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23.02.13 / Klimapolitik in Nöten / Verknappung von CO2-Zertifikaten soll Industrie mehr Geld abpressen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Klimapolitik in Nöten
Verknappung von CO2-Zertifikaten soll Industrie mehr Geld abpressen

Um ihren Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll nachzukommen, führte 2005 die Europäische Union einen Emissionshandel ein, um über den Markt den Unternehmen freizustellen, ob sie die Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch betriebliche Investitionen oder durch den Kauf und umsatzsteuerpflichtigen Handel mit Zertifikaten realisieren. Inzwischen tritt die Klimapolitik hinter der Erzielung von Einnahmen zurück.

Deutschland rechnet fest mit den Versteigerungserlösen bei der Ausgabe von Emissionszertifikaten, um die Energiewende zu finanzieren. Das Bundesumweltministerium geht dabei von einem Preis von zehn Euro pro Zertifikat aus. So sollen dem Energie- und Klimafonds ab 2013 jährlich drei Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Finanziert werden damit Projekte wie die Elektromobilität mit mehr als 400 Millionen Euro oder die Sanierung von Gebäuden mit 260 Millionen Euro. Für internationale Klimaschutzprojekte sind fast 400 Millionen Euro eingeplant.

Die Leipziger Börse EEX musste jedoch überraschend im Januar 2013 eine Auktion für vier Millionen Emissionszertifikate absagen, weil die Gebote nicht ausreichten. Offenbar wollten die nachfragenden Unternehmen nicht mehr für neue Zertifikate als für die bereits am Markt befindlichen zahlen. Lag 2008 der Preis noch über 20 Euro, sind es 2013 aufgrund eines Überangebots hingegen unter fünf Euro. Die EU hat in der Vergangenheit vermutlich die Anzahl der notwendigen Emissionsrechte überschätzt. Zudem sinkt die Nachfrage aufgrund der schlechten Wirtschaftsentwicklung in einigen EU-Ländern. 2013 drohe dem Bund bei Preisen unter vier Euro pro Zertifikat ein Einnahmeausfall von 1,2 bis 1,4 Milliarden Euro, wie die Bundesregierung im Januar mitteilte. Zwar kann der Klimafonds Liquiditätsdarlehen erhalten, das würde aber wieder andere Haushaltslöcher aufreißen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Emissionshandel Probleme bereitet. 850 Millionen Euro soll der Schaden in Deutschland durch den Umsatzsteuerbetrug betragen, der durch den mehrfachen Verkauf der Zertifikate über Landesgrenzen und durch unrechtmäßige Steuer-erstattung vom Finanzamt verursacht wurde, bis es 2010 zu Gesetzesänderungen kam.

Das Europäische Parlament berät derzeit über eine Verknappung der Zertifikate, um die Preise künstlich zu erhöhen. Dabei sollen 900 Millionen Zertifikate zurückgehalten und erst ab 2019 dem Markt zugeführt werden, wie die EU-Kommissarin Connie Hedegaard vorschlug. Im Gespräch ist auch eine Änderung der Emissionshandelsrichtlinie, die die Europäische Kommission zu Änderungen der Auktionsverordnung ermächtigen soll. Die Bundesregierung zeigt sich über mögliche Umgestaltungen der geplanten Zertifikatsausgabe 2013 bis 2020 unschlüssig. Während sich das Wirtschaftsministerium bislang für eine Ausschüttung weiterer CO2-Zertifikate ausspricht, will das Umweltministerium eine Verschiebung erreichen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag spricht indes von einem Systembruch und einem fiskalpolitisch motivierten Eingriff in den Marktmechanismus. Ulrich Blode


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