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23.03.13 / Moderner Bauer / Schlesisches Baugenie verschönerte Städte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-13 vom 23. März 2013

Moderner Bauer
Schlesisches Baugenie verschönerte Städte

Zeugt es von Selbstbewusstsein oder Größenwahn, wenn jemand mit noch tintenfeuchtem Architekturdiplom das Leipziger Völkerschlachtdenkmal, das mexikanische Parlament oder das Theater der Pariser Weltausstellung bauen will? Bei Leopold Bauer, der alle diese Projekte vor 1900 anstrebte, standen dahinter Ehrgeiz, Begabung, Vielseitigkeit und Fleiß. In Leipzig, Mexiko oder Paris kam er nicht zum Zuge, aber seine realisierten Haus-, Bank- und Ladenbauten reichen für drei Architektenleben, standen zudem in Genialität der Konzepte und Kühnheit der Formen weit über jedem Durchschnitt.

Leopold Bauer wurde 1872 in Jägerndorf geboren, damals österreichisches Schlesien, später tschechisches Krnov. Seine Eltern, wohlhabende Hoteliers, ermöglichten ihm eine erstklassige bautechnische Ausbildung in Brünn und Wien, wo er 1900 einer der Wortführer der „Wiener Secession“ (Jugendstil) und der architektonischen Moderne wurde. Finanzielle Unabhängigkeit gewann er, als er sich von dem Pressburger Tycoon Geza Arpad Szlubek adoptieren ließ und sich fortan Bauer-Szlubek nannte. Sein berühmter Lehrer Otto Wagner hatte ihm schon 1896 eine Studienreise durch Italien, Frankreich und Deutschland ermöglicht, die ihm Ausstellungserfolge, höchste Preise und publizistischen Ruhm verschaffte. Vor 100 Jahren, 1913, verhalfen ihm Talent, Geld und theoretische Brillanz dazu, in der Wiener Akademie der Bildenden Künste Wagners Nachfolge anzutreten, die er bis 1919 innehatte.

Ab 1900 war Bauer freiberuflich tätig. Sein erstes Projekt, die Villa Karl Reißig in Brünn, galt als „erstes modernes Haus in der Habsburger Monarchie“. Und so schloss sich Erfolg an Erfolg, bis hin zur „Hedwigskirche“ in Oppau [Opava] in seinem Todesjahr 1938, als Heldendenkmal geplant und erst nach 1980 von dem begnadeten Tomas Cernousek vollendet.

In ganz Mähren sind Bauers Bauten zu bewundern, er selber war als „Deutscher“ verfemt. Das änderte sich mit dem Kunsthistoriker Jindrich Vybiral, der sich schon in seiner Diplomarbeit für Bauer als Protagonisten einer deutsch-tschechischen Symbiose einsetzte und seit 1996 als Professor an der Prager Kunstgewerblichen Hochschule laufend tschechische und deutsche Bücher über Bauer publiziert, die diesen als den genialen Nachfolger von Peter Parler charakterisierten. Im 14. Jahrhundert war er „Vater“ des „goldenen, hunderttürmigen Prags“, dem die Karlsbrücke, der Veitsdom, Burg Karlstein und weitere Kleinode von Ewigkeitswert zu verdanken sind.

Wie Parler war auch Bauer rigoros: „Wer nicht wie ich baut, baut falsch“ –, wobei es Bauer nicht kümmerte, ob sein stilistischer Kompass gerade auf Klassizismus, Jugendstil, Historismus oder gar auf eine organische Mischung aller zeigte. Vybrial hat es überzeugend dargelegt: Bauer und andere waren Deutsche aus dem Osten, die in Bayern studierten, in Wien groß und in Böhmen-Mähren als Stars europäischer Architektur vollendet wurden. Der Weg ist das Ziel – sagt auch das Bauer-Denkmal in seiner Geburtsstadt, das eine Bauer-Büste inmitten einem stilisierten Rohbau zeigt. Wolf Oschlies


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