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26.01.13 / Reformen als Ziel / »Open Europe Berlin« kritisiert die EU, um Europa zu stärken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-13 vom 26. Januar 2013

Reformen als Ziel
»Open Europe Berlin« kritisiert die EU, um Europa zu stärken

Am vorvergangenen Freitag veranstaltete „Open Europe Berlin“, das sich als „eigenständige deutsche Denkfabrik mit europäischer Ausrichtung“ sieht, um „grundlegende Reformen“ in der EU zu befördern, sein erstes europapolitisches Kolloquium. Die Gründung von „Open Europe Berlin“ im Oktober letzten Jahres im Hotel de Rome hatte großes Aufsehen erregt. Auch diesmal hatten die Veranstalter einen besonderen Ort gewählt: die Heilig-Geist-Kapelle, das älteste noch erhaltene Gebäude von Berlin. Heute ist der gotische Bau Bestandteil der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Er wird nur bei besonderen Anlässen benutzt.

Am Anfang der Veranstaltung war die Spannung fast greifbar: Würden die hohen Erwartungen, die bei der Gründung geweckt worden waren, erfüllt werden? Dass dies der Fall sein würde, versprach schon die hochkarätige Besetzung des ersten Podiums. Leszek Balcerowicz, polnischer Wirtschaftswissenschaftler und liberaler Politiker aus Warschau, konstatierte, dass mit fortschreitender Krise das „politische Theater“ zunehmen würde: Schaufensterreden, Schaufensterentscheidungen, Schaufenstermanöver. Er warnte eindringlich: Die Gesetzesangleichung in Europa sei bereits weiter fortgeschritten als in den USA. Die Erwartung an eine europäische „Harmonisierung“ als Problemlöser würde unweigerlich zu Frustrationen führen.

Lord Leach of Fairford, Vorsitzender von „Open Europe“ in London, verwies auf die starken kulturellen Bindungen, die es in Europa gäbe, die eine gute Grundlage sein könnten. Jedoch hätte der Vereinigungsprozess bisher nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einem Verlust an Demokratie geführt. Besonders bedenklich sei in diesem Zusammenhang die fortgesetzte Vertragsverletzung in der Euro-Rettungspolitik.

Christian Kirchner, Rechtswissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin, stellte fest, dass der viel gerühmte „Fiskalpakt“ jederzeit vom Lissabon-Vertrag als höheres europäisches Gesetz ausgehebelt werden kann. Jedes Mitglied des Fiskalpaktes könnte sich so unbequemen Sparmaßnahmen entziehen. Und die in Paris lebende Verwaltungswissenschaftlerin Johanna Möhring wies am Vorabend des 50. Jahrestages des Deutsch-Französischen Freundschaftspaktes darauf hin, dass die Beziehung eher oberflächlich geblieben sei.

Fazit: Man kann keine gemeinsame Identität zwischen verschiedenen Völkern schaffen. Die sogenannte europäische Identität ist eine Kopfgeburt von Eurokraten. Europa kann nur von unten nach oben aufgebaut werden, indem man verschiedene Optionen zulässt und durch Wettbewerb herausfindet, welche optimal ist.

Im zweiten Podium, bei dem es um Bankenunion, Fiskalunion und den Euro als Integrationsmotor ging, kamen noch einmal alle Fakten auf den Tisch, die gegen die „alternativlose“ Euro-Rettungspolitik sprechen. Und es wurde deutlich, dass Europa auf dem Weg in eine Transfergesellschaft mit vereinheitlichten Pensionen, Steuererhöhungen, Eurobonds sowie Arbeitsmarkt- und Bankenregulierung ist. Die Einheitswährung soll in eine politische Union münden. Dieses politische Projekt widerspricht aber der europäischen Geschichte. Es werde Europa nicht stärker, sondern schwächer machen. Über diese Gefahr aufzuklären, um sie zu verhindern, hat sich „Open Europe Berlin“ auf die Fahnen geschrieben. Vera Lengsfeld


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