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02.02.13 / Polenkolonie im Nordmeer / Auf Island funktioniert die Ausländerintegration fast reibungslos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-13 vom 02. Februar 2013

Polenkolonie im Nordmeer
Auf Island funktioniert die Ausländerintegration fast reibungslos

Auch der kleine Inselstaat Island muss sich seit einigen Jahren mit einem steigenden Einwanderungszuwachs auseinandersetzen. Der Ausländeranteil auf Island beträgt momentan fast ein Zehntel der Bevölkerung und hat sich damit innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Unter den etwa 320000 Isländern leben mindestens 25000 Ausländer. Davon sind 9500 Polen, womit diese mit 36,8 Prozent aller Einwanderer die größte Minderheit bilden. Am zweit- und drittstärksten sind die Litauer und die Philippinos mit sechs beziehungsweise fünf Prozent vertreten. Doch nicht die Natur, die Abgelegenheit und ein damit einhergehendes ruhigeres Leben zogen die Polen nach Island, sondern der günstige Kurs der isländischen Währung. Die Strategie war einfach. Während häufig der Großteil der Familie in Polen blieb, zogen einzelne oder wenige meist männliche Familienmitglieder zum Arbeiten nach Island. Auffällig ist, dass es deutlich mehr männliche als weibliche Polen auf Island gibt, obwohl die Zuwanderer insgesamt mehrheitlich aus Frauen bestehen. Der Trend, auf Island zu arbeiten, begann etwa 2005, als 25 Isländische Kronen nur einen polnischen Zloty wert waren. Das auf Island verdiente Geld wurde dann zu dem günstigen Kurs nach Hause geschickt. Vergleichbar ist dies mit den türkischen Gastarbeitern, die in den 1970er Jahren nach Deutschland kamen. Wenn die polnischen Familien nicht gleich mit nach Island gezogen waren, kamen diese nämlich in vielen Fällen nach.

Natürlich ergaben sich, wie in anderen Ländern auch, die typischen Probleme bei plötzlichen Einwanderungswellen. Erhebliche Sprachbarrieren verhindern beispielsweise häufig das Aufnehmen bestimmter Arbeiten. Laut Statistik der isländischen Ausländerbehörden sprechen nur fünf Prozent der eingewanderten Polen gut bis sehr gut Isländisch. So kommt es, dass 15 Prozent von ihnen arbeitslos sind und ein Fünftel eine Arbeit als ungelernte Reinigungskraft aufgenommen hat.

Die Finanzkrise, die 2008 besonders stark über Island hereingebrochen war, zog schwere Konsequenzen nach sich. Der früher so günstige Zloty war Ende 2009 mit 43,5 Isländischen Kronen etwa 40 Prozent mehr wert. Die Anzahl der Polen auf Island hatte 2009 noch ihren Höhepunkt mit über 12000 Menschen; nur zwei Jahre später waren es bloß noch 9500. Obwohl die Zuwanderung und auch die absolute Zahl der eingewanderten Polen momentan rück­läufig sind, haben sich viele auf Island eingelebt. Es ist zwar unvermeidlich eine Parallelgesellschaft entstanden, im Gegensatz zu vielen Minderheiten in anderen europäischen Ländern fallen die Einwanderer auf Island jedoch nicht durch erhöhte Kriminalität auf. Viele haben Kinder, die enger in die isländische Gesellschaft integriert sein werden, da es zwar Clubs, Gemeinschaften und Internetportale innerhalb der polnischen Isländer gibt, bislang jedoch keine speziellen Kindergärten oder Schulen für sie eingerichtet wurden. Die polnische Parallelgesellschaft lebt sich langsam ein, anstatt sich zu einer Gegengesellschaft zu entwickeln.

Sindri Grétarsson/M.H.


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