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16.03.13 / Die Heimat der Mainzelmännchen / Vor 50 Jahren nahm das Zweite Deutsche Fernsehen den Sendebetrieb auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Die Heimat der Mainzelmännchen
Vor 50 Jahren nahm das Zweite Deutsche Fernsehen den Sendebetrieb auf

Dem Sendestart des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) gingen langjährige, historisch bedingte politische Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern voraus. Am 1. April 1963 war es dann soweit: Das neue Fernsehprogramm ging um 19.30 Uhr mit einer Ansprache des Intendanten Karl Holz­amer auf Sendung. Im Anschluss daran folgte die Nachrichtensendung „heute“. Bis dahin war es jedoch ein weiter Weg.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Sendeanlagen von den Besatzungsmächten betrieben, und erst ab 1948 in Landessender des öffentlichen Rechts unter deutscher Verwaltung umgewandelt. Diese schlossen sich 1950 dann zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD) zusammen, obwohl die Bundesregierung unter Konrad Adenauer sehr daran interessiert war, Rundfunk und Fernsehen als Bundesangelegenheit zu betreiben, was jedoch verfassungswidrig war.

Der Nordwestdeutsche Rundfunk, Vorgänger des Norddeutschen und des Westdeutschen Rundfunks, strahlte ab Ende 1952 ein regelmäßiges offizielles Fernsehprogramm für anfangs nur wenige Gerätebesitzer aus, während es in den USA schon über 15 Millionen Fernsehteilnehmer gab. Durch medienwirksame Großereignisse wie die Krönungszeremonie von Elisabeth II. am 2. Juni 1953 in London und die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern entwickelte sich der Fernseher-Verkauf rasant. Das Fernsehen wurde zum neuen Massenmedium. Bereits 1957 gab es über eine Million Teilnehmer und ein Ende des Wachstums war nicht absehbar. Unter dem Dach der ARD wurde ab 1954 als „Deutsches Fernsehen“ bundesweit ein Gemeinschaftsprogramm ausgestrahlt, an dem die angeschlossenen Rundfunkanstalten der einzelnen Länder beteiligt waren. Es wurde später dann „Erstes deutsches Fernsehen“ beziehungsweise verkürzt „Das Erste“ genannt.

Ende der 50er Jahre kam Interesse an einem zweiten Fernsehvollprogramm auf. Wieder kam es zum Streit zwischen Bund und Ländern, woraufhin Bundeskanzler Adenauer zusammen mit seinem Justizminister Fritz Schäffer 1960 die Deutsche Fernsehen GmbH gründete. Nach einer Klage der SPD-regierten Bundesländer entschied das Bundesverfassungsgericht 1961 – auch vor dem historischen Hintergrund des zentral organsierten Rundfunks in der Weimarer Republik, der die staatliche Einflussnahme begünstigt hatte und der nach der Gleichschaltung im Nationalsozialismus zu Propagandazwecken missbraucht worden war – gegen den Bund und sprach die Rundfunkkompetenz den Bundesländern zu.

Der Bedarf an einem zweiten Sender war da und die Ausstrahlung technisch möglich, so gründeten die Länder 1961 eine zentrale – im Gegensatz zu den dezentralen Länderstudios der ARD – gemeinsame gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Über den Standort hatte es vorab Meinungsverschiedenheiten gegeben. Neben Mainz waren Essen, Frankfurt und Düsseldorf im Gespräch. Nach vorhergegangenen Wahlgängen machte Mainz in der letzten geheimen Abstimmung mit knapper Mehrheit das Rennen. Auch bei der Wahl des Intendanten und des Programmdirektors kam es zu parteipolitischen Auseinandersetzungen.

Das ZDF ging am 1. April 1963 auf Sendung und konnte theoretisch von über 60 Prozent der Fernsehteilnehmer empfangen werden. Da jedoch im UHF-Frequenzbereich gesendet wurde, war hierzu eigentlich ein neuerer Fernseher notwendig, doch gab es für die älteren Modelle für 80 D-Mark einen UHF-Vorsatzkonverter.

