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09.03.13 / Macht- und ideenlos / Politik weiß nicht, wie sie der unkontrollierten Zuwanderung der Roma aus Osteuropa begegnen soll

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-13 vom 09. März 2013

Macht- und ideenlos
Politik weiß nicht, wie sie der unkontrollierten Zuwanderung der Roma aus Osteuropa begegnen soll

„Mehr Geld für die Integration“, so lautete bisher der Tenor, wenn es um den Zustrom von Südost-europäern, insbesondere von Roma, nach Deutschland ging. Vor allem sozialdemokratisch regierte Kommunen im Ruhrgebiet sind es, die den Bund in der Pflicht sehen, finanzielle Lasten zu übernehmen. Inzwischen sind in der politischen Diskussion allerdings auch völlig neue Töne zu hören: etwa die Forderung, die Zuwanderung zu begrenzen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fürchtet spätestens 2014 – wenn für Rumänen und Bulgaren die völlige Freizügigkeit innerhalb der EU gilt – den organisierten Missbrauch von deutschen Sozialleistungen. „Man muss vor Ort einfach stärker hinschauen und den Mut haben, EU-Bürger, die das Freizügigkeitsrecht missbrauchen, dann eben zurück-zuschicken“, so der Innenminister in der „Rheinischen Post“. Zusätzlich will Friedrich eine Wiedereinreisesperre für diejenigen, die zurückgeschickt wurden. Was auf Deutschland im kommenden Jahr möglicherweise zukommt, macht Frank-Jürgen Weise, der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), deutlich: Momentan würden 6000 bis 7000 Roma aus Osteuropa in Deutschland leben, ab 2014 könnten es 120000 bis 180000 werden, so Weise gegenüber der „Welt am Sonntag“.

Dass sich nun ausgerechnet der Chef der Bundesagentur in die Diskussion um die Zuwanderung vom Balkan einschaltet, hat einen guten Grund. Die Wohlstandmigration aus Rumänien und Bulgarien kann dazu führen, dass insgesamt die Vorbehalte gegen Zuwanderung wachsen, so die Befürchtung des BA-Vorstandschefs.

Aber auch ohne den im kommenden Jahr erwarteten Zustrom vom Balkan steckt die deutsche Einwanderungspolitik tief in einer Sackgasse. Es kommen in großer Zahl Niedrig- oder Unqualifizierte, die keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, Fachkräfte oder gar Hochqualifizierten, die man eigentlich haben will, bleiben aus. Laut „Migrationsbericht 2011“ der Bundesregierung blieb im Jahr 2011 insgesamt ein Bevölkerungsplus von 280000 Personen – lediglich 6536 der Zugewanderten galten aber als hochqualifiziert. De facto das genaue Gegenteil von dem, was Kanada mit Erfolg an Einwanderungspolitik betreibt. Vorrangig lässt man dort solche Personen ins Land, die höher qualifiziert sind als der Durchschnitt der kanadischen Bevölkerung.

Einen Vorschlag, um zumindest den Zustrom von Armutsflüchtlingen aus anderen EU-Ländern einzudämmen, hat inzwischen der Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus F. Zimmermann, vorgelegt. „Mit einer strikten rechtlichen Klarstellung, dass es Wohlfahrtsmigration nicht gibt, ist der Spuk vorüber.“ Die konkreten Forderungen von Zimmermann: Deutsche Sozialleistungen sollen erst gezahlt werden, wenn hier bereits gearbeitet wurde. Wer nicht zu Erwerbszwecken kommt, soll eigenes Geld und eine Krankenversicherung vorweisen. So vernünftig der Vorschlag klingt, die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland mit einer derartigen Lösung in Brüssel und vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ausgebremst wird, ist hoch. Vor allem der EuGH hat in der Vergangenheit bei Zuwanderung in Sozialsysteme schon spektakulär gegen einzelne EU-Mitgliedsländer entschieden.

Unter den vorhandenen Rahmenbedingungen ist auch der Vorschlag von Bundesinnenminister Hans-Peter Fried-rich skeptisch zu sehen. Denn auch hier ist die Gefahr groß, dass Brüssel die Rote Karte zeigt. Für konkretes Handeln im Zusammenhang mit den neuen EU-Ländern Bulgarien und Rumänien hätte der Bundesinnenminister allerdings zuvor genug Zeit gehabt. Als völlig erfolglos gelten kann etwa die Eindämmung der massiven Kriminalitätswelle, die seit dem EU-Beitritt der beiden Balkanländer im Jahr 2007 nach Deutschland gekommen ist.

Inzwischen bringt die Zuwanderung vom Balkan allerdings noch ganz andere Probleme mit sich. Die Rückkehr von Krankheiten, die in Europa eigentlich schon für fast überwunden geglaubt wurden. In vielen ehemaligen Ostblock-Staaten nimmt mit dem Niedergang des Gesundheitswesens die Zahl von Tuberkuloseerkrankungen wieder zu, mittlerweile wird jeder zweite Tuberkulosefall in der EU aus Rumänien gemeldet. Zusätzlich brisant dabei: Der falsche Gebrauch von Antibiotika und frühzeitige Behandlungsabbrüche haben zur Bildung von Tuberkuloseerkrankungen geführt, die mit den bisher gebräuchlichen Medikamenten nicht mehr therapierbar sind. In Rumänien werden jährlich 1000 bis 1200 derartige Fälle gemeldet. Mit der Abwanderungswelle aus dem Balkanland werden die multiresistenten Tuberkuloseerkrankungen nun immer mehr zum europaweiten Problem. Norman Hanert


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