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06.04.13 / Finanz-Katastrophe in Wartestellung / Nicht nur Zypern, sondern auch Luxemburg setzt massiv auf den Bankensektor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Finanz-Katastrophe in Wartestellung
Nicht nur Zypern, sondern auch Luxemburg setzt massiv auf den Bankensektor

Seitdem das Rettungspaket für Zypern als Modell für die ganze Euro-Zone diskutiert wird, liegen bei Luxemburgs Regierung die Nerven blank. Mit gutem Grund, denn das Geschäftsmodell des Herzogtums lässt sich genauso wenig aufrechterhalten wie das von Zypern.

„Deutsches Diktat“ und „Hegemoniestreben“ lauten nur einige der Vorwürfe, die von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn inzwischen an die Adresse von Berlin gerichtet wurden. Das Rettungspaket für Zypern inklusive Verkleinerung des Bankensektors hat in Luxemburg scharfe Reaktionen ausgelöst. Vor allem die Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, dass Zypern sein „Geschäftsmodell“ ändern müsse, hat für Verstimmung gesorgt. „Deutschland hat nicht das Recht, die Geschäftsmodelle für andere Länder in der EU zu fixieren“, so der Sozialdemokrat Asselborn.

Die Gereiztheit hat gute Gründe: In Luxemburg selbst ist man sich nur allzu bewusst, in welche Lage man sich mit dem aufgeblähten Bankensektor gebracht hat. Die Banken – einst Garantie für hohen Wohlstand – können sich für das kleine Land im Ernstfall leicht als tödliche Gefahr entpuppen. Zwar gelten Luxemburgs Banken als seriöser als die zypriotische Konkurrenz, der Internationale Währungsfonds (IWF) sah in einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 gleichwohl ein hohes Risiko für Luxemburg und zwar durch die hohe internationale Vernetzung der Luxemburger Banken. Sollte eine Verschärfung der Euro-Krise den Bankensektor ins Wanken bringen, wird das Herzogtum finanziell genauso überfordert sein wie Zypern. Mit gutem Grund hatte Hans-Werner Sinn vom Münchener Ifo-Institut bereits im Jahr 2011 Luxemburg mit einem Schiff verglichen, „das bis zum Himmel mit Containern voll beladen wurde und bei der kleinsten Turbulenz umkippen kann“. Im Großherzogtum drängeln sich rund 170 Banken und 9000 Investmentfonds mit insgesamt mehr als eine Billion Euro Bilanzvolumen. Der Bankensektor ist fast 22-mal so groß wie die Wirtschaftsleistung – mit Abstand der höchste Wert in Europa. Die Folge des aufgeblasenen Finanzsektors: Die Steuereinnahmen hängen zu einem Drittel allein von Banken und Investmentfonds ab.

Dass angesichts dieser Dimensionen und der anhaltenden globalen Finanzkrise die Angst wächst, dass es sich bei Luxemburg um eine Finanz-Katastrophe in Wartestellung handelt, ist kaum verwunderlich. Kommt der Bankenplatz Luxemburg finanziell erst einmal ins Rutschen, dann wird der Kleinstaat sich aus eigener Kraft nicht mehr retten können. Zum anderen erscheinen auch die bisherigen Appelle des „Vorzeige-Europäers“, des Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker, zur Rettung der Euro-Zone und Forderungen nach mehr „Solidarität“ inzwischen in einem etwas anderen Licht. Wie kaum ein anderes Land hängt die Existenz der Bankenhochburg Luxemburg davon ab, dass der Kollaps des Projekts „Euro“ verhindert wird – notfalls „bis zum letzten deutschen Steuerzahler“.

Der Druck auf das Geschäftsmodell Luxemburg nimmt ohnehin immer mehr zu. Das bisher verwöhnte Großherzogtum muss sparen. Immer offensichtlicher wird, dass man sich Wohltaten gegönnt hat, die sich das Land eigentlich nicht mehr leisten kann. In Luxemburg – weltweit Spitzenreiter beim Pro-Kopf-Einkommen – beträgt die Durchschnittsrente 2700 Euro, der Mindestlohn 1800 Euro. Während die Einnahmen im Staatshaushalt längst nicht mehr so fließen wie bisher, werden die Transfers für Pensions- und Krankenkassen immer mehr zur Belastung. Die Folge: Allein im laufenden Jahr rechnet Finanzminister Luc Frieden mit einem Minus von über einer Milliarde Euro im Staatshaushalt. Wird nicht mit Kürzungen und Steuererhöhungen gegengesteuert, droht die bisher niedrige Staatsverschuldung noch rasanter als bisher anzusteigen. Von knapp sieben Prozent im Jahr 2007 ist sie auf über 18 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2011 geklettert, so Eurostat.

Doch womöglich ist das erst der Anfang. Auch der Kern des Luxemburger Geschäftsmodells – Niedrigsteuern zu Lasten anderer Länder – gerät unter Beschuss. Luxemburgs jüngstes Vorhaben beim Steuerdumping scheint selbst der EU-Kommission zu weit zu gehen. Hat Luxemburg mit 15 Prozent ohnehin schon EU-weit den niedrigsten Mehrwertsteuersatz, so soll Internethändlern auf dem Wachstumsmarkt der elektronischen Bücher sogar eine Mini-Mehrwertsteuer von nur drei Prozent eingeräumt werden. Doch dies wäre ein massiver Wettbewerbsnachteil für Händler in anderen EU-Ländern, so die EU-Kommission, die eine Klage gegen Luxemburg angekündigt hat.

Als folgenschwerer für den Luxemburger Staatshaushalt könnte sich allerdings eine Untersuchung herausstellen, die schon seit einiger Zeit in den USA läuft. Die US-Steuerbehörde IRS prüft im Fall des Internethändlers Amazon eine Steuerkonstruktion, die fast als Geniestreich Luxemburgs gelten kann. Ein Steuersatz von sechs Prozent für Einnahmen aus „intellectual property“ – geistigen Eigentumsrechten. Diese Minimalbesteuerung in Luxemburg in Verbindung mit einem Doppelbesteuerungsverbot in den USA habe dazu geführt, dass Konzerne massiv Rechte für Bücher, Musik, und Software nach Luxemburg transferiert haben. Dort wird nur der Mini-Steuersatz abgeführt, in den USA müssen Unternehmensgiganten wie Ebay oder Amazon für ihre außeramerikanischen Tätigkeiten dann kaum noch nennenswert Steuern zahlen – selbst bei Milliardenumsätzen. Im Zuge leerer Staatskassen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die US-Steuerbehörde derartige Steuersparmodelle künftig als illegal einstuft – das Nachsehen hätte die Luxemburger Staatskasse. Norman Hanert


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