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19.01.13 / Karl, Rosa und die Randale

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Karl, Rosa und die Randale
von Vera Lengsfeld

Seit 2006 gibt es an der „Gedenkstätte der Sozialisten“ in Friedrichsfelde, wo die Linke, früher PDS, früher SED, jährlich im Januar der ermordeten Gründer der KPD, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, gedenkt, auch einen Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus. Dieser Gedenkstein ist ein Stachel im Fleisch von Stalinisten, Neo-Stalinisten und Unbelehrbaren aller Couleurs auch und gerade, da die Führung der Linken nach der Ehrung der KPD-Gründer immer auch am Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus Blumen ablegt. Der Gedenkstein wurde deshalb bei der Luxemburg-Liebknecht-Demo immer wieder geschändet.

Der Verband der Opfer des Stalinismus (VOS) wollte deshalb dieses Jahr ein Zeichen für die Linksparteiführung setzen, dass solcherlei Attacken nicht geduldet werden dürfen. Auf Grund der Schwierigkeiten mit den extremen Kräften in der Hauptdemo hat die Linksparteiführung die Luxemburg-Liebknecht-Ehrung vor die eigentliche Demonstration gesetzt. Pünktlich um 9.30 Uhr setzte sich unter den Klängen von „Unsterbliche Opfer“ der Zug mit Gregor Gysi an der Spitze in Bewegung. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine waren im Wahljahr auch dabei. Wobei auffällig war, dass insgesamt viel weniger Menschen vor Ort waren als man nach den Berichten und Meldungen der vergangenen Jahre annehmen musste. Am Gedenkstein traf die Parteiführung dann auf die dem VOS-Aufruf gefolgten Mahner. Die Einfriedung des Gedenksteins war mit Schildern eingerahmt, die an Opfer des Stalinismus erinnerten. Die Stiftung Aufarbeitung des SED-Unrechts hatte schon einen Kranz niedergelegt. Gregor Gysis Gesicht war eine einzige Gewitterwolke, als er sich über die VOS-Tafeln beugen musste, um seine Nelke abzulegen. Wagenknecht und Lafontaine waren nicht mehr dabei. Wie hätte sich Wagenknecht, die die Politik Stalins als alternativlos charakterisiert hat, auch vor den Opfern des Stalinismus verneigen können?

So wurde wieder das Dilemma der Linken deutlich: Auch nach über 20 Jahren hat sie außer Gysi keinen vorzeigbaren Spitzenkandidaten, und die mögliche Spitzenkandidatin denkt nicht daran, sich von ihrer Ulbricht-Verehrung und Stalin-Apologie ernsthaft zu distanzieren. Mehr noch: Mit mit dem Hauptdemonstrationszug kann sich die Linke schon lange nicht mehr sehen lassen.

Als dieser sich dem Friedhof näherte, gab es lautstarke totalitäre Parolen, aggressive Transparente und jede Menge Lenin-, Thälmann- und vereinzelt auch Stalin-Bilder. DDR-Fahnen wurden geschwenkt. Es kam am Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus wieder zur Randale. Hier war etwas von dem Geist von Frau Wagenknecht zur materiellen Gewalt geworden.


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