24.04.2024

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02.03.13 / Hausgemachte Finanznot

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-13 vom 02. März 2013

Hausgemachte Finanznot

Was sind die Gründe für die Umwidmung von Kirchen? In der Vergangenheit meist durch Kriege und Eroberungen verursacht, spielen sich heute subtilere Prozesse ab. Die sinkende Finanzkraft der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die dank der Kirchensteuer nach wie vor zu den reichsten der Welt zählt, hängt unmittelbar mit ihren hohen Mitgliederverlusten zusammen. In den letzten 60 Jahren verloren die EKD-Kirchen rund 18 Millionen ihrer zahlenden Anhänger.

Die Mitgliederverluste könnten sich jetzt noch verstärken, weil der Verkauf einer ehemals evangelischen Kirche an einen islamischen Verein in Hamburg zu einem „schweren Imageschaden“ führe, wie der Direktor des evangelischen Kirchbauvereins in Deutschland, Thomas Erne, befürchtet. Kirchen seien Identifikationspunkte und „wichtige Identitätsanker“, so der Professor für Praktische Theologie aus Marburg. Doch diese Klage kommt reichlich spät, denn schon in den 1960er und 1970er Jahren lösten sich EKD-Kirchen oftmals von ihrem biblischen Fundament und auch von traditionellen Bauformen der Gebäude (kreuzförmiger Grundriss, spitzer Kirchturm, Kirchenschiff). Vom Abriss oder einer Umwidmung leer stehender Kirchen sind daher besonders die wenig geliebten „Betonkirchen“ aus den 1960er oder 1970er Jahren betroffen.

Ein zweiter Grund für die gegenwärtige Entwicklung liegt in den Migrationsbewegungen. So geschehen die Umwidmungen häufig zugunsten orthodoxer Kirchen, meist südosteuropäischer Herkunft. Dass sich die über drei Millionen Moslems in Deutschland über kurz oder lang nicht mehr mit Hinterhof-Moscheen zufrieden geben würden, war zudem seit langer Zeit abzusehen. H.E.B.

 

Zeitzeugen

Kaiser Karl V. – Er regierte von 1520 bis 1556 ein Weltreich, in dem „die Sonne nie unterging“. Bekannt ist er durch sein teils versöhnliches, teils kriegerisches Handeln in der Reformationszeit. Dass er als katholischer Herrscher die Umwandlung einer Moschee in Cordoba in eine christliche Kathedrale kritisierte, zeigt die Weltläufigkeit dieses kunstinteressierten und frommen Herrschers.

Maria Jepsen – Die ehemalige evangelische Landesbischöfin in Hamburg verlor während ihrer Amtszeit (1992–2008) Tausende ihrer Kirchenmitglieder und musste die Schließung zahlreicher Kirchen der Hansestadt in die Wege leiten. Ihrem feministischen und linkspolitischen Kurs mochten immer weniger ihrer „Schäfchen“ folgen und wandten sich daher anderen Kirchen oder Religionen zu.

Daniel Abdin – Der Imam des „Islamischen Zentrums Al-Nour e.V.“ hat im November 2012 die evangelische Kapernaum-Kirche gekauft. Etwa 600 Mitglieder hat diese größte arabisch-islamische Gemeinde Norddeutschlands, die derzeit noch eine Hinterhof-Moschee im Stadtteil St. Georg betreibt. Abdin handelte kürzlich mit der Hansestadt Hamburg auch einen Staatsvertrag für die islamischen Gemeinden aus.

Thomas Erne – Der mit einer Künstlerin verheiratete Theologieprofessor und Präsident des evangelischen Kirchbauvereins schrieb seine Doktorarbeit über das Thema „Lebenskunst, Aneignung ästhetischer Erfahrungen“. Der von ihm befürchtete Imageschaden durch die Umwidmung einer Kirche in eine Moschee ist aber durch die unästhetischen „Betonkirchen“ der Nachkriegszeit längst eingetreten.

Hans-Jochen Jaschke – Der katholische Weihbischof in Hamburg sagte zum Fall der Kirche in Hamburg-Horn: „Die Umwidmung einer Kirche in eine Moschee ist nicht in unserem Sinne. Die Austauschbarkeit von Kirche und Christentum mit dem Islam entspricht nicht einem guten interreligiösen Dialog.“ Auch spricht er von einem „Missgeschick“ der evangelischen Glaubensbrüder und fordert eine bessere vertragliche Vorsorge.


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