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19.01.13 / Die Zeche zahlt der Patient / Reformen bringen oft Verschlechterung für gesetzlich Versicherte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Die Zeche zahlt der Patient
Reformen bringen oft Verschlechterung für gesetzlich Versicherte

Weil die Kassenlage im Gesundheitssystem im vergangenen Jahr so gut war, dürfen gesetzlich Versicherte sich über den Wegfall der Praxisgebühr seit Beginn des Jahres freuen. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es tendenziell in Zukunft für Patienten teurer wird, auch wenn für 2013 mit einem weiteren Anstieg der Reserven im Gesundheitsfonds auf 15 Milliarden Euro gerechnet wird.

Die Leistungskataloge der Krankenkassen werden nicht erweitert. Wer heute zum Arzt geht, bekommt nicht selten schon bei der Anmeldung eine Liste mit „Individuellen Gesundheitsleistungen“, kurz IGeL, vorgelegt. Es handelt sich um Leistungen, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden und die der Arzt dem Patienten gegen Selbstzahlung anbieten darf. Viele Patienten fühlen sich überrumpelt, wenn sie zu zusätzlichen kostenpflichtigen Untersuchungen überredet werden. IGel bietet Ärzten eine zusätzliche Einnahmequelle. 2010 hat die AOK das Volumen der Leistungen auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

IGel-Listen entstanden in Folge der zahlreichen Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre, denen viele Kassenleistungen zum Opfer fielen. Gesundheitsreformen sind gesetzliche Eingriffe in die Rahmenbedingungen der Krankenversicherung. Sie haben das Ziel, die Finanzierung medizinischer Leistungen zu sichern und den Beitragssatz zu stabilisieren. In der Regel gehen Reformen mit Leistungseinschränkungen einher: Norbert Blüm (CDU) setzt sich bei der Gesundheitsreform 1989 für eine „Negativliste“ für die vom Bundesgesundheitsministerium als unwirtschaftlich beurteilten Medikamente und höhere Rezeptgebühren ein. Ulla Schmidt (SPD) verschärft das Budget für Arzthonorare und Krankenhäuser. 2003 führt sie die Praxisgebühr ein. Seit 1997 wird schon kein Zuschuss mehr für Brillengestelle gewährt, für Kuren und Reha-Maßnahmen sind höhere Eigenbeteiligungen zu zahlen, das Krankengeld wird gesenkt. Seit 2004 werden keine Fahrtkosten für ambulante Behandlungen gezahlt, Leistungen für Brillengläser gibt es nicht mehr, das Sterbegeld wird ersatzlos gestrichen. Im Jahr 2006 liegt der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenkasse bei 14,7 Prozent vom Brutto. Weil die Regierung Arbeitgeber von Lohnnebenkosten entlasten will, übernehmen diese nur noch einen Anteil von 6,9 Prozent, Arbeitnehmer zahlen 7,8. Krankenkassen erhalten die Möglichkeit, einen Zusatzbeitrag zu erheben. Seit 2009 ist der Anteil der Arbeitgeber weiter eingefroren, Kostensteigerungen müssen Versicherte selber tragen.

Derzeit wird die Reform der Pflegeversicherung umgesetzt. Mit dem „Pflege-Bahr“ soll jeder eine staatlich geförderte Pflegeversicherung bei einem privaten Krankenversicherer abschließen können, an der sich der Staat bei einem Mindestbeitrag von zehn Euro mit fünf Euro beteiligt. Die Zeche für diese Reform zahlt wieder der Patient: Der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung steigt von 1,95 auf 2,05 Prozent, für Kinderlose auf 2,3 Prozent. MRK


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