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22.12.12 / Zwischen den Fronten / Roman: Hamburgerin sucht 1706 in Königsberg vermissten Ehemann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-12 vom 22. Dezember 2012

Zwischen den Fronten
Roman: Hamburgerin sucht 1706 in Königsberg vermissten Ehemann

Das letzte, was er sah, bevor er vergaß, dass er Hinrich Wrangel war, war die Stadt Königsberg. Was ihm dann widerfuhr, führte in durch das Baltikum bis nach St. Petersburg, wo er als Zwangsarbeiter hilft, die Stadt für den russischen Zaren aus den Sümpfen der Region zu errichten. Mindestens genauso spannend ist jedoch, was Hinrich Wrangels Frau Ruth auf der Suche nach ihrem Mann in dem Roman „Scharlatan“ erlebt.

Aber erst einmal zurück zum Anfang, der dem Roman seinen Namen gibt, aber erst nach über 500 Seiten wieder eine Rolle spielt: An einem Märzmorgen im Jahr 1697 verlässt ein Kaufmannssohn nicht wie geplant mit einem Schiff von Wedel aus Deutschland Richtung Brasilien zu einer Zuckerplantage, was für die Wrangels aus Hamburg 1706 dramatische Folgen haben wird. Doch auch diese kommen nur zum Tragen, weil der Geheime Conseil des sächsischen Kurfürsten 1705 den russischen Sondergesandten Johann Patkul gegen jegliche Rechtslage verhaften und auf der Burg Sonnenstein inhaftieren lässt. Die Hamburger Historikerin und Romanautorin Claudia Weiss hat sich den historischen Fall Patkuls ausgesucht, um ihn als Aufhänger für ihren neuen Roman zu verwenden. Diese Verhaftung ruft den Hamburger Advokaten Hinrich Wrangel auf den Plan, der nach Königsberg reist, um dort mit anderen Juristen den interessanten Fall zu besprechen und Patkuls Verteidigung zu planen. Doch alles kommt anders, denn Wrangels Kutsche wird überfallen und der Rechtsgelehrte verschleppt. Ruth Wrangel erhält in Hamburg wenig später die Nachricht vom Überfall und über den vermutlichen Tod ihres Mannes.

Claudia Weiss lässt ihre Romanheldin jedoch die Nachricht nicht einfach hinnehmen, sondern schickt sie nach Dresden, in der Hoffnung, dort mehr über den Fall Patkul und den Verbleib ihres Mannes zu erfahren. Was Ruth erlebt, ist spannend, wenn auch für eine Frau ihres Standes und ihrer Zeit mitten in kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Russen und Sachsen mit den Schweden absolut unrealistisch. Aber dafür entführt die Autorin ihre Leser in eine völlig andere Welt, fernab von Euro-Krise und Weihnachtsstress.

Am Ende finden die Wrangels wieder zueinander und sind sogar zu dritt und der Leser erfährt endlich, warum das Buch den durchaus passenden Titel „Der Scharlatan“ trägt. Rebecca Bellano

Claudia Weiss: „Scharlatan“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, gebunden, 571 Seiten, 19,99 Euro


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