Die Mainzelmännchen waren als Sympathieträger und vor allem als Werbetrenner von Anfang an dabei. Die sechs zwergartigen Trickfiguren leiten mit lustigen kurzen Episoden vom Programm zur Werbung über und sorgen so für die vorgeschriebene wahrnehmbare Abgrenzung. Das ZDF darf wie „Das Erste“ nur werktags vor 20 Uhr maximal 20 Minuten täglich Werbung zeigen.

Ab 1967 wurde dann auch in Farbe gesendet. Durch den erweiterten Radius der Ausstrahlung wurden jetzt etwa vier Fünftel der Teilnehmer erreicht.

Fast von Anfang an wurde das „Aktuelle Sportstudio“ ausgestrahlt, das gleich mit einer personalstarken Re­daktion anfing und auch durch die gerade eingeführte Fußball-Bundesliga auf großes Interesse stieß.

Das ZDF hat in vielerlei Hinsicht Fernsehgeschichte geschrieben. Von 1964 bis 1983 wurden zwischen Weihnachten und Neujahr Abenteuer-Vierteiler ausgestrahlt, die in Koproduktion mit Frankreich hergestellt worden waren. Die Neuverfilmung von Klassikern wie „Die seltsamen und einzigartigen Abenteuer des Robinson Crusoe aus York von ihm selbst berichtet (1964)“, „Die Schatzinsel“ (1966), „Die Lederstrumpferzählungen“ (1969) „Der Seewolf“ (1971) oder „Die Abenteuer des David Balfour“ (1978) begeisterten die Zuschauer mit ihrer Detailgenauigkeit und Ausführlichkeit und wurden auch in der Wiederholung noch einmal gern gesehen. Für manch einen Schauspieler war dies der Karrierestart.

Auch im Show-Bereich haben beliebte Showmaster über viele Jahre das Publikum fasziniert, wie Hans Rosenthal mit „Dalli Dalli“ von 1971 bis 1986 und Wim Thoelke mit „Der große Preis“ von 1974 bis 1993. Noch heute aktuell ist „Wetten, dass …?“, wo der Moderatoren-Wechsel von Thomas Gottschalk zu Markus Lanz gerade wieder die Medienwelt bewegt.

Im Krimibereich wurden zwar „Derrick“ und „Der Kommissar“ in den Ruhestand geschickt, aber einige Serien laufen schon seit den 70er Jahren erfolgreich, wie die Münchener „Soko 5113“, ein Format, das auf verschiedene andere Städte ausgeweitert wurde, und „Der Alte“ sowie „Ein Fall für Zwei“, diese Serie wird jedoch 2013 mit der 300. Folge eingestellt.

Bei den Serien sind regional geprägte Geschichten wie „Der Bergdoktor“, „Der Landarzt“ und „Küstenwache“ besonders beliebt, aber auch Familiengeschichten aus den 80er Jahren, wie „Diese Drombuschs“, „Das Erbe der Guldenburgs“, und „Die Schwarzwaldklinik“ als Mutter aller deutschen Krankenhausserien.

Als öffentlich-rechtliche Anstalt wird das ZDF über Gebühren finanziert, die bei jedem Haushalt und anderen beitragspflichtigen Betriebsstätten erhoben werden. Das ZDF ist an Programmen wie Phoenix, Arte und Kika jeweils mit 50 Prozent beteiligt und strahlt im freien Digitalfernsehen ZDFinfo, ZDFneo und ZDFkultur aus.

Auch nach 50 Jahren steht das Programm vom ZDF immer noch hoch in der Publikumsgunst und führt seit 2012 bei den Marktanteilen beim Gesamtpublikum knapp vor RTL und ARD. Britta Heitmann


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