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16.03.13 / Berlin will Einfluss wahren / EADS und die deutsche Regierung als Miteigentümer sind sich uneins und schaden so dem Unternehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Berlin will Einfluss wahren
EADS und die deutsche Regierung als Miteigentümer sind sich uneins und schaden so dem Unternehmen

Dank des erfolgreichen Airbus-Geschäfts im zivilen Luftfahrtbereich belief sich der Nettogewinn des EADS-Konzerns 2012 auf 1,2 Milliarden Euro. Sorgen bereiten dem Konzern aber die staatlichen Aktionäre und deren Ansprüche an die Unternehmensstrategie.

Ein erfolgreiches Ergebnis mit einem starken Umsatz- und Gewinnwachstum für 2012 stellte der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS im Februar dieses Jahres vor. Danach beliefen sich der erwirtschaftete Umsatz auf 56,5 Milliarden und der operative Gewinn ohne Sonderbelastungen auf drei gegenüber 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Das Ergebnis belasteten allerdings sogenannte Einmalaufwendungen, wie die 251 Millionen Euro für die Reparatur der Haarrisse an den A380-Flügeln sowie Programmaktualisierungen für den neuen A350-XWB in Höhe von 124 Millionen. Handlungsspielraum für Investitionen gibt indes die gestiegene Nettoliquidität, die sich Ende 2012 auf 12,3 Milliarden belief. Denn seit der Übernahme des EADS-Chefpostens von Louis Gallois im Juni 2012 will Tom Enders das Unternehmen frei von staatlichen Einflüssen führen.

Zuletzt ging es um langwierige Gespräche über eine finanzielle Hilfe für den A350 von der deutschen Förderbank KfW. Die Bedingungen an die Kreditvergabe wie Standortgarantien wollte Tom Enders aber nicht akzeptieren. Gegenüber dem „Wall Street Journal“ sagte der EADS-Chef dieser Tage: „Wenn wir dazu bereit wären, alle Wünsche der Regierung zu erfüllen, könnten wir die 600 Millionen morgen auf dem Konto haben.“ Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, verteidigte hingegen das Vorgehen der Bundesregierung, weil der Erhalt der Unternehmensstandorte in Deutschland „nationales Interesse“ darstelle. Standortgarantien seien Ausdruck „einer aktiven Industriepolitik“, erklärte Pfeiffer. Ferner wies er darauf hin, dass EADS und der Vorstandsvorsitzende Enders gut beraten wären, „die berechtigten Forderungen der Bundesregierung ernst zu nehmen“.

So teilte die Bundesregierung bereits im August 2009 dem Bundestag mit, dass Finanzierungen für den A350XWB „an belastbare Zusagen für Arbeitspakete und Kompetenzen an deutschen Standorten gebunden“ sind. Entsprechend sollte EADS im Gegenzug für die 600 Millionen Euro, die noch nicht einmal fünf Prozent der 3,5 Milliarden Euro Entwicklungskosten des neuen Langstreckenfliegers ausmachen, unter anderem eine Fertigungslinie in Hamburg zusichern, was beim Luftfahrtkonzern auf Ablehnung stieß.

Dabei sind EADS und die am Konzern beteiligten Regierungen strategische Partner, deren langjährige Bindungen sich nicht ohne weiteres lösen lassen. Offen zutage traten die unterschiedlichen Interessen bei der gescheiterten Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems im Oktober 2012. Enders und sein britischer Kollege Ian King wollten den weltweit größten Luftfahrt- und Rüstungskonzern schmieden, als Berlin das Geschäft blockierte. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll den EADS-Zusicherungen nicht getraut haben, die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten.

Probleme bereitet der Rüstungsbereich auch an anderen Stellen. Bereits jetzt streicht EADS wegen gekürzter europäischer Verteidigungsbudgets 850 Stellen bei der Tochter Cassidian. Zudem will die Bundesregierung bei Hubschrauberbestellungen nachverhandeln, so dass Eurocopter 100 Millionen Euro auf Regierungsprogramme abschreiben musste. Auch ermitteln derzeit die Staatsanwaltschaften in München und Wien, weil es beim Verkauf von Eurofightern an Österreich zur Zahlung von Schmiergeldern und zu Gegengeschäften von EADS mit österreichischen Unternehmen in unüblicher Höhe gekommen sein soll.

Ende 2012 einigten sich Deutschland und Frankreich auf eine neue Aktionärsstruktur für EADS. Danach halten sie künftig jeweils zwölf Prozent der Anteile – Spanien rund vier Prozent – und besitzen keine Vetorechte. Zwar fällt damit der staatliche Einfluss auf das Tagesgeschäft weg, von einem gemeinsamen politischen Rahmen für den europäischen Rüstungssektor ist man aber noch weit entfernt. Deutschland, Großbritannien sogar noch weniger, mischt sich seltener als Frankreich in strategisch geltende Branchen ein. Weil aber keines dieser Länder die Finanzierung von Luftfahrtentwicklungen alleine stemmen kann, stellen die unterschiedlichen nationalen Vorstellungen ein industriepolitisches Hemmnis dar. Im Fall der Fusion EADS-BAE mag die Verweigerungshaltung Berlins kurzfristig richtig gewesen sein, um nicht an Mitspracherechten zu verlieren. Langfristig muss die Bundesregierung sich klar werden, welche Bedeutung sie der Rüstungsindustrie, wie EADS, für das eigene Land und Europa beimessen will. Die bloße Zurückhaltung, um als „europäisch“ zu gelten, oder einzelne Interventionen genügen alleine nicht, um der Rüstungsindustrie einen wettbewerbsfähigen Rahmen zu geben. Ulrich Blode


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