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09.03.13 / Schicksals-Freundin / Zwei Halbwaisen machen eine ungewöhnliche Bekanntschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-13 vom 09. März 2013

Schicksals-Freundin
Zwei Halbwaisen machen eine ungewöhnliche Bekanntschaft

Als die Mutter der Brüder Lorenz und Karl Brauer stirbt, drohen trübe Zeiten, da der Vater der Jungen seinen Schmerz im Alkohol zu ertränken sucht und die mürrische Haushälterin, genannt die Kratzlerin, den Jungen die Mutter weder ersetzen kann noch will. Doch dann hält Elsa in ihrem Dorf Einzug.

Astrid Rosenfeld beschreibt in dem Roman „Elsa ungeheuer“ Elsa Gröhler als ein wildes und eigensinniges Kind. Im Sommer trägt sie stets Krawatten um die Waden, da ihr diese zu dick vorkommen und sie durch die straff gebundenen Krawatten auf schlankere „adlige“ Waden hofft. Da Elsas Mutter mit ihrem neuen Liebhaber eine Weltreise plant, gibt sie ihre widerborstige Tochter einfach bei ihrem Ex-Mann, Elsas Vater, ab. Und so gelangt Elsa in das Leben der Brüder Lorenz und Karl. Und egal, wie sehr sich das Leben der beiden Brüder im Laufe der Jahre noch ändern wird, beide Jungen werden das Mädchen aus Kindertagen nie vergessen können, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen.

Karl, von Elsa „Fetti“ genannt, verliebt sich bereits im ersten Moment, als er Elsa erstmalig erblickt, in das Mädchen. Egal, wie gemein und herzlos sie sich ihm gegenüber auch verhält, Karl ist ihr hoffnungslos verfallen. Voller Bewunderung für seine Angebetete und seinen älteren Bruder Lorenz stellt Karl seine Bedürfnisse stets in den Hintergrund. Eine Eigenschaft, die er noch viele Jahre wie einen lästigen Kropf herumtragen wird.

Völlig unvermittelt verschwindet das Mädchen eines Tages aus dem Leben der Brüder und so bleiben sie mit ihrem depressiven Vater, der Kratzlerin und einer stetig weiter verfallenden Ferienpension allein zurück. Und dies ist der Moment, in dem die Autorin den Leser aus dem Dorf-Idyll herausreißt und ihn in die Welt der schillernden Partys, des zügellosen Kokainkonsums und der unlimitierten Kreditkarten schubst. Zeitweise entsteht der Eindruck, Astrid Rosenfeld wolle aus den einst so unschuldigen Halbwaisen seelenlose, kokain-schnupfende Hüllen machen, doch wieder kommt es anders.

Am Ende des Romans „Elsa ungeheuer“ hat man das Gefühl, deutlich mehr als lediglich 276 Seiten gelesen zu haben. Nach einer Reihe von Schicksalswendungen wartet die Autorin mit dem auf, wonach die Jungen schon in ihrer Kindheit zu suchen begonnen hatten – einer Erkenntnis. Durch das in dem Roman leicht überdosierte, allgegenwärtige melancholische Flair wirken manche Szenen etwas surreal, was dem Roman allerdings einen sehr individuellen Stil verleiht. Vanessa Ney

Astrid Rosenfeld: „Elsa ungeheuer“, Diogenes Verlag, Zürich 2013, geb., 276 Seiten, 21,90 Euro


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