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23.03.13 / Freundlich und farblos / Berlins Bürgermeister Dietrich Stobbe war seiner Zeit voraus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-13 vom 23. März 2013

Freundlich und farblos
Berlins Bürgermeister Dietrich Stobbe war seiner Zeit voraus

Der am 25. März 1938 im ostpreußischen Dorf Weepers, Kreis Mohrungen geborene und in Niedersachsen aufgewachsene Dietrich Stobbe entsprach schon in den 60er Jahren dem Typus des modernen Berufspolitikers. Rechtzeitig zum Eintritt ins Berufsleben, nämlich zwei Jahre vor dem Examen, war der Berliner Politologiestudent in die damalige Regierungspartei SPD eingetreten. So konnte der Diplompolitologe noch im Jahre seines Ausbildungs­endes, 1962, als Kreisgeschäftsführer im Berliner Bezirk Charlottenburg seine professionelle Politikerkarriere beginnen. Als 1963 Kurt Neubauer Berliner Jugend- und Sportsenator wurde, wurde Stobbe dessen Pressereferent. 1966 arbeitete er als Vorstandsassistent der Berliner Kindl-Brauerei, um allerdings bereits im Folgejahr als Angehöriger des Berliner Abgeordnetenhauses seine Politikerkarriere wieder fortzusetzen. Noch im selben Jahr wurde Stobbe parlamentarischer Geschäftsführer, 1970 stellvertretender Vorsitzender seiner Fraktion.

1973 wechselte er als Senator für Bundesangelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes Berlin beim Bund in die Exekutive. Als 1977 Klaus Schütz als Regierender Bürgermeister zurücktrat, konnte sich Stobbe in einer Kampfabstimmung gegen Jürgen Wischnewski durchsetzen und die Nachfolge antreten. Für Berlins Mann in Bonn sprachen zum einen seine guten Kontakte zu Bundeskanzler Helmut Schmidt und zum anderen, dass der stets freundlich auftretende Politiker sich nicht in den innerparteilichen Machtkämpfen, die das Ihre zu Schütz’ Rücktritt beigetragen hatten, verwickelt hatte.

Es ist bezeichnend, dass sich der neue Regierende Bürgermeister neben verkehrsplanerischen Fragen insbesondere einer Verwaltungsreform widmete. Nach der Abgeordnetenhauswahl 1979, bei der die SPD ihr Ergebnis von 1975 in etwa hielt, konnte sich Stobbe weder bei der Zusammensetzung des Senats noch Peter Glotz als SPD-Landesvorsitzenden durchsetzen. Nolens volens kandidierte er selber für diesen Posten. Bei 72 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen stimmten nur 155 Genossen für ihn.

Wie sein Vorgänger Schütz wurde auch Stobbe als Regierender ein Opfer des Berliner Filzes – und der Instabilität seiner sozialliberalen Regierungskoalition. Für seinen Versuch, die Affäre um eine Landesbürgschaft für den Bauunternehmer Dietrich Garski zu einer Regierungsumbildung zu nutzen, fand er im Abgeordnetenhaus nicht die nötigen Mehrheiten. Er trat daraufhin mit seinem Senat 1981 zurück. Es folgte der Verzicht auf den Parteivorsitz.

Die wenigen Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl im Jahre 1983 überwinterte Stobbe in der SPD-Vorfeldorganisation Friedrich-Ebert-Stiftung als Leiter ihres Büros in New York. Wenn der Politiker Stobbe für etwas stand, dann für die Freundschaft mit den USA. So sorgte er für einen Eklat, als er 1986 mit rund 100 Gleichgesinnten einen Parteitag seiner Berliner SPD verließ, weil ihm ein Leitantrag zu US-kritisch ausgefallen war. Bezeichnenderweise trat Stobbe denn auch 1991 in die Dienste eines US-amerikanischen Beratungsunternehmens, als es 1990 mit der Wiederwahl in den Bundestag nach sieben Jahren Zugehörigkeit nicht mehr geklappt hatte. In seinem neuen Job waren die neu hinzugekommenen Bundesländer sein Betätigungsfeld. 1996 endete seine Mitarbeit bei Arthur D. Little International Inc. Er gründete mit anderen eine eigene Beratungsfirma, für die er ab 1997 arbeitete, ab 2007 als Senior Advisor. Nach langer schwerer Krankheit starb Dietrich Stobbe am 19. Februar 2011 in Berlin. Manuel Ruoff


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