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23.02.13 / Ein Ort der Hilfe zur Selbsthilfe / Das neue Sozialzentrum der Caritas in Heiligenbeil

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Ein Ort der Hilfe zur Selbsthilfe
Das neue Sozialzentrum der Caritas in Heiligenbeil

Über die in Folge 6 veröffentlichte Suchfrage nach ehemaligen Flüchtlingskindern, die 1946 im Schloss Körtlinghausen Zuflucht fanden, bekamen wir Verbindung zu dem Caritasverband für das Erzbistum Paderborn. Dabei stellte sich heraus, dass es ein weiteres Thema gibt, das zu Ostpreußen einen direkten Bezug hat: Seit 15 Jahren unterstützt der Caritasverband die Arbeit der Katharinenschwestern in Heiligenbeil [Mamonowo], in einem der armseligsten Gebiete in der russischen Exklave Königsberg. Es gibt viel zu tun für die Ordensfrau Alberta und ihre Mitschwestern vom neuen Sozialzentrum der Caritas in Heiligenbeil, das mit Spenden aus dem Erzbistum Paderborn in unmittelbarer Nachbarschaft des Schwesternhauses errichtet werden konnte. Seit fast 20 Jahren sind die Katharinenschwestern in Heiligenbeil tätig. Gemeinsam mit der Caritas versuchen sie, sozial schwachen Familien Hilfe und emotionalen Halt zu geben. Eigentlich kommt der Orden aus dem benachbarten Braunsberg, aber das liegt heute jenseits der nahen russisch-polnischen Grenze. Nach dem Ende der Sowjetunion und der Öffnung des bis dahin militärisch genutzten Gebietes zog es einige Schwestern nach Heiligenbeil, dem Sterbeort ihrer Ordensgründerin Regina Protmann. Das katholische Schwesternhaus wurde bald Anlaufstelle für bedürftige Familien. Einigen Straßenkindern konnten die Schwestern Obdach bieten. Das neue Sozialzentrum, das die Schwestern im Auftrag der „Caritas Kaliningrad“ betreuen, soll vor allem den schwächsten Mitgliedern der Bevölkerung dienen, deren Not groß ist. Es gibt Familien, die ohne regelmäßige Lebensmittelspenden der Caritas nicht überleben könnten. Gelegenheitsjobs und ein wenig Kindergeld langen gerade für das Nötigste. So ist es kein Wunder, dass Schwester Alberta schon sehnsüchtig erwartet wird, wenn sie die Familien besucht.

Wie bei Olga und ihren acht Kindern, die in ihrem fast verfallenen Häuschen sofort die Ordensfrau umringen. Diese hat Obst mitgebracht, selbst Äpfel kann sich Olga nicht leisten. Tränen stehen der Mutter in den Augen, als sie Schwester Alberta auf die Wange küsst. „Sie gibt mir Kraft, das Ganze hier zu überstehen“, sagt die allein erziehende Mutter.

Im neuen Sozialzentrum werden vor allem die Kinder gefördert, die zu arm sind, um einen Kindergarten besuchen zu können. Diese Förderung ist wichtig, weil Kinder aus sozial schwachen Familien in der Schule als „lernbehindert“ abgestempelt werden, da die Eltern oft drogen- oder alkoholkrank sind. Mit einem Bulli werden die Kinder aus dem Umland zum Sozialzentrum gebracht. Das schmucke Gebäude, benannt nach der seligen Regina Protmann, bietet optimale Voraussetzungen der Versorgung mit Lebensmitteln und Bekleidung und – was noch wichtiger ist – mit pädagogischer Betreuung. Manche Kinder stehen hier zum ersten Mal in ihrem Leben vor einem Waschbecken und wissen nicht, was das ist. Auch psychologische Hilfe ist möglich, wenn Kinder traumatisiert sind.

Ein extremes Beispiel hierfür ist der Fall von Geschwistern, die als Kleinkinder unversorgt von ihren Eltern verlassen wurden. Nur durch Zufall wurden sie von einer Nachbarin entdeckt und gerettet. Ein Kleinkind war bereits im Schlaf von Ratten angefallen und im Gesicht verletzt worden. „Ich weiß nicht, wie man lacht“, erklärte es auf die Frage einer Erzieherin, warum es denn nie ein Lächeln zeige.

Neben der Hilfe für die Kinder geht es der Caritas und den Ordensfrauen darum, Risikofamilien zu stabilisieren. Hierfür setzen sie vor allem auf die Mütter. „Wir zeigen den Frauen, wie man wäscht, kocht und preiswert einkauft“, erklärt Schwester Alberta. Ihr Traum ist es, aus dem Sozialzentrum einen Ort der Hilfe zur Selbsthilfe zu machen. Im Dachgeschoss könnten Seminarräume entstehen, im Souterrain Werkräume.

Aber das ist alles Zukunftsmusik für ein Projekt, das allein aus Spenden finanziert wird. Doch die Hoffnung lebt in der „Caritas Kaliningrad“ und bei den Ordensschwestern in Heiligenbeil. Auch dank der tatkräftigen Unterstützung von Spendern aus dem Erzbistum Paderborn. R.G.


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