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02.02.13 / Teile und Herrsche / Ist eine Balkanisierung des Nahen und Mittleren Ostens im Gang? Mehr als nur eine Verschwörungstheorie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-13 vom 02. Februar 2013

Teile und Herrsche
Ist eine Balkanisierung des Nahen und Mittleren Ostens im Gang? Mehr als nur eine Verschwörungstheorie

Einer Studie des Bundesnachrichtendienstes (BND) zufolge sollen die USA bis 2020 größter Ölexporteur der Welt werden. Möglich werden soll dies durch Vorkommen an Öl und Gas in Schiefergestein, die nun durch neue Fördertechniken erschließbar geworden sind. Zweifel an der Prognose sind angebracht, doch zugleich geraten andere mögliche US-Pläne in den Blick.

Die vertrauliche BND-Studie, zu der anscheinend die Nachrichtenagentur Reuters Zugang hatte, wirft in Bezug auf die Prognosefähigkeit der Schlapphüte aus Pullach und Berlin gleich mehrere Fragen auf. Bemerkenswert spät scheint man beim BND auf die steigende Öl- und Gasförderung in den USA aufmerksam geworden zu sein. Die Entwicklung hält bereits mehrere Jahre an, inzwischen wachsen bereits die Zweifel, ob der Energieboom nachhaltig sein wird. Einer der renommiertesten Kritiker, „Öl-Guru“ Art Berman, hat erst unlängst die Selbstversorgungs-Euphorie in den USA regelrecht zerpflückt. Die Ölförderung aus Schiefer zählt zu den teuersten und kompliziertesten Förderverfahren überhaupt, so Berman. Auch wenn die Branche nicht gern darüber spricht, klar ist inzwischen, dass ein extremer Aufwand nötig ist und zwar dauerhaft. Die Fördermengen gehen schon nach wenigen Jahren an den einzelnen Förderstellen drastisch zurück. Die Folge: immer neue Bohrtürme und damit neue Kosten. Das Fazit Bermans: Allein um die erreichte Fördermenge dauerhaft stabil zu halten, sind künftig „astronomische“ Summen nötig.

Zweifelhaften Wert hat die BND-Studie allerdings auch im Hinblick auf eine andere Prognose. Nach dieser würden die USA wegen des neuen Energiereichtums das Interesse an der Golfregion verlieren. Realistisch dürfte wohl eine andere Entwicklung sein. Der steigende Selbstversorgungsgrad schafft den USA ein Zeitfenster für eine historisch einmalige Möglichkeit, nämlich eine komplette Umgestaltung des Mittleren und Nahen Ostens.

Die eigene hochgeschraubte Ölförderung – ergänzt durch Importe aus Mexiko und Kanada – sichert zumindest einige Jahre lang eine Unabhängigkeit gegenüber Ölpreisschocks.

Pläne für eine „große Lösung“ im Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika liegen längst in den Schubladen. Dass es sich dabei nicht um Verschwörungstheorien handelt, wurde im Jahr 2006 deutlich. Türkischen Presseberichten zufolge waren im Nato-Kolleg in Rom zu Schulungszwecken und für Planspiele Landkarten im Gebrauch, auf denen ein Staat „Kurdistan“ eingezeichnet war. Ein drastischer Protest anwesender türkischer Offiziere war die Folge. Auch die aktuelle Entwicklung in Nordafrika, im Irak oder Syrien, lässt die Vermutung aufkommen, dass es sich bei dem, was Geo-Strategen aus den USA und Israel in der Vergangenheit an Konzepten vorgelegt haben, mehr als um bloße Gedankenspiele gehandelt hat.

Bereits aus dem Jahr 1982 datiert etwa der Yinnon-Plan. Benannt nach seinem Verfasser, Oded Yinon, einem hochrangigen Mitarbeiter des israelischen Außenministeriums, wird in dem Papier eine Strategie entworfen, wie eine israelische Überlegenheit durch Umgestaltung der gesamten Region zementiert werden kann. Zentrum des Plans: Die Zerschlagung des Iraks in einen kurdischen und zwei arabische Staaten – einen für die Schiiten, einen für die Sunniten.

Die Entwicklung ist unter dem Stichwort „Förderalisierung“ in­nerhalb des Irak längst im Gange. Ebenfalls Teil des Konzepts für ein „neues Umfeld“ Israels: Länder wie Äthiopien, Uganda und Kenia werden als Bollwerke gegen die islamischen nordafrikanischen und arabischen Staaten in Stellung gebracht. Für Nordafrika selbst wurde von Yinnon – ausgehend von Ägypten über den Sudan und Libyen – eine Auflösung der staatlichen Strukturen angekündigt. Sogenannte „Failed states“ – gescheiterte Staaten – die vom Rest des Kontinents isoliert sind. Ein Blick auf die Lage in Libyen und vor allem Ägypten lässt den 30 Jahre alten Yinnon-Plan verblüffend aktuell aussehen. Vertieft und überabeitet wurde das Yinnon-Konzept im Jahr 1996 von US-Hardlinern um Richard Perle, die für Benjamin Netanjahu eine israelische Strategie für das Jahr 2000 ausgearbeitet hatten. Titel der Studie: „Clean Break“ (Sauberer Bruch). Auch hier, – wie im „Peters-Plan“, den ein US-Militär im Jahr 2006 vorgelegt hat – finden wir das Konzept einer vollständigen Zerstückelung des Nahen Ostens. Der „Balkanisierung“ – der Schaffung von Kleinststaaten – folgt die „Finnlandisierung“: Die Beherrschung und Unterwerfung durch die USA als Schiedsrichter.

Zumindest für diese Weltregion ausgedient hat dann das Konzept Multikulti. Entstehen sollen rein sunnitische und schiitische Staaten, die verfeindet sind und sich so gegenseitig in Schach halten. Der entscheidende Berührungspunkt, an dem die Umbaupläne für den Mittleren und Nahen Osten – meist aus den Reihen der israelfreundlichen Falken, unter den US-Republikanern − und die aktuellen Außenpolitik Obamas zusammenkommen, ist der Gegner China. Nach den USA ist das Reich der Mitte mittlerweile zweitgrößter Ölverbraucher der Welt. Der weitaus größte Teil der chinesischen Öleinfuhren stammt aus dem Mittleren Osten. Sollten US-Pläne für einen „Neuen Mittleren Osten“ eines Tages Erfolg haben, dann würde das energiehungrige China in der Falle sitzen. Norman Hanert


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