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02.03.13 / Anti-Deutscher in Aktion / Journalist Tuvia Tenenbom auf der verzweifelten Suche nach Antisemiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-13 vom 02. März 2013

Anti-Deutscher in Aktion
Journalist Tuvia Tenenbom auf der verzweifelten Suche nach Antisemiten

Der New Yorker Journalist und Dramatiker Tuvia Tenenbom schreibt Kolumnen für „Die Zeit“ und andere große internationale Magazine. In New York, wo er seit 1981 lebt, gründete er 1994 das Jewish Theater. Tenenbom wurde 1957 in Tel Aviv geboren und stammt aus einer deutsch-jüdisch-polnischen Familie. Im Frühjahr 2010 meldete sich bei ihm überraschend der Rowohlt Verlag mit dem Angebot, einige Monate durch Deutschland zu reisen und auf der Grundlage seiner Beobachtungen ein Buch zu schreiben. Kurz entschlossen machte er sich auf den Weg, den großzügigen Vertrauensvorschuss seines Auftraggebers im Gepäck. Nachdem er aber seine streitbare Reportage 2011 zunächst in den USA veröffentlicht hatte, bestand die Verlagsleitung auf der Auflösung des Vertrags. Zudem untersagten mehrere deutsche Politiker und Amtsträger dem Autor die Veröffentlichung ihrer Äußerungen ihm gegenüber in der deutschen Ausgabe seines Buches. Dieses erschien dann Ende 2012 bei Suhrkamp unter dem vielsagenden Titel „Allein unter Deutschen. Eine Entdeckungsreise“ und löste, neben dünnem, eher verhaltenem Lob, vielfach Empörung aus. Dabei wurde nicht so sehr Tenenboms Auffassung beanstandet, „die Deutschen“ seien überwiegend antisemitisch eingestellt. Der Hauptvorwurf der Kritiker bezog sich auf eine vermeintliche Voreingenommenheit des Autors.

Herausgekommen ist eine unkonventionelle, aber durch und durch subjektive, ironisch eingefärbte Reisereportage. Wie sind sie, die Deutschen, lautete eigentlich die Fragestellung. Tenenbom hat sich jedoch vorrangig auf den Aspekt beschränkt, der ihn am meisten interessiert: Wie antisemitisch und israelkritisch sind die Deutschen? Kritik an der Politik Israels setzt er, jedenfalls bei Deutschen, unterschiedslos mit Antisemitismus gleich. Das ist ein Standpunkt, der hierzulande gerade in den letzten Wochen aus einem anderen Anlass engagiert diskutiert und hinterfragt worden ist. Insgesamt wird „den Deutschen“ außer „eingefleischtem Antisemitismus“ alles Mögliche bescheinigt, darunter „kindischer Extremismus“. Ob und wie viel Gewicht man dem Befund zubilligen mag, dürfte davon abhängen, ob Tenenboms ungewöhnliche Methode akzeptiert wird, Gespräche meistens von vornherein in eine bestimmte Richtung zu dirigieren und damit auch abzukürzen. Ohne festen Plan ist er von Ort zu Ort gezogen und hat Kontakte zu Prominenten und Durchschnittsbürgern geknüpft, wobei er bei Letzteren meistens unverzüglich auf sein Kardinalanliegen zusteuerte, nämlich Antisemitismus und Israelfeindlichkeit zum Vorschein zu bringen.

Und siehe da, fast jeden Tag wurde er fündig, nur leider oftmals auf Kosten der vielen Männer und Frauen, die er in Hamburg, Nürnberg, Köln, Leipzig und andernorts getroffen hat. Manchmal hat er Mimikry betrieben, um sein Gegenüber aus der Reserve zu locken, zum Beispiel, indem er sich als Jordanier ausgab oder einen naiven, dümmlichen Ausländer spielte, ähnlich wie Sacha Baron Cohen in seiner Kino-Groteske „Borat“ (2006). Kein Wunder, dass solchermaßen angeknüpfte Gespräche, die im Buch in einer doppelbödig-ironischen Kommentierung verpackt sind – was manchmal, aber nicht immer, witzig ist –, teilweise schon zu Ende waren, nachdem sie kaum begonnen hatten. In welchem Umfang dem Autor insofern ein anregender Austausch mit Menschen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld entgangen ist, liegt auf der Hand. Dem Geplauder mit bekannten Persönlichkeiten wurde demgegenüber unverhältnismäßig viel Raum zugebilligt. Einigen seiner deutschen Kollegen zollt Tenenbom hohe Anerkennung, allen voran Peter Scholl-Latour. Allerhöchstes Lob teilte er aber in erster Linie der Landschaft aus, zum Beispiel dem Bilderbuch-Panorama am Starnberger See.

Oft wurde er auf seiner „Expedition“ zum Essen und Trinken eingeladen. Dabei fällt dann doch auf, dass er den Wirt eines Sylter Luxusrestaurants, von diesem lukullisch verwöhnt, mit seinen nervenden, beharrlichen Fragen verschont hat.

Den deutschen Antisemitismus hält Tenenbom für tiefer verankert als den „in der Politik oder der Religion“ begründeten islamischen Antisemitismus. Auch welcher Art dieser Antisemitismus sei, glaubt er zu wissen. Mit israelfeindlichen Türken in Duisburg-Marxloh habe er sich jedenfalls stundenlang blendend amüsiert, schreibt er, und weiter: „Mit den Deutschen geht das nicht.“ Schließlich gibt er sogar zu, dass er verallgemeinert, meint aber gleichzeitig: „Tut mir leid, aber das ist es, was ich gesehen habe.“ Dagmar Jestrzemski

Tuvia Tenenbom: „Allein unter Deutschen. Eine Entdeckungsfahrt“, Suhrkamp Verlag, Berlin 2012, broschiert, 432 Seiten, 17,50 Euro


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