19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.03.13 / Blender im Visier / Autor hinterfragt Chefs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-13 vom 02. März 2013

Blender im Visier
Autor hinterfragt Chefs

Aus dem Stapel der Rezensionsexemplare scheint der Titel „Blender. Warum immer die Falschen Karriere machen“ hervorzustechen, denn gleich mehrere PAZ-Mitarbeiter greifen nach dem türkisfarbenen Buchumschlag, auf dem in goldfarbenen Lettern der Haupttitel „Blender“ prangt und ein röhrender Hirsch abgebildet ist. Bedauerlicherweise macht das Buch seinem Titel alle Ehre und ist selber gedrucktes Blendwerk. Das, was Autor Roman Maria Koidl da schreibt, könnten zahlreiche andere aufgrund ihrer eigenen Berufserfahrungen weniger klischeelastig und wohl auch witziger schreiben. Alleine aus den Erzählungen von Verwandten und Bekannten könnte fast jeder viel realitätsnähere Fälle schildern und würde dabei auf gequälte auf Originalität getrimmte Einordnungen wie „Schlipswichser“ oder „Business-Blender“ verzichten. Koidl, der 2010 den Bestseller „Scheißkerle“ vorlegte, versucht nämlich verzweifelt, Blender in bestimmte Gruppen einzuteilen. Dass der Inhaber der Traditionsmarke „Most Schokolade“ hierfür übertreiben und in die Klischeekiste greifen muss, ist somit zwar verständlich, tut dem Buch aber nicht gut.

Zwischen den ganzen Verallgemeinerungen über jene Männer, die nur das Ziel haben, Frauen ins Bett zu bekommen, oder jene, die mit ihrer Bildung versuchen zu blenden, schreibt Koidl allerdings durchaus einige interessante Dinge über Frauen. So hat er als Chef bereits mehrfach erlebt, dass schwangere Mitarbeiterinnen ihm vor der Geburt des Kindes geschworen haben, nach der Geburt in Vollzeit wiederzukommen und ihn baten ihn, die Stelle für sie zu reservieren, doch kaum sei der Nachwuchs da gewesen, sei plötzlich von einer schnellen Rückkehr in den Beruf nicht mehr die Rede gewesen. Auch nennt er den Fall einer kompetenten Bekannten, die, als der Posten ihres Chefs frei wurde, gewartet hat, dass man sie fragt, ob sie sich nicht auf die Stelle bewerben möchte. Da sie die nötigen Qualifikationen mitbrachte, sah sie es als selbstverständlich an, dass sie sich auf die Stelle bewirbt, sie wollte nur eben vorher gefragt werden. Doch ehe sie sich versah, wurde ihr ein Chef vorgesetzt, der von außerhalb des Unternehmens kam und über Beziehungen die Stelle erhielt. Zwar sahen alle, dass der neue Chef absolut unfähig war und außerdem von seinem Privatleben mit Ex-Frau samt Kindern sowie Geliebter sehr in Beschlag genommen wurde, doch nun saß er nun mal auf dem Posten und die anderen mussten für ihn mitarbeiten.

Auch die Erfahrungen einer von Koidl interviewten langjährigen Vorstandssekretärin sagen viel aus über die Welt der männlichen Chefs der letzten Jahrzehnte und ihrer Assistentinnen im Hintergrund, die hinter den Kulissen jeden „Dreck“ wegmachen, den der Boss zuvor gemacht hat. Doch trotz jener interessanten Beispiele ist „Blender“ im Großen und Ganzen viel Lärm um wenig. Rebecca Bellano

Roman Maria Koidl: „Blender. Warum immer die Falschen Karriere machen“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, kartoniert, 221 Seiten, 16,99 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren