und Reich fast ein Jahrzehnt, denn der Kaiser musste zustimmen, und der wollte überhaupt nicht. Nur mit viel Diplomatie, unendlicher Geduld und vor allem nach weitreichenden militärischen Zusagen kam Friedrich schließlich ans Ziel. Am 18. Januar 1701 krönte er sich in Königsberg dann tatsächlich selbst.

Der Autor ist Landeshistoriker, ebenso wie der jüngst verstorbene Gerd Heinrich; dessen großer Biografie über Friedrich den Großen (siehe PAZ vom 31. Juli 2010) merkt man intime Kenntnis von Territorien, Staatsaufbau und Staatsführung an. Gleiches lässt sich auch von Göse sagen. Mit breitem Wissen werden der Hof in Berlin, der Ausbau der Residenz (Schlüter), die schwierigen Beziehungen zu Ständen und Städten mit teilweise noch mittelalterlichen Verwaltungsrelikten, das heute unvorstellbare höfische Zeremoniell sowie die Religionspolitik des reformierten Herrschers in dem lutherisch geprägten Land beschrieben.

Allerdings kann Göse hier mehr beschreiben als positiv urteilen; haften bleibt letztlich der Eindruck eines vergleichsweise wenig durchsetzungsfähigen und wenig sparsamen Herrschers. All diese Eigenschaften wies dann sein ebenso starker wie rabiater Nachfolger auf. Der galt schon bald als „Soldatenkönig“ und hat doch keinen einzigen Krieg geführt, während von den 25 Regierungsjahren des Vaters 22 von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt waren, unter denen das stets gefährdete Land gleichwohl nicht zerbrochen ist. Dirk Klose

Frank Göse: „Friedrich I. (1657–1713). Ein König in Preußen“, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2012, gebunden, 392 Seiten, 34,95 Euro


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