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16.02.13 / Jenseits von Gut und Böse / Vor 125 Jahren wurde der französische Autor Bernanos geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-13 vom 16. Februar 2013

Jenseits von Gut und Böse
Vor 125 Jahren wurde der französische Autor Bernanos geboren

Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts gehörten die Werke des katholischen Dichters Georges Bernanos zu den Klassikern der französischen Literatur. Seine Romane, wie etwa das „Tagebuch eines Landpfarrers“ oder „Die tote Gemeinde“, waren Bestseller und fanden auch in Deutschland eine große Lesergemeinde. Ursprünglich Versicherungsinspektor, hatte sich der am 20. Februar 1888 Geborene nach dem sensationellen Erfolg seines Erstlingswerks „Die Sonne Sa­tans“ (1926) entschieden, künftig als freier Schriftsteller zu leben.

Protagonisten seiner Werke sind zumeist Priester, die sich aufopfernd bemühen, die ihnen anvertrauten Seelen aus Ichbezogenheit und einem der Sünde und der Trostlosigkeit verhafteten Leben herauszureißen. Dabei sah Bernanos den Menschen in einem Spannungs- und Entscheidungsfeld von Gut und Böse, ja Gott und Satan stehen. Die Unfähigkeit lieben zu können, war für ihn die größte Tragik, der ein Mensch verfallen konnte, und geradezu ein Merkmal der Hölle.

Da es für ihn immer schwieriger wurde, seine achtköpfige Familie zu ernähren, hatte sich der Pariser 1934 auf Mallorca niedergelassen, da hier die Lebenshaltungskosten niedriger waren als in Frankreich. Der Aufenthalt auf der spanischen Insel sollte für ihn zum Auslöser einer zweiten Ausrichtung seiner Schriftstellerei wer­den: Neben den „frommen“ Ro­manautor Bernanos trat der politisch engagierte und gesellschaftskritische Dichter, der bis an sein Lebensende nicht müde wurde, Fehlentwicklungen in Kirche und Gesellschaft anzuprangern. War er doch auf der Baleareninsel zum Augenzeugen des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) und der Untaten der Faschisten geworden. Sein 1938 erschienenes, aufsehenerregendes Buch „Die großen Friedhöfe unter dem Mond“ ist ein flammender Protest gegen den Spanischen Bürgerkrieg und gegen den nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa immer mächtiger werdenden Faschismus. Und es ist ein Protest gegen die katholische Kirche Spaniens, die sich bei dem Bürgerkrieg auf die Seite Francos gestellt und sein blutiges Unternehmen „als den Kampf des guten Prinzips gegen das Böse“ dargestellt hatte.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Bernanos, der sich inzwischen mit seiner Familie in Brasilien als Farmer niedergelassen hatte, durch seine polemischen Schriften und Stellungnahmen zu einem der geistigen Führer der französischen Widerstandsbewegung. Nach Kriegsende fordert ihn General de Gaulles zur Rückkehr nach Frankreich auf. Doch der Heimgekehrte ist mit der Politik der Vierten Republik unzufrieden.

Bernanos warnt in seinen Werken vor der Gefährdung menschlicher Freiheit durch technischen Fortschritt und neue Formen des Totalitarismus. Als das „Ergebnis einer unaufhörlichen Propaganda“, die auf eine „serienweise Herstellung eines gefügigen Menschentyps“ zielt, sieht er den Menschen „in dem Maße immer gefügiger werden, in dem die Organisation der Wirtschaft, die Konkurrenz und die Kriege eine immer genauere Bevormundung verlangen“. Der Autor stirbt an einem schweren Leberleiden am 5. Juli 1948. Matthias Hilbert


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