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06.04.13 / Wasser als Waffe / Syrien und Irak sehen sich durch Ankaras Einigung mit Kurden bedroht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Wasser als Waffe
Syrien und Irak sehen sich durch Ankaras Einigung mit Kurden bedroht

Die anderen Staaten der Region haben Öl, wir haben Wasser.“ Es hätte nicht einmal der markigen Sprüche des damaligen türkischen Staatspräsidenten Turgut Özal zum Anfang der 90er Jahre bedurft, um in Syrien und Irak Ängste vor dem Nachbarland zu wecken. In beiden Ländern ist die günstige geografische Ausgangslage der Türkei allzu bekannt. Die Türkei – in der Euphrat und Tigris entspringen – verfügt selbst über relativ große Wasserressourcen, und kann im Konfliktfall seinen Nachbarn stromabwärts das Wasser regelrecht abdrehen.

Befürchtungen, dass diese Entwicklung schleichend längst im Gang ist, scheint eine jüngere Studie zu untermauern, an der die Nasa mitgewirkt hat. Im Einzugsgebiet von Euphrat und Tigris sind in den letzten zehn Jahren die Wasservorräte um 144 Kubik-Kilometer zurückgegangen. Das Volumen entspricht der dreifachen Wassermenge des Bodensees. Etwa für die Hälfte der Verluste wird der Raubbau am Grundwasser durch Bewässerungs- und Trinkwasserbrunnen verantwortlich gemacht – daran beteiligt sind alle Anlieger der beiden Ströme. Der zweite große Faktor beim Rückgang der Wasservorräte geht allerdings auf das alleinige Konto der Türkei. Mit einem Netzwerk von über 20 Staudämmen, das im Rahmen des „Südostanatolien-Projekts“ (GAP) entstanden ist, greift die Türkei an den Oberläufen von Euphrat und Tigris in das Flusssystem ein.

Ausgerechnet der sich nun abzeichnende Friedensschluss zwischen Ankara und Kurdenführer Abdullah Öcalan könnte die Situation bei der Wasserversorgung für die Anrainer Irak und Syrien noch weiter verschlechtern. Bisher ist die Fertigstellung und die Weiterentwicklung des gewaltigen Staudamm-Projektes GAP nämlich an der Sicherheitslage in den zwischen PKK und türkischer Armee umkämpften Kurdengebieten gescheitert. Wird der knapp 30 Jahre andauernden Konflikt beendet, steht der Fertigstellung der Staudammprojekte nichts mehr im Weg. Geplant ist nicht nur, dass 1,7 Millionen Hektar Land bewässert und in 19 Wasserkraftwerken jährlich 27 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt werden – das bisher wirtschaftlich rückständige Südostanatolien soll mit Hilfe der Staudammprojekte sogar zum landwirtschaftlichen Exportzentrum der Türkei werden. Der dann steigende Wasserverbrauch würde allerdings die Versorgungslage in Syrien und im Irak weiter verschärfen und zusätzliches Konfliktpotenzial heraufbeschwören. Die großen Speicherkapazitäten der türkischen Staudämme erlauben es, dem Irak und Syrien das Wasser regelrecht abzudrehen.

Auch wenn türkische Offizielle bestreiten, dass Pläne existieren, die günstige geografische Lage der Türkei zu nutzen und Wasser künftig als Machtmittel anzuwenden, bei den Nachbarn bleibt das Miss­trauen. Erste Vorwürfe aus dem Irak, dass Ankara das Wasser als politische Waffe benutzt, sind bereits da. Die irakische Abgeordnete Karim Elewi wirft der Türkei ganz konkret vor, Wasser zurückzuhalten, um die irakischen Landwirtschaft zu schädigen.

Eine weitere Eskalation des Streits ist wahrscheinlich. Im Schatten des Syrienkonfliktes haben sich die Spannungen zwischen der Türkei und dem Irak im Laufe des letzten Jahres erheblich verschärft. Schon seit 2012 steht von Iraks Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki ganz offen der Vorwurf im Raum, die Türkei treibe Pläne für eine Zerschlagung des Iraks voran und sei damit auf dem Wege, ein Feindstaat zu werden. N. Hanert


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