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16.03.13 / Deutschlands Jugend im Zweiten Weltkrieg / ZDF erhebt mit dem Titel »Unsere Mütter, unsere Väter« den Anspruch, mit ihrem neuen Dreiteiler eine ganze Generation vorzustellen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Deutschlands Jugend im Zweiten Weltkrieg
ZDF erhebt mit dem Titel »Unsere Mütter, unsere Väter« den Anspruch, mit ihrem neuen Dreiteiler eine ganze Generation vorzustellen

Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Titel zum Nachfragen: „Unsere Mütter, unsere Väter“. Wen meint das ZDF mit diesen Worten? Antwort gibt der öffentlich-rechtliche Sender in seinem generationen-übergreifenden, dreiteiligen Fernsehfilm diesen Sonntag sowie am darauffolgenden Montag und Mittwoch jeweils ab 20.15 Uhr.

Der Film blendet zurück in die Kriegsjahre 1941 bis 1945. Die Jüngeren unter den Zuschauern werden feststellen: Es geht nicht um ihre Eltern, sondern um die noch älteren. Das ist „Opas Krieg“, an den in diesen insgesamt vier­einhalb Stunden TV-Film erinnert wird. Und von dem der Großvater eigentlich nie erzählt hat, weil das Erlebte so gar nicht ruhmreich war, sondern grausig, belastend, traumatisierend.

„Unsere Mütter, unsere Väter“ – das meint die Generation, die den Zweiten Weltkrieg in ihrer Jugend erlebte und durchlitt, als sie gerade aus dem Tanzstundenalter heraus war, damals, im Sommer 1941. Der Autor des Drehbuches Stefan Kolditz (56), mit dessen Namen sich preisgekrönte Erfolge wie „Dresden“ oder die eigene DDR-Wachsoldaten-Erinnerung „An die Grenze“ verbinden, erzählt die fiktive Geschichte von fünf jungen Menschen, deren Erlebnisse, Erfahrungen und Leiden im Zweiten Weltkrieg symbolhaft stehen für Millionen Deutsche, Mitläufer aus Begeisterung die einen, eher widerwillig die anderen. Gehorsam und Verweigerung, Zweifel und Verzweiflung, Sterben und Überleben bestimmen das Geschehen. Nur wenige Zeitzeugen gibt es noch – inzwischen um die 90 Jahre alt –, die davon erzählen könnten.

Mit unbeschwert lachenden Gesichtern beginnt der Film. Die fünf Freunde feiern Abschied in Berlin. Wilhelm, schon Leutnant, und Friedhelm, sein jüngerer, nachdenklicher Bruder, müssen an die Ostfront; Charlotte, die es als Verpflichtung sieht, dem Vaterland zu dienen, wird Krankenschwester in einem Feldlazarett; Greta macht in Berlin als Schlagersängerin und Liebchen eines SS-Führers Karriere; und Viktor, der junge Schneider mit jüdischen Eltern, will der Verfolgung entkommen, wird verraten, kann beim Transport ins KZ aber fliehen und schließt sich polnischen Partisanen an.

Weihnachten wollten sich die Fünf eigentlich in Berlin wieder treffen. Aus den Monaten werden vier schreckliche Jahre, die der Film episodenhaft in aller Härte spiegelt, darunter die Erschießung eines 14-jährigen Mädchens in einem ukrainischen Bauerndorf.

Dass sich die Wege der Freunde in der Weite Russlands bei schnellem Vormarsch und verlustreichen Rückzugsschlachten kreuzen, ist im fiktiven Spiel zwar ein gern genutzter dramaturgischer Kniff, kostet die Geschichte aber Glaubwürdigkeit. So kämpft der jüngere Friedhelm zum Beispiel unter dem Befehl seines Leutnant-Bruders, und als er schwer verwundet wird, kommt der scheinbar dem Tode Geweihte ausgerechnet ins Lazarett von Charlotte, die ihm das Leben rettet. Greta, die als Diva inzwischen frontnah zur Truppenbetreuung eingesetzt wird – eine Garbo-Kopie –, trifft dabei drei ihrer Berliner Freunde wieder. Verdichtete Realität mag es die Branche nennen. Für den Zuschauer ist es ein Zuviel der Zufälligkeiten.

