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09.03.13 / Eiskalt erwischt / Noch nicht olympisch, aber bald? Beim russischen Brumbol dürfen Frauen und Männer in einem Team auf dem Eis den Besen schwingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-13 vom 09. März 2013

Eiskalt erwischt
Noch nicht olympisch, aber bald? Beim russischen Brumbol dürfen Frauen und Männer in einem Team auf dem Eis den Besen schwingen

Von wegen, Harry Potter hat „Quidditch“ gespielt! Mit seiner Ausrüstung – Besen, Ball, Galoschen – sehen ihn Russen als Mitstreiter im echt russischen „Brumbol“, der im Winter Hochsaison hat, wo man vor lauter Wettkämpfen nicht mehr zum Training kommt.

Die russische Wintersportszene verzeichnet laufend Novitäten wie Skijöring, bei dem man sich auf Skiern vom Pferd, Auto oder Motorrad ziehen lässt. Aber Brumbol geht auf das altrussische „Ball-Hockey“ zurück und ist eine Sportart, die von der 1966 gegründeten „Moskauer Brumbol-Liga“ in ortsüblicher Ruppigkeit exekutiert wird.

Brumbol ist der phonetisch russifizierte „Broomball“, der „Be­senball“, den um 1900 herum Journalisten im kanadischen Quebec als winterliche Parodie des „Nationalsports“ Eishockey er-dacht hatten. Sie balgten sich auf dem Eis, ohne Schlittschuhe, aber in gleitfähigen Gummischuhen und ausgerüstet mit „brooms“ (Besen), mit denen mittelgroße Bälle ins gegnerische Tor zu bugsieren waren.

Was als winterlicher Ulk be­gann, wurde bald ein Publikumsrenner, der Mitte der 1950er Jahre sogar internationale Dimensionen erreichte. Kanada und die USA trugen ein Länderspiel aus, seither besteht in fast jedem US-Staat eine eigene „Broomball-League“.

Etwa zur gleichen Zeit kam das Spiel in die Sowjetunion, importiert von westlichen Konsuln und darum bei Russen bis heute als „konsulski sport“ bekannt. Ge­spielt wird zumeist auf gefluteten Tennisplätzen, momentan auf der Anlage bei der deutschen Botschaft. Die „German Eagles“ spielen derzeit glücklos: Vier Spiele, davon drei verloren – keine Aussicht auf Wiederholung früherer Triumphe. Aber es geht ja nicht um Nationalmannschaften, sondern um multinationale Teams von Botschaften oder ausländischen Firmen, im Bundesadler-Dress oder sonst wie.

Ein Spiel dauert dreimal 20 Minuten, plus „overtajme“ bei Unentschieden. Jedes Team umfasst einen Torwart und sechs Feldspieler. Auswechselungen „sind nicht vorgesehen“, höchstens dürfen Torwart und Torschütze die Plätze tauschen. Gekleidet sollten die Spieler wie Eishockeycracks sein mit Helmen und Bandagen, was sie in der Regel nicht sind. Also geht jeder aufs Eis, wie er möchte, sofern er nur die gummibesohlten und rutschtauglichen Brumbolschuhe trägt. Die dürfen „keine Nägel“ haben, mehr Regeln bestehen nicht. Die „metla“ (Besen) hat sich längst zu einem langstieligen Löffel gemausert, ausgenommen in Moskau, wo russische Raubeine mit Besen kämpfen, die weniger Verletzungen verursachen.

Wird Brumbol je olympische Sportart? Die Russen hoffen es, auch wenn es den Verlust an „divokina“ (fröhlichem Trubel) einschließt. Früher warben Rei­sebüros für Brumbol als de­mokratischste Art der Erholung für ganze Kollektive, be­sonders wenn man aus Männern und Frauen gemischte Teams gründen konnte. Eisflächen gibt es im russischen Winter überall, Gummigaloschen hat ohnehin jeder. Also anziehen, Besen in die Hand und „vpered k pobede“ (vorwärts zum Sieg)! Wolf Oschlies


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