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02.03.13 / Mit Alfred Tegtmeier zum Erfolg / »Der Schwiegermuttermörder« brachte Jürgen von Manger Silvester 1961 den Durchbruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-13 vom 02. März 2013

Mit Alfred Tegtmeier zum Erfolg
»Der Schwiegermuttermörder« brachte Jürgen von Manger Silvester 1961 den Durchbruch

Jürgen von Manger war von etwas anderer Herkunft, als man es bei seiner Kunstfigur Alfred Tegtmeier erwarten sollte. Sein Vater war nicht Bergarbeiter, sondern Staatsanwalt. Seine Mutter war nicht bürgerlich, sondern entstammte einer Adelsfamilie. Und seine Wiege stand nicht im Ruhrpott, sondern in Koblenz. Erst nach der Versetzung des Vaters an das dortige Landgericht zog die Familie 1933 nach Hagen. Wie die Eltern haben auch die beiden Brüder nicht in Tegtmeiers Milieu gelebt. Der ältere war lange Zeit Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und der jüngere Oberstudienrat in Rhöndorf.

Anfänglich schien auch der am 6. März 1923 geborene zweite Sohn von Fritz Koenig und dessen Ehefrau Antonia von Manger nicht aus der Bahn zu schlagen. Standesgemäß ging er in Hagen erst auf das Fichte- und dann auf das Albrecht-Dürer-Gymnasium. Doch dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Weil es ihm Spaß machte, in fremde Rollen zu schlüpfen und es mit Schulfrei verbunden war, jobbte der Schüler ab 1939 als Statist am Stadttheater.

Nach dem Abitur wurde Manger eingezogen und an die Ostfront versetzt. 1943 wurde seine Einheit nach Italien verlegt, wo er auch das Kriegsende erlebte.

Der Entscheidung, ob er nun nach Schulausbildung und Kriegsdienst beruflich in die Fußstapfen seines Vaters treten oder lieber sein Hobby aus Schülertagen zum Beruf machen sollte, sah er sich dadurch enthoben, dass die Universitäten voll waren und ältere Kriegsjahrgänge bevorzugt wurden. Dafür bot ihm das Hagener Stadttheater einen Vertrag an. 1947 wechselte er nach Bochum ans Schauspielhaus und 1950 nach Gelsenkirchen an die Städtischen Bühnen. Dort brachte er es bis 1963 bis zum 1. Charakterkomiker.

Ab 1954 machte er dann auch das, was ihm nach Kriegsende noch versagt gewesen war. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften. Dieses Studium in Köln und Münster beendete er 1958 ohne Abschluss.

Parallel zu Schauspielerei und Studium arbeitete er ab 1954 auch als Sprecher für Schul- und Kirchenfunk sowie Hörspiele wie „Paul Temple und der Fall Law­rence“ (1958), „Das Appartementhaus“ (1961), „Robbi, Tobbi und das Fliewatüt“ (1968) und schließlich „Der kleine Hobbit“ (1980). Da die Aufnahmen beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) häufig erst nach seinen Bühnenauftritten begannen, hat er gerne in den Pausen herumgealbert. Die Legende besagt, dass bei einer dieser Albereien ein Tontechniker geistesgegenwärtig die Starttaste des Aufnahmegerätes gedrückt habe. Manger wird vom WDR als Erzähler eigener Geschichten entdeckt und der Unterhaltungschef des Senders, ein alter Schulfreund, vermittelt ihn an den Norddeutschen Rundfunk (NDR).

Der sendet Silvester 1961 Mangers legendären Sketch über den Schwiegermuttermörder, der sich vor Gericht für seine Tat verantwortet. Das ist der Durchbruch. Der Mann, dem Manger seine Stimme gibt, heißt hier noch Schulte, aber er hat bereits typische Eigenschaften des Adolf Tegtmeier, eine Kunstfigur, mit der Manger 1962 im NDR an die Öffentlichkeit tritt und die ihn landesweit berühmt macht.

Dieser einfache Mann von der Straße aus dem Kohlenpott, ursprünglich nur eine Hörfunkfigur, wird von Manger geschäftstüchtig auch in Tourneen auf die Bühne und ins Fernsehen gebracht. Manger hilft dabei – so makaber es klingt – eine halbseitige Gesichtslähmung aus der Jugendzeit. Auch Tegtmeier-Schallplatten und -Bücher kommen nun auf dem Markt.

1966 erscheint sein Buch „Bleiben se Mensch! – Träume, Reden und Gerede des Adolf Tegtmeier“. Im selben und im darauffolgenden Jahr bekommt er für die ersten beiden Folgen der „Stegreifgeschichten“ die „Goldene Schallplatte“. Weitere Schallplatten folgen, mit Texten, aber auch mit Gesang. So nimmt Tegtmeier, der sich nach dem Kriege nicht nur in der Schauspielkunst, sondern auch in der des Gesanges hatte ausbilden lassen, 1977/78 auch die beiden Platten „Bottroper Bier“ und „Dat bisken Frühschicht“ auf, in denen er bekannte Schlager jener Jahre mit variierten Texten interpretiert. Sieben Jahre, von 1972 bis 1979, läuft die Reihe „Tegtmeiers Reisen“ im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) mit Quoten von bis zu über 50 Prozent. Es folgen „Tegtmeier klärt auf“ und „Tegtmeiers Trost“. Neben der Vermarktung der von ihm 1962 präsentierten Kunst- und auch Kultfigur setzte Manger seine bisherige vielfältige Arbeit fort.

1985 allerdings setzte ein schwerer Schlaganfall, der ihn nicht nur halbseitig lähmte, sondern auch sein Sprachzentrum beeinträchtigte, seinem weiteren Schaffen sehr enge Grenzen. Weitere Ehrungen blieben jedoch nicht aus. 1987 erhielt er das Große Verdienstkreuz des Bundesverdienstordens und 1990 den Verdienstorden des Landes Nord­rhein-Westfalen. Bis heute erinnert ein vom ZDF gestifteter Stern auf dem „Walk of Fame des Kabaretts“ in Mainz an den Komiker, den manche mit Karl Valentin, andere mit Heinz Erhard vergleichen. Nach zahlreichen Klinikaufenthalten starb Jürgen von Manger am 15. März 1994 in seiner Wahlheimat Herne. M.R.


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