Es ist trotzdem großes Kino und schmälert nicht das handwerklich so untadelig Filmische, das der junge Regisseur Philipp Kadelbach (38), Träger des Deutschen Fernsehpreises 2011 für den RTL-Mehrteiler „Hindenburg“, erneut unter Beweis stellt. Die Darsteller, die er einfühlsam führte, sind eine Riege unverbrauchter TV-Gesichter. Gedreht wurde in Litauen, wo trotz eisiger Kälte Kunstschnee notwendig wurde, in Lettland und in Deutschland.

Rund 14 Millionen Euro kostete der Dreiteiler, von denen das ZDF zehn und die Filmförderung der Länder vier Millionen trugen. Die gesamte Produktion lag bei teamWorx (Ufa/Bertelsmann), eine der renommiertesten deutschen Adressen mit Produktionen wie „Der Tunnel“, „Dresden“ und „Die Flucht“. „Der neue Dreiteiler zählt zu den stärksten und aufwendigsten Produktionen in der 14-jährigen Geschichte von teamWorx“, sagt Produzent Nico Hofmann. „Es war ein langgehegter Wunsch von mir, die Kriegserlebnisse meiner Eltern so präzise wie möglich zu erzählen und ein Generationenporträt zu schaffen.“

Historiker und Fachberater standen dem Team zur Seite. Trotzdem gibt es einige Fehler. Feldlazarette hängten nie eine Hakenkreuzfahne heraus, sondern kennzeichneten (und schützten) ihr Territorial mit Rot-Kreuz-Flaggen. Besonders ärgerlich, dass Einblendungen in Bildern, die das Vordringen der Sowjets auf deutschem Gebiet im Januar 1945 markieren sollen, polnisch „Gliwice“, „Ratiborcz“ und „Klodzko“ vermerken statt der damals noch unbestritten gültigen deutschen Namen „Gleiwitz“, „Ratibor“ und „Glatz“. Und es war auch nicht, wie es in der Einblendung heißt, der Böhmerwald nahe Passau, in dem Russen am Schluss des Films auf Kindersoldaten, die sogenannten Werwölfe, stießen, sondern allenfalls ein Stück böhmischer Wald in den Ausläufern der Sudeten. In Geografie haben die Berater offensichtlich gefehlt.

Wie vom ZDF schon mehrfach mit großem Zuspruch bei Fernsehfilmen wie „Die Gustloff“, „Krupp“ und „Rommel“ praktiziert, begleitet die ZDF-Redaktion Zeitgeschichte den Dreiteiler mit zwei Dokumentationen. Am Sonntag unmittelbar im Anschluss an die erste Folge um 21.45 Uhr und am Mittwoch erst nach Mitternacht um 0.45 Uhr. Die erste Dokumentation zeigt parallel zum fiktiven Spiel die reale Situation im Sommer 1941. So die Vorbereitung des Russland-Feldzugs, die Euphorie des schnellen Vormarsches, der sogenannte Kommissarbefehl (Erschießung sowjetischer Kommissare) und die Massenmorde an Juden in den besetzten Gebieten. Die zweite Dokumentation gilt hauptsächlich dem Geschehen im Sommer 1944. Zeitzeugen erzählen von den hohen Verlusten nach Beginn der russischen Gegenoffensive, von den Kolonnen deutscher Kriegsgefangener, die beim Marsch durch Moskau vorgeführt werden, von zunehmender Fahnenflucht, die durch Erschießung oder Fronteinsatz im berüchtigten Batallion 999 bestraft wurde, und schließlich vom Kriegs­ende auf deutschem Boden.

Acht Jahre hat Stefan Kolditz für Recherche und Drehbuch aufgewandt, 86 Tage der erfahrene David Slama an 140 fast täglich wechselnden Sets die Kamera bedient, ein Jahr Regisseur Philipp Kadelbach im Schneideraum gesessen. Heike Hempel, Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Fernsehspiel, äußert die Hoffnung, „dass sich der Ernst und die Leidenschaft derer, die hinter ,Unsere Mütter, unsere Väter‘ standen, auf die Zuschauer vor dem Fernseher übertragen.“ Karlheinz Mose


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