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12.01.13 / Abgedreht und abgefahren / Schon museumsreif: Kultregisseur Martin Scorsese in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-13 vom 12. Januar 2013

Abgedreht und abgefahren
Schon museumsreif: Kultregisseur Martin Scorsese in Berlin

Als der junge Martin Scorsese wegen einer Asthmaerkrankung monatelang das Bett hüten musste, zeichnete er zum Zeitvertreib erste „Storyboards“. Diese Film­skizzen ebneten seinen Weg als einer der einflussreichsten Regisseure unserer Zeit. Filme wie „Taxi Driver“ (1976), „Wie ein wilder Stier“ (1980) oder „Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ (1990) kennt fast jeder, sie waren stilbildend und setzten Maßstäbe für viele Regisseure.

Die Deutsche Kinemathek am Potsdamer Platz in Berlin widmet sich noch bis zum 12. Mai in einer nicht nur für ausgewiesene Filmfans sehenswerten und weltweit ersten Sonderschau dem Werk des 1942 geborenen US- Regisseurs ita­lienischer Abstammung. Höhepunkt der Ausstellung sind eben jene „Storyboards“, die sei­nen Ruhm begründen sollten und die Scorsese für Berlin ebenso aus seiner Privatsammlung zusammengestellt hat wie eine Auswahl historischer Filmplakate.

In drei Kapitel ist die Ausstellung gegliedert. Das erste beschäftigt sich mit den Figuren und dem zentralen Schauplatz seiner Filme – der Metropole New York, insbesondere dem Viertel „Little Italy“, in dem Scorsese aufgewachsenen ist. Ein Stadtmodell zeigt Drehorte, an denen der Regisseur verschiedene Geschichten inszeniert hat. Bestimmte konfliktreiche Figurenkonstellationen spielen bei Martin Scorsese immer wieder eine wesentliche Rolle: die Familie als Hort der Geborgenheit und zugleich als Keimzelle des organisierten Verbrechens, Brüderpaare, die füreinander einstehen und Verantwortung tragen, Männer und Frauen, die wohl ein enges Band verbindet, die sich jedoch nie wirklich verstehen, und natürlich die einsamen Helden, die meist aggressiv und verletzlich zugleich sind.

Das zweite Kapitel stellt Scorsese als Cineasten und Kenner der Filmgeschichte vor, der sich aktiv für die Bewahrung des Filmerbes einsetzt. Auch seine Zusammenarbeit mit früheren Mitarbeitern von Alfred Hitchcock wird vorgestellt, darunter Bernhard Herrmann, der den Soundtrack zu „Taxi Driver“ komponierte, und Saul Bass, der viele Filmvorspanne für Scorsese gestaltete.

Das letzte Kapitel bietet einen Blick auf die Ästhetik und Kompositionstechniken Scorseses. Kameramänner wie Michael Ballhaus und auch die Cutterin Thelma Schoonmaker haben den Stil Scorseses mitgeprägt. Werkfotos, Kameradiagramme und Schnittlisten verdeutlichen die Konstruktion einiger Schlüsselszenen aus Scorseses Oeuvre. Ein eigener Bereich ist seinen Musikfilmen wie „New York, New York“ (1977) gewidmet.

Auf Schritt und Tritt begegnet man den Stars, mit denen Scorsese zum Teil mehrfach gedreht hat: Harvey Keitel, Joe Pesci, Jodie Foster, Sharon Stone (in „Casino“, 1995) oder Leonardo diCaprio, mit dem Scorsese für „Departed – Unter Feinden“ 2006 seinen bislang einzigen Regie-Oscar gewann. Sein Lieblingsschaupieler aber ist Robert De Niro, den Scorsese in acht seiner Filme zum Weltstar gemacht hat. Sein Auftritt als amoklaufender „Taxi Driver“ hat Filmgeschichte geschrieben. Originalkostüme De Niros und DiCaprios sowie Requisiten aus Filmen wie „Hexenkessel“ (1973) oder „Hugo Cabret“ (2011) runden diese einmalige Schau ab. Harald Tews


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