23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.03.13 / Schweres leicht gemacht / Mutter versüßte Neuanfang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-13 vom 23. März 2013

Schweres leicht gemacht
Mutter versüßte Neuanfang

In dem Buch „Bern-steinreise. Erinnerung an eine Kindheit“ berichtet Siegfried Kelka unter anderem wie seine Mutter mit ihm und seinen vier Geschwistern im Januar 1945 vor der russischen Armee von Ostpreußen an die Nordseeküste floh. Zu ihrem großen Glück verpassten die Mutter und ihre fünf Kinder knapp die „Wilhelm Gustloff“, die nur kurz darauf von einem sowjetischen U-Boot versenkt wurde. Eine beschwerliche Reise begann, welche letztendlich auf der Halbinsel Eiderstedt endete. Hier wurde der Mutter mit ihren Kindern zunächst ein altes Zollhaus zugewiesen. Dieses überzeugte zwar nicht durch Gemütlichkeit, bot jedoch der Familie, die durch den Krieg alle Besitztümer verloren hatte, erst einmal Schutz vor der Kälte des Winters.

„Die Zweizimmeraltbauwohnung befand sich im Erdgeschoss des Hauses. Der Boden des ersten Zimmers war mit Steinplatten ausgelegt, die schon einige Risse und Löcher aufwiesen. Die Wände waren wohl vor vielen Jahren zum letzten Mal gestrichen worden ... Vor dem Schornstein stand ein alter Herd, eine Nachbarin hatte schon Feuer entfacht, dem Herd entströmte wohlige Wärme … Mutter und Kinder stellten sich vor den Herd, dessen Feuer bullerte und dessen Eisenringe auf der Platte knackten, hielten ihre kalten Hände über die Strahlungswärme und genossen die in ihren Körpern dankbar abfallende Spannung.“

Als einschneidendes Erlebnis schildert Siegfried Kelka die Wiederkehr des kurz vor Kriegs-ende desertierten Vaters, der eines Tages völlig verschmutzt und verlaust vor der Tür des alten Zollhauses stand. Als eines Tages der Eigentümer des Zollhauses ebenfalls aus dem Krieg zurück-kehrte, musste die Familie in einen alten feuchten Bunker umziehen.

Der Leser begleitet die Familie Kelka durch die schweren Nachkriegsjahre, von denen der Autor jedoch schreibt, dass er als Kind die Härten nicht so wahrgenommen habe, da seine Eltern immer für alles gesorgt hätten und die freie Natur der Halbinsel für genügend Abwechslung im Leben der Kinder gesorgt habe. Viele kleine Anekdoten hält Kelka hier für den Leser bereit.

Der Titel des Buches „Bernsteinreise“ ist für den Autor von besonderer Bedeutung. Denn eine seiner Schwestern trug seit Beginn der Flucht einen Bernstein bei sich, der dann aber plötzlich auf der Halbinsel Eiderstedt vermisst wurde, dann aber kurz vor dem Umzug 1953 in eine Werkswohnung in Dornap auf wundersame Weise wieder auftauchen sollte. Dieser Bernstein hatte eine lange Reise hinter sich, genau wie die Familie von Siegfried Kelka. Eine lange Reise mit einem zum Glück guten Ausgang. Vanessa Ney

Siegfried Kelka: „Bernsteinreise. Erinnerung an eine Kindheit“, Books on demand, Norderstedt 2013, broschiert, 144 Seiten, 9,90 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren