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09.02.13 / In der Glasglocke / Vor 50 Jahren starb die Autorin Sylvia Plath

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-13 vom 09. Februar 2013

In der Glasglocke
Vor 50 Jahren starb die Autorin Sylvia Plath

Ein Jahrzehnt nach ihrem Tod erlebte Sylvia Plath eine wahre „Auferstehung“: Als Ikone der Frauenbewegung geisterte sie in den 70ern durch politisch bewegte Zeiten. Studentinnen rissen sich damals Plaths einzigen Roman „Die Glasglocke“ gegenseitig aus den Händen. Es passte alles: Eine karrierebewusste Heldin, die sich nicht in die Knechtschaft einer Ehe zwingen ließ, erdacht von einer Autorin, die am Patriarchat zerbrach und 30-jährig Selbstmord beging. 

Soweit der – feministisch verzerrte – Mythos um Plath. Tatsächlich hätte sie wohl nie damit gerechnet, Kultfigur aller Emanzipierten zu werden. Hasste sie die Männerwelt? Wohl kaum. Die 1932 bei Boston Geborene galt als Wunderkind mit besten Schulnoten, dem eine steile College-Karriere bevorstand und das in die akademischen Fußstapfen ihres aus Deutschland eingewanderten Vaters treten wollte. Als ihr Vater – ein Biologieprofessor, der aus dem meck­lenburgischen Grabow stammte – starb, hinterließ das bei der damals achtjährigen Tochter ein lebenslanges Trauma. Sie verarbeitete seinen Tod später in den berühmten „Daddy“-Versen, die 1965 posthum in ihrem bekanntesten Gedichtband „Ariel“ veröffentlicht wurden.

Dichterin und Collegeprofessorin wollte Plath werden. Schon früh setzte sie alles daran, Stipendien und Preise für dieses Ziel zu erlangen.  Dazu posierte sie auf Fotos wie ein Model auch mal im Bikini. Nachzulesen ist das in ihrem semi-autobiografischen Roman „Die Glasglocke“. In der Figur der Esther Greenwood erzählt Plath ihr Sommererlebnis von 1953, als sie von einem Modemagazin wegen ihres schriftstellerischen Talents nach New York eingeladen wurde, um Kurzgeschichten zu schreiben. Die erfolgsverwöhnte Greenwood/Plath erlebt aber eine Niederlage nach der anderen, erst mit Männern, dann auch be­­ruflich, als sie für ein Schreibseminar an der Universität abgelehnt wird. Sie fühlt sich isoliert wie unter einer Glas­glocke, wird de­pres­­siv, schluckt Schlaftabletten.

Plath überlebt den Selbstmordversuch von 1953. Nicht jedoch jenen vom 11. Februar 1963. Zu der Zeit hatte sie zwei Kinder und lebte in England geschieden von ihrem Mann, dem britischen Dichter Ted Hughes. Nur vier Wochen vorher erschien in England unter dem Pseudonym „Victoria Lucas“ ihr Roman „Die Glasglocke“, der die Krankheit der Depression in allen ihren Facetten schildert. Weil sich Plaths Verwandte in dem Buch verunglimpft sahen, konnte es erst 1971 in den USA erscheinen. Außer einigen „Ariel“-Lesern kannte bis dahin kaum jemand die Autorin – ehe dann die Feministinnen kamen und sie wie eine Säulenheilige vor sich hertrugen.  Harald Tews    


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