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23.02.13 / Der Wert des Verlorenen / Rekonstruktion Potsdams

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Der Wert des Verlorenen
Rekonstruktion Potsdams

Das Potsdamer Stadtschloss wächst gerade in der von spannenden Projekten zum Wiederaufbau geprägten einstigen Residenzstadt Friedrich des Großen seiner Bestimmung entgegen. Doch nicht nur Brandenburgs Landtag bekommt eine neue alte Form. Das Buch „Potsdam. Der Weg zur neuen Mitte“ zeigt den erstaunlichen Wandel des alten preußischen Machtzentrums nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und während der DDR-Zeit. Die Stadtplanerin und Architektin Christiane Borgelt geht darin vielen Projekten, Plänen und manchem Streit um rekonstruierendes Bauen nach. Sie stellt „von der DDR fast gänzlich überbaut“, zurückgelassene Straßen auf 141 reich illustrierten Seiten dem Neuen gegenüber. Die seit 1995 selbst an Sanierungsprojekten beteiligte Fachpublizistin widmet sich nicht nur Verlust und Rekonstruktion, sie schlägt eine Brücke aus der Vergangenheit der Stadt vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zu den aktuellen Bauplänen. Potsdams Geschichte, aber auch der erfolgreiche Einsatz seiner Bürger für ihre Gestaltung kommen so zur Geltung.

Angesichts der ständig neuen Investitions- und Rekonstruktionsplänen konnten die neuesten Entwicklungen nicht alle in das Buch aufgenommen werden. So schaffte es die Teilrekonstruktion des unter Friedrich II. errichteten Palasts Barberini nicht mehr in das vom städtischen Sanierungsträger herausgegebene Werk.

Das bietet trotzdem mehr als einen reich illustrierten farbigen Eindruck für Architektur- und Preußenfreunde. Neben alten wie neuen Plänen und Entwürfen geht die Autorin der erstaunlichen Rück-besinnung auf den Wert des Verlorenen nach: „Der Abbau des Theaterrohbaus am Alten Markt war wie ein Befreiungsschlag. Für viele Potsdamer Bürger bedeutete er symbolisch das Ende der 40-jährigen DDR-Geschichte und des sozialistischen Stadtumbaus. Der Genius Loci der alten Stadtmitte stand wieder zur Verfügung.“ Dieser besondere Geist des Ortes ist selbst in den enthaltenen Bildern der 60er Jahre ist noch erkennbar: Letzte Aufnahmen der Garnisonkirche lassen erahnen, mit welcher Brutalität DDR-Planer dieses und viele andere Kunstwerke zugunsten sozialistischer Betonarchitektur abwickelt haben. Das Resultat war „das unvollendete, autogerechte Zentrum“, von 1989, so Borgelt.

Dem Einfluss der Bürgerbewegung, die in jenem Jahr begann Häuser provisorisch vor dem Verfall zu schützen, widmet Borgelt in ihrer Bestandsaufnahme ebenfalls ein Kapitel. Der größte Teil des mit vielen Luftaufnahmen angereicherten Bandes befasst sich indes mit der Zeit nach 1990. Ein farbiger Plan der Grabungen auf dem Gelände des Stadtschlosses liefert mit einem Kapitel über neueste archäologische Ergebnisse Einblick in das Werden der Stadt. Details wie die Originalteile des Schlosses, aber viel mehr noch die im Buch sichtbare städtische Gesamtgestaltung, wiedererstehende Palazzi wie moderne Entwürfe, runden den Blick auf einen wieder zum Leben erwachenden Stadtkern ab. „Die Potsdamer Mitte wird gelingen“, sagt Borgelt: „Ungewohnte, neue und wiedergewonnene Blickpunkte überraschen den Flaneur.“ SV

Christiane Borgelt: „Potsdam. Der Weg zur neuen Mitte“, Nicolai, Berlin 2012, geb., 141 Seiten, 19,90 Euro


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