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30.03.13 / Der Schwarze Peter geht um / Warum gibt es zu wenig Krippenplätze, obwohl der Anspruch 2008 beschlossen wurde?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-13 vom 30. März 2013

Der Schwarze Peter geht um
Warum gibt es zu wenig Krippenplätze, obwohl der Anspruch 2008 beschlossen wurde?

Laut Statistischem Bundesamt fehlten am 1. März 2012 noch 220000 Plätze, nach Angaben der Bundesländer hingegen nur 160000 Plätze. Der Städte- und Gemeindebund geht aktuell von 150000 fehlenden Plätzen aus, informiert das Familienministerium auf PAZ-Anfrage und macht damit deutlich, dass nicht nur der Bund in Sachen Krippen-Ausbau keinen Überblick hat.

In vielen Kommunen wird noch fleißig gebaut. Der ab 1. August geltende Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für unter Dreijährige hat inzwischen selbst den letzten Bürgermeister in Deutschland dazu gebracht, seinen Worten endlich Taten folgen zu lassen. Doch oft erfolgen diese Taten zu spät und so werden Eltern ab Spätsommer ihr Recht einklagen. Wie viele es sein werden, ist genauso ungewiss, wie die Zahl der Plätze, die noch fehlen. Ein Blick auf die Betreuungsquoten der unter Dreijährigen verrät jedoch bereits, in welchem Bundesland sich die Klagen eher häufen werden. Wurden im Frühjahr 2012 in den neuen Bundesländern knapp 50 Prozent der Altersgruppe fremdbetreut, waren es im Westen nur 22,9 Prozent, in Nord-rhein-Westfalen sogar nur 18,1 Prozent. Der Bund ging bei seinen Planungen 2007 davon aus, dass eine Betreuungsquote von 35 Prozent den Bedarf an Plätzen decken würde, doch aktuelle Umfragen haben gezeigt, dass 39 Prozent der Eltern von unter dreijährigen Kinder eine Fremdbetreuung wünschen, was 780000 statt der angestrebten, aber noch nicht erreichten 750000 Krippenplätzen entspricht. Zudem müssen derzeit viele Städte zur Kenntnis nehmen, dass eher 50 Prozent der Eltern einen Krippenplatz nachfragen. Hieran geben sie dem Bund die Schuld. Der habe unrealistische Vorgaben gemacht, heißt es vom Deutschen Städtetag. Bei der Diakonie wiederum weist man im Gespräch mit der PAZ darauf hin, dass die freien Träger, die 67 Prozent der Kinderbetreuung-Einrichtungen betreiben, schon vor Jahren die Vorgaben vom Bund für unrealistisch gehalten haben. Schon bei dem Ausbau der Kindergartenplätze habe man festgestellt, dass mit dem steigenden Angebot auch die Nachfrage gewachsen sei. Da in den Städten zudem mehr Alleinerziehende leben und auch mehr besser ausgebildete Frauen wohnen, die ihre Karriere nicht unterbrechen wollen, aber auch die Lebenshaltungskosten höher sind, so dass eine Familie von einem Gehalt immer seltener leben kann, ist es, wie Umfragen zeigen, ganz natürlich, dass hier die Nachfrage nach Krippenplätzen höher ist.

Doch bei Städten und Gemeinden sowie den Ländern heißt es, der Bund habe falsche Vorgaben gegeben. Der wiederum will den Schwarzen Peter nicht annehmen und verweist darauf, dass man bereits mit Beschluss des Gesetzes Mittel für den Krippen-Ausbau zur Verfügung gestellt habe. Ganze 5,4 Milliarden Euro seien bisher zur Verfügung gestellt worden. Allerdings sei das Geld in den ersten Jahren kaum abgerufen worden. Dies wiederum liegt nach Aussagen des Deutschen Städtetages daran, dass die Länder lange keine konkreten Zusagen über ihre finanzielle Beteiligung beim Bau und am Betrieb der Betreuungsplätze gemacht hätten. Die Länder wiederum kritisieren die zu spät erfolgte Detail-Planung bei Städten und Kommunen vor Ort und den Nicht-Abruf zur Verfügung gestellter Gelder.

In Hamburg beispielsweise kostet ein Vollzeitplatz für ein Kind unter drei Jahren 1200 Euro im Monat, von dem die Eltern je nach Einkommen maximal 396 Euro selber tragen. Den Rest übernimmt die Stadt, die ihre eigenen 170 Einrichtungen genauso vergütet wie die von ihr anerkannten freien Träger.

Doch nur wenn die Gelder für den Betrieb auch zugesagt werden, bauen freie Träger ihr Angebot auch aus. „Aus Sicht der AWO ist eine falsche Prioritätensetzung der Politik Schuld daran, dass es in vielen Städten und Gemeinden nicht genügend Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder gibt“, so Mona Finder vom AWO-Bundesverband. Häufig fehle zudem eine differenzierte regionale Erhebung des Betreuungsbedarfs. Hinzu käme, dass, selbst wenn es Krippenplätze gibt, häufig entsprechend ausgebildete Erzieherinnen fehlten. Die Ursachen für den Personalmangel seien zwar vielfältig, in erster Linie sei die Ausbildung mit bis zu fünf Jahren jedoch deutlich zu lang, so Finder auf PAZ-Nachfrage. Rebecca Bellano


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