29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.03.13 / Neue Mauerlügen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Neue Mauerlügen
von Vera Lengsfeld

Seit dem 1. März gibt es wieder mal Aufregung in Berlin. Diesmal geht es um die Versetzung eines 20 Meter langen Stücks am westlichen Ende der „East-Side Gallery“, die im offiziellen Auftrag des Ministerrates der Noch-DDR am Spreeufer im Friedrichshain entstand und die es inzwischen zu einer weltweit beachteten Touristenattraktion gebracht hat.

Kurz nach dem Mauerfall haben 118 Künstler aus aller Welt einen 1,3 km langen Abschnitt der Berliner Mauer bemalt. Die Malereien verwitterten schnell, die Beton­elemente der ehemaligen Hinterlandmauer eignen sich nicht gut als Malgrund. Außerdem waren die Bilder teilweise mit Graffiti überschmiert worden.

Vor wenigen Jahren hat die chronisch klamme Stadt die Malereien restaurieren lassen. Allerdings nicht alle, denn manche Künstler weigerten sich, sich an der Restaurierung zu beteiligen, weil die angebotene Bezahlung zu gering war. Manche verboten die Restaurierung ihrer Gemälde ganz. Die Ausstellung ist immer noch eindrucksvoll, obwohl leere Mauerstücke die Reihung immer wieder unterbrechen.

Als die O2-World gebaut wurde, ist schon einmal ein 45 Meter breites Mauerstück versetzt worden. Es steht jetzt auf dem ehemaligen Todesstreifen und die Besucher haben einen schönen Blick auf die Spree, deren Ufer wunderbar rekultiviert wurde. Dieser Durchbruch hat die Attraktivität des Ortes erhöht, weil in der Mitte der Gallery die Möglichkeit besteht, eine Pause auf der Spreewiese einzulegen.

Die nun begonnene und inzwischen wegen des Protests von 600 Demonstranten vorläufig eingestellte Versetzung weiterer Mauerstücke steht seit Jahren fest. Sie ist nötig, um den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Brommybrücke zu ermöglichen. Deshalb haben nicht nur das Landesdenkmalamt und die Obere Denkmalbehörde zugestimmt, sondern Stadtbezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) soll den Investor sogar verpflichtet haben, den Durchgang zu schaffen.

Das war den Demonstranten egal, die mit Honeckerbildern und SED-Sprüchen gegen die „Zerstörung“ des „letzten zusammenhängenden Stücks Mauer“ protestierten. Dabei steht die „East-Side Gallery“ nicht als Mahnmal für die einst tödliche Grenze, die fast 30 Jahre die Stadt auseinander­gerissen hat, sondern für die neuen Möglichkeiten, die sich nach dem Mauerfall ergaben.

Der Weltöffentlichkeit erfolgreich zu suggerieren, Berlin würde sich seiner eigenen Geschichte entledigen wollen, was sogar (den ahnungslosen) David Hasselhoff in New York zum „Kämpfer für die Mauer“ machte, ist heuchlerisch. Vielmehr wird klar, dass hinter den Protesten diejenigen stehen, die eine Bebauung des Uferstreifens mit allen Mitteln verhindern wollen